Warum berichten die Medien nicht objektiv im Ukraine-Konflikt und hetzen auf unverantwortliche Weise gegen Russland? Der Hintergrund ist, dass der Kapitalismus am Ende seiner Lebenszeit angelangt ist. Die Volkswirtschaft kann hohe Zinsen und Renditen nicht mehr erwirtschaften. Der Ausweg aus der Sackgasse wäre eine neue Welle der Aufrüstung im Zuge eines “kalten Krieges” oder eine kriegerische Vernichtung von Produktionskapazitäten, die dann lukrativ wiederaufgebaut werden könnten.
Ungleichheit
Der Kapitalismus schafft eine ungleiche Verteilung des von uns allen geschaffenen Volksvermögens. 10 % der Bevölkerung lassen ihr Geld für sich arbeiten und bereichern sich durch den Zinseszins oder sie eignen sich wertvolle volkswirtschaftliche Privilegien an, wie Grund und Boden, Patente, Ressourcen. Das Ziel ist, leistungsloses Einkommen zu erzielen.
Die Geldvermögen des einen, sind die Schulden des anderen. Diese Vermögen konnten nur aufgebaut werden, da die Reichen a) ihre Vermögen nicht ausgeben / verteilen und b) andere Menschen die Privilegien gegen Bezahlung nutzen oder weil sie sich verschuldeten und das geliehene Geld ausgeben. Durch diesen Vorgang kurbeln die Schuldner die Wirtschaft an und fragen produzierte Güter nach, die sie selbst zum Teil überhaupt erarbeiteten. Die Schuldner erarbeiten sich also ihre eigenen Schulden und müssen sich den Vorwurf anhören, über ihre Verhältnisse zu leben.
Dieses Unrechtssystem zerstört sich selbst, da in einer Marktwirtschaft Rendite- und Gewinnmöglichkeiten genutzt werden. Durch Wettbewerb sinken die Gewinne und Märkte sind gesättigt. Schlecht für die Geldverleiher. Sinkende Zinsen sind die Konsequenz. Sie horten ihr Geld und verleihen es nicht mehr. Der gesamtwirtschaftliche Kreislauf von Angebot und Nachfrage wird unterbrochen, Arbeitslosigkeit entsteht – auf Kosten des überschuldeten Großteils der Bevölkerung.
Professor Christian Kreiß zeigt auf, dass die momentane wirtschaftliche Situation nichts Neues ist. In seinem Buch “Profitwahn” beschreibt er Parallelen von 1914 und 1929 zu Heute.
“Zwischen 1860 und 1914 stieg in den USA die Arbeiterzahl um 700 %, die Produktion um 2.000 %, das Investitionskapital um 4.000 %. 1913 verdienen 2% der Amerikaner 60% des Volkseinkommens; Morgan und Rockefeller allein kontrollierten 20% des Volksvermögens (341 Großunternehmen mit 22 Mrd. Dollar Kapital).” (S. 117 aus “dtv-Atlas zur Weltgeschichte, Band II, 14. Auflage)
“1929 war die Vermögenskonzentration in den USA ungewöhnlich stark: Die 5 % der wohlhabendsten US-Amerikaner bekamen damals etwa ein Drittel aller Einkommen.”
“Eine Studie des DIW Berlin vom Januar 2009 kommt für Deutschland zu dem Ergebnis, “dass das reichste Zehntel 2007 über mehr als 60 % des gesamten Vermögens verfügte. Darunter hielten die obersten fünf Prozent 45 % und das oberste Prozent 23 % des gesamten Vermögens.” (Frick, Joachim und Grabka, Markus (2009): Gestiegene Vermögensungleichverteilung in Deutschland aus “Profitgier” Christian Kreiß, S. 43)
“Zwischen 2000 und 2008 sind laut einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans Böckler Stiftung die Reallöhne in Deutschland um 0,8 % gesunken. (“Profitwahn”, S. 43)
“2007 hatten die wohlhabensten 0,1 % der US-amerikanischen Haushalte ein 220 Mal so hohes Einkommen wie die unteresten 90 %. Die obersten 1 % der Haushalte besaßen ein Drittel der US-Vermögen. (…) Von den $ 288 Milliarden zusätzlich erwirtschafteten Einkommen in 2010 flossen 93 % an die obersten 1 % der Einwohner, (…) was einem Einkommenszuwachs von 11,6 % der top 1 % gegenüber 2009 entsprach.” (ebd., S. 44 ff.)
“So stieg etwa in Spanien die Verschuldung der privaten Haushalte zwischen 1995 und 2006 von 50 % auf gut 130 % des verfügbaren Jahreseinkommens, in den USA von 100 % auf 140% und in Großbritannien von 100 % auf 160 % des Jahreseinkommens.”
Wirtschaftskrise
Die Geldvermögen des einen sind spiegelbildlich die Schulden des anderen. Das volkswirtschaftliche Angebot wird u. a. von Schuldnern erarbeiten. Sie können es aber (aufgrund ihrer Verschuldung und fehlende Kreditvergabe der Banken) während wirtschaftlich schlechten Zeiten immer weniger nachfragen.
Die Marktwirtschaft entpuppt sich als nicht kompatibel zum Kapitalismus. Er zwingt die Marktwirtschaft in eine Nachfragelücke, zu Überkapazitäten und sogar zu einer Deflation, die im Interesse der Geldvermögens-Besitzenden ist. Wenn die Preise sinken, dann steigt der Wert der Geldvermögen.
Auf der anderen Seite ist eine Umverteilung nicht in deren Interesse. Wenn ein Teil ihrer Besitztümer an die Mittelschicht und Armen verteilt würde, würde sich dies sofort in Nachfrage nach Konsumgütern ausdrücken. Durch Wettbewerb und Produktionsausweitung würden die Zinsen fallen und eine Inflation drohen.
“1914 war in den wirtschaftlich fortgeschrittensten Nationen ein nahezu unhaltbarer ökonomischer Zustand von Wucherungen und Überkapazitäten entstanden, der nach Bereinigung, sprich: Reduzierung von Produktionskapazitäten drängte.”
“Durch diese Entwicklung herrschte in den 1920er Jahren eine strukturelles Überangebot, das zu deflationären Preistendenzen und beispielsweise in den USA zu kaum steigenden Löhnen schon lange vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 1929 führte. Bereits fünf Jahre vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise, 1924, bezeichnete K. Gillette, der Erfinder der Einwegrasierer, Überproduktion als das am meisten beunruhigende soziale Übel der USA:
“Wir haben das Paradox von unbeschäftigten Menschen, die erpicht darauf sind zu arbeiten, und unausgelasteten Fabriken, die in perfektem Produktionszustand sind – und das, wo zur gleichen Zeit Menschen verhungern und erfrieren. Die Ursache ist die Überproduktion.”
“In den 1920er und 1930er Jahren war die Automobilindustrie die Schlüsselindustrie. Während der “roaring twenties” wurden in den USA die Produktionskapazitäten (…) deutlich erhöht. (…) So betrug die Spitzenproduktion an Automobilen in den USA im März 1929 622.000 Einheiten, was einer Jahresproduktion von 7,46 Millionen Autos entspricht. Allein in den neun Monaten bis 1929 fiel die Automobilproduktion um 85 % auf nur mehr 92.500 Einheiten, was einer Jahresproduktion von 1,11 Millionen Autos entspricht. (…) Die Automobilproduktion lag 10 Jahre lang um durchschnittlich 60 % unter dem Niveau von März 1929! (ebd. S. 87)
Christian Kreiß kommentiert:
“Zwischen 1919 und 1929 stieg die Stundenproduktivität in der US-Industrie um etwa 43%. Löhne, Gehälter und Preise bleiben jedoch vergleichsweise stabil. (…) Das Zurückbleiben der Masseneinkommen damals führte bereits während der zwanziger Jahre zu einer tendenziellen Unterkonsumtion bzw. Überkapazitäten. (…) Diese Überkapazitäten, mit denen die Massennachfrage nicht Schritt gehalten hatte, mussten während der Großen Depression und danach bereinigt werden. 1945 gab es kein Überkapazitäten-Problem mehr und die Entwicklung konnte gewissermaßen wieder bei Null anfangen für die nächsten 70 Jahre.” S. 37
Blasenbildung Rüstung
Durch Aufrüstung kann eine künstliche Blase gebildet werden, die durch Medienpropaganda gesellschaftlich anerkannt ist. Es gibt viele Beispiele aus der Geschichte, etwa der “Krieg gegen den Terror” nach dem 11. September 2001. Der Staat verschuldete sich und fragte Rüstungsgüter nach. Aufgrund der dadurch entstandenen Gewinnaussichten kann die Industrie Kredite nachfragen und investierten. Diese künstlich geschaffene Nachfrage nutzte die bestehenden Überkapazitäten. Statt durch Produktion in zivile Gütern wirklichen Wohlstand für alle zu schaffen, gehen die Geldvermögen in die Rüstung. Ein vorübergehend positiver Nebeneffekt ist die Schaffung von Arbeitsplätzen.
“Die starke Ungleichverteilung des Einkommens bedeutete, dass die Wirtschaft von Investitionen auf hohem Niveau oder einem hohen Konsum von Luxusgütern oder beidem abhängig ist. Die Reichen (allein) können keine großen Mengen Brot kaufen.” John Kenneth Galbraith: “The great Crash 1929” aus “Profitwahn”, Christian Kreiß
“So gesehen gab es im Zuge der industriellen Revolution erst zweimal die oben geschilderte “lange Welle der Blasen und Zusammenbrüche”: 1914 bzw. 1929 und ab 2007.” (S. 39, ebd)
“Zwischen 1930 und 1940 lag die Zahl der Arbeitslosen nur im Jahr 1937 unter 8 Millionen. (…) Die USA kamen also aus eigener, innerer Kraft zehn Jahre lang nicht aus der großen Depression heraus. Erst der Eintritt in den 2. Weltkrieg löste die fundamentalen ökonomischen Probleme der USA und damit das Arbeitslosenproblem.” (ebd, S. 52)
Neustart
Im Einklang mit dem Kapitalismus gibt es einen Ausweg aus dieser Sackgasse – der Abbau von Überkapazitäten. Es wird über Jahre nicht investiert, Unternehmen gehen pleite, Produktionsanlagen verrotten. Aufgrund der derzeitigen weltweiten Überkapazitäten schätzt Christian Kreiß, dass “wohl 75% oder mehr des Welt-BIP (…), vor einem dramatischen wirtschaftlichen Schrumpfungsprozess” stehen. (ebd., S. 60)
Krieg als Wachstumschance
Dr. Felix Fuders, Professor an der Universität “Austral de Chile” beschreibt die positiven Effekte eines Erdbebens im Artikel “Wie Zerstörung von Sachkapital dem Finanzsystem in die Hände spielt”.
“Am 27. Februar 2010 bebte die Erde in Chile drei Minuten lang mit der Stärke von 8,8 auf der Richter-Skala und verwüstete ganze Landstriche. (…) Dennoch gibt es auch Gewinner des Erdbebens: Die Finanzwirtschaft. (…)
(…) die Zerstörung von Sachkapital [ermöglicht] wieder neues Wachstum und fördert selbstverständlich die Kreditvergabe. Was für Zerstörung von Sachkapital durch Kriege gilt, gilt auch für die Zerstörung, die Naturkatastrophen anrichten. Kriege und Naturkatastrophen können also den Zusammenbruch des Zinssystems hinauszögern, indem sie einerseits weiteres Wirtschaftswachstum ermöglichen und andererseits einen Anreiz zur Kreditaufnahme darstellen. (…)
In einer gesättigten Wirtschaft, in der kaum noch Wirtschaftswachstum möglich ist, finden die Banken hingegen nur schwer Abnehmer für ihre Kredite, sie müssen aber auf die Einlagen Zinsen bezahlen und sind folglich gezwungen, Kredite notfalls auch an Kreditnehmer mit schlechter Bonität und zu niedrigen Zinsen zu vergeben. (…)
In einer solchen Situation spielt ein Krieg oder eine Naturkatastrophe mit großem Zerstörungspotential der Kreditwirtschaft in die Hände, weil neues Wachstum möglich und die Kreditvergabe gefördert wird. Dies kann in praxi nachvollzogen werden und äußert sich daran, dass Banken in Chile nach dem Erdbeben problemlos Kredite verkaufen.
Banken werden sogar als Retter in der Not empfunden, da sie den Menschen durch Kredite helfen. Bezeichnenderweise schrieb jemand auf sein Auto „Amo Banco Santander y Chile“ (Ich liebe Banco Santander und Chile). Dieselbe Bank wirbt mit dem Slogan „Con todas las ganas de ayudar“ (Wir helfen mit Freude). Zudem steigt das Zinsniveau in Chile wieder. Banken können es sich nun erlauben, wieder höhere Zinsen zu erheben.” (humane-wirtschaft)