Am 16.10.2014 diskutierte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Niels Annen mit dem Linken Wolfgang Gehrcke über die Ukraine-Krise. Dabei wurde von Niels Annen ein wahres Feuerwerk von Unwahrheiten propagiert, die hier richtiggestellt werden.
Quelle: youtube
Niels Annen erweckte den Eindruck, dass Russland im Bürgerkrieg in der Ost-Ukraine mit Truppen beteiligt wäre. Er befürwortet daher den Einsatz deutscher Drohnen zur Überwachung der Grenze zwischen Russland und der Ukraine.
“Die russische Förderation hat ein Waffenstillstand-Abkommen unterzeichnet (…) zu dem gehört auch der Rückzug ihrer eigenen Truppen und die Überwachung der russisch-ukrainischen Grenze. Das ist bis jetzt nicht umgesetzt worden.”
Die zivile Organisation OSZE setzt jedoch bereits Drohnen in der Ost-Ukraine ein. Wolfgang Gehrcke stellt klar:
“Die OSZE setzt österreichische Dronen ein. (…) keine Kampf- sondern Überwachungsdronen. Die hat sie. Sie hat überhaupt nie angefordert deutsche Soldaten. Das war das Angebot eurer Ministerin. (…) Die drängelt sich auf.”
Die OSZE stellte fest, dass keine russischen Truppen die Grenze überschritten.
“Roland Bless, Sprecher des OSZE-Vorsitzlandes Schweiz, sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Die OSZE hat aufgrund ihrer Beobachtungen keine Hinweise auf eine Präsenz von russischen Truppen auf ukrainischem Boden.“ (dwn)
„Weder am Grenzübergang Donezk noch am Grenzübergang Gukowo haben wir Militärtechnik gesichtet“, sagte OSZE-Missionschef Paul Picard am Freitag im Gebiet Rostow. Nach seinen Worten überwacht die OSZE diese Grenzorte rund um die Uhr.” (ria)
Der ehemalige deutsche General Harald Kujat warnte in diesem Zusammenhang vor westlicher Propaganda.
“Wir müssen sehr vorsichtig sein auch bei dem was der Westen sagt.” (youtube)
Die Reporterin Diana Magnay vom US-Sender “CNN” konnte keine russischen Panzer in Novoazovsk ausmachen. Das Regime in Kiew meldete zuvor den Einmarsch hunderter Panzer aus Russland. Die Stadt wurde kurz vorher von den ost-ukrainischen Rebellen erobert. (youtube)
In den Reihen der Rebellen kämpfen sich samt Gerät abgesetzte ukrainische Soldaten, Freiwillige aus Russland und anderen europäischen Staaten sowie Israel.
Niels Annen ist Mitglied in zwei Lobbyorganisationen, die sich für eine starke Bindung zwischen Deutschland und den USA einsetzen. Laut Bundestag.de ist er bei der “Atlantik-Brücke e.V.” und “Atlantische Initiative e.V.” dabei. So ist es kein Wunder, dass er Gehrckes Einschätzung zurückweist, die US-Politik hätte den Konflikt angeheizt.
“Das mit den Verschwörungstheorien und das die Amerikaner hinter jeden Übel der Welt stecken, das hören wir ja häufig von der Linkspartei. Es wird dadurch nicht richtiger.”
Dann propagierte Niels Annen, dass Russland die Ukraine-Krise überhaupt ausgelöst hätte. Die Halbinsel Krim wäre annektiert worden!
“Den Eindruck zu erwecken, als ob das von beiden Seiten mit gleicher Verteilung von Verantwortung dieser Konflikt dort losgebrochen ist. Das entspricht ja nicht den Realitäten. (…) Aber der Ausgangspunkt des Konfliktes ist, dass Russland einen Teil eines souveränen Staates annektiert hat. Das russische Truppen im Osten der Ukraine sind oder möglicherweise jetzt nicht mehr, aber dort Unterstützung für Separatisten leisten und das muss sich verändern. Das heißt: Der Schlüssel zur Lösung des Konfliktes liegt in Russland.”
Der Ausgangspunkt der Abspaltung der Krim von der Ukraine war, dass Ende Februar in Kiew die demokratisch gewählte Regierung Janukowitsch geputscht wurde. Dieser nationalistisch-rechtsextreme Umsturz wurde auch von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in die Wege geleitet.
Der Hintergrund der geschürten Unruhen war, dass Janukowitsch nicht das EU-Assozierungsabkommen unterzeichnete. Seine Anhängerschaft in der Ost- und Südukraine stand einer Hinwendung zum Westen kritisch gegenüber. Sie wählte ihn dort mit großer Mehrheit zum Präsidenten.
Die Abspaltungsbewegung wurde von russischen Soldaten der Schwarzmeerflotte militärisch geschützt. Sie waren auf der Krim schon lange vor der Krise stationiert. Es gab keine Invasion. Die Soldaten bewachten etwa öffentliche Einrichtungen, in denen die Bevölkerung über das Vorhaben abstimmte. Dies wird verständlicher, wenn die Brutalität des Putsch-Regime betrachtet wird. In der Ost-Ukraine verhinderte es mit militärischen Mitteln eine ähnliche Entwicklung. Wähler wurden einfach vor den Wahllokalen erschossen!
Milizen schießen auf Wähler in Ost-Ukraine – im Sinne des Völkerrechts?
Quelle: youtube
Experten bewerten unterschiedlich, ob Russland gegen das Völkerrecht verstieß.
Reinhard Merkel, deutscher Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Hamburg, sieht es differenziert:
“Hat Russland die Krim annektiert? Nein.
Waren das Referendum auf der Krim und deren Abspaltung von der Ukraine völkerrechtswidrig? Nein.
Waren sie also rechtens? Nein; sie verstießen gegen die ukrainische Verfassung (aber das ist keine Frage des Völkerrechts). Hätte aber Russland wegen dieser Verfassungswidrigkeit den Beitritt der Krim nicht ablehnen müssen? Nein; die ukrainische Verfassung bindet Russland nicht.
War dessen Handeln also völkerrechtsgemäß? Nein; jedenfalls seine militärische Präsenz auf der Krim außerhalb seiner Pachtgebiete dort war völkerrechtswidrig. Folgt daraus nicht, dass die von dieser Militärpräsenz erst möglich gemachte Abspaltung der Krim null und nichtig war und somit deren nachfolgender Beitritt zu Russland doch nichts anderes als eine maskierte Annexion? Nein.” (faz)
Karl Albrecht Schachtschneidert ist ein deutscher Staatsrechtslehrer. Er war Professor für Öffentliches Recht an der Universität Erlangen-Nürnberg. Er widerspricht Merkel in dem Punkt, dass die russische Militärpräsenz außerhalb der Pachtgebiete völkerrechtswidrig gewesen wäre. Putin hätte das Recht, Russen außerhalb Russland vor “Bedrohungen an Leib und Leben zu schützen.” Nach dem blutigen Putsch in Kiew und den Unruhen auf Krim wäre dies der Fall gewesen.
“Nach überwiegender Auffassung der Völkerrechtler sind Staaten berechtigt, ihre Staatsangehörigen notfalls gewaltsam mit einer begrenzten Intervention vor Bedrohungen an Leib und Leben zu schützen. Dieses Recht wird stetig praktiziert und ist nach wie vor in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit gewohnheitsrechtlich anerkannt.
Eine schutzbedürftige Bedrohung für die Russen auf der Krim und all die Bewohner der Krim, die durch das Referendum gewissermaßen wieder Russen werden wollten, waren die Kräfte zweifelsfrei, welche den Umsturz in der Ukraine durchgeführt hatten, aber auch die Gewalttäter, welche auf dem Maidan gemordet hatten. Der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, hat sich auf diese Schutzpflicht berufen. Sie wird auch von westlichen Staaten ständig praktiziert, oft nur vorgetäuscht.
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Das Budapester Memorandum von 1994, in dem die USA, Rußland und Großbritannien u. a. der Ukraine als Gegenleistung für den Nuklearwaffenverzicht die Souveränität und die bestehenden Grenzen sowie deren politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu achten und im Falle eines nuklearen Angriffs auf das Land unmittelbar Maßnahmen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu veranlassen zugesagt haben, ist durch die Sezession der Krim und deren Aufnahme in die Russische Föderation nicht berührt, geschweige denn verletzt. Das Selbstbestimmungsrecht der Bürger der Krim ist durch dieses Memorandum nicht aufgehoben. Es kann auch durch völkerrechtliche Verträge nicht aufgehoben werden, weil es die Freiheit der Bürger ist. Diese steht nicht zur Disposition der Politik. Sie ist mit dem Menschen geboren. (wissensmanufaktur)
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Völlig versteigt sich Niels Annen, wenn er die “Annexion” der Krim vergleicht mit der Besetzung der baltischen Staaten durch die Sowjetunion. Beides hätte der Westen nicht hingenommen.
“Wir werden die Annexion der Krim nicht hinnehmen. Übrigens hat der Westen auch die Annexion der baltischen Staaten über viele Jahrzehnte nicht akzeptiert. (…) diesen Völkerrechtsbruch werden wir nicht hinnehmen.”
Dieser Vergleich ist unstimmig, da auf der Halbinsel Krim größtenteils Russen leben. Der Wunsch nach Eingliederung resultiert auch aus der langen gemeinsamen Geschichte als Nation. Die baltischen Staaten habe eine eigene Identität und Geschichte und würden sich niemals in einer demokratischen Abstimmung mit großer Mehrheit für eine Eingliederung nach Russland aussprechen.