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NSU-Verfahren: Verfassungsbeschwerde eingelegt

Im Mai diesen Jahres hatte ich mich mit der Frage beschäftigt, ob das Tatgericht im NSU-Strafprozess geltendes Recht gebeugt hat.

http://friedensblick.de/29253/nsu-prozess-hat-das-gericht-recht-gebeugt/

Damals hatte ich angekündigt auch der Frage nachzugehen, ob die (Pflicht)Verteidiger der Angeklagten Zschäpe sich der strafbaren Schlechtverteidigung nach § 356 StGB  schuldig gemacht haben könnten. Tatsächlich hat mich diese Thematik ein halbes Jahr gebunden.  Infolge meiner Recherchen habe ich schließlich am 30.11.2019 Verfassungsbeschwerde erhoben.

Kurz zur Vorgeschichte.

Ich bin zur Überzeugung gelangt, dass die in der 1. Instanz des NSU-Strafprozesses begangenen fundamentalen Rechtsverstöße, von der (Pflicht)Verteidigung Beate Zschäpes nicht im Revisionsverfahren zugunsten der Mandantin vorgebracht werden können.

http://friedensblick.de/29621/nsu-prozess-der-kaiser-ist-nackt/

Denn damit würden sich die (Pflicht)Verteidiger selbst der strafbaren Schlechtverteidigung überführen, ihre Zulassungen als Rechtsanwälte verlieren und der Mandantin gegenüber schadensersatzpflichtig werden.

Zuerst wird in der Hauptverhandlung der 1. Instanz gegen geltendes Recht verstoßen, indem fundamentale beweiserhebliche Tatsachen nicht zugunsten Beate Zschäpes berücksichtigt werden. Danach ist es der Revidentin aus den vorgenannten Gründen in der 2. Instanz auch noch verunmöglicht, die in der 1. Instanz begangenen Rechtsverstöße im Revisionsverfahren vorzubringen.  Das Rechtsstaatsprinzip ist außer Kraft.

Deswegen stellte ich beim Revisonsgericht folgenden Antrag und stellte diesen an jedes Mitglied des Senats zu.  Die ausführliche Begründung lasse ich hier beiseite, deswegen nur Seite 1 von 13.

Seite 1 Antrag BGH

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2019 – Posteingang 2. November 2019 -, teilte mir der Vorsitzende des 3. StS am BGH mit, dass Eingaben von nicht am Prozess beteiligten Personen nach den Vorgaben der StPO nicht berücksichtigt werden können.

Daraufhin legte ich am 07.11.2019 sofortige Beschwerde ein.

3.StS BGH sofortige Beschwerde – 071119

Die Antwort des 3. StS am BGH erfolgte am 26. November 2019. Auch mein Schreiben vom 7. November (sofortige Beschwere) würde nichts daran ändern, dass nur Verfahrensbeteiligte den Inhalt der Revisionsbegründung zu bestimmen hätten.

Allerdings hatte ich garnicht moniert, keinen Einfluss auf die Revisionsbegründung zu haben. Ich hatte beantragt, Frau Zschäpe von den in der 1. Instanz begangenen Rechtsverstößen in Kenntnis zu setzen und es ihr damit überhaupt zu ermöglichen, diese in ihrer Revisionsbegründung geltend zu machen.  Ich hatte mithin eine absolute Selbstverständlichkeit beantragt – nämlich Frau Zschäpe ihr Recht auf ein faires Verfahren nicht abzuschneiden.

Im letzten Absatz meiner sofortigen Beschwerde hatte ich bereits deutlich gemacht, dass  sich die Haltung des 3. StS am BGH , nicht mit dem Grundgesetz vereinbaren lässt. Denn wenn man so mit einer Frau Zschäpe verfährt, dann ist doch zu fragen, welchen Bürger es als nächsten trifft.

Da ich mit einer Antwort auf meine sofortige Beschwerde nicht rechnen konnte und zudem nicht wusste, ob mir dieses Rechtsmittel überhaupt zustand, hatte ich bereits nach Eingang der 1. Antwort damit begonnen, mich mit einer Verfassungsbeschwerde in der Sache zu befassen.  Dafür hatte ich ab Posteingang 02. November einen Monat Zeit. Diese Frist wäre also am 1. Dezember abgelaufen.

Es ist eigentlich nicht zu stemmen, sich innerhalb eines Monats soweit in das  Staats- und Verfassungsrecht einzuarbeiten, dass man in die Lage versetzt wird, eine rechtsfehlerfreie Verfassungsbeschwerde aufzusetzen. Dafür sind dann eigentlich die Fachanwälte oder andere rechtskundige Mitbürger da. Allerdings hatte offenbar gerade wieder mal niemand Zeit – nicht mal gegen ordentliche Bezahlung. Mit dem Ergebnis meiner eigenen Arbeit bin ich also den Umständen entsprechend ganz zufrieden.

Ich reichte am 30. November 2019 Verfassungsbeschwerde ein, wobei es in dieser nur noch um die Verletzung meiner eigenen Grundrechte in dieser Sache geht. Als eine Art Leitsatz könnte man formulieren, dass erst der Respekt vor den Grundrechten anderer Menschen, die Grundlage für die Wahrung der eigenen Grundrechte bildet. Wobei es sich bei der Menschenwürde und dem  Verbot staatlicher Willkür  sogar um Menschenrechte handelt.

Die Verfassungsbeschwerde umfasst 12 Seiten Text und 41 Seiten Anlagen.  Um den Vortrag nicht zu überdehnen, füge ich hier nur die 1. Seite ein.  Zur eigentlichen Begründung komme ich danach.

Seite 1 VB

Die Antwort des Bundesverfassungsgerichtes erfolgte mit Schreiben vom 3. Dezember 2019.

Antwort des BVerfG vom 031219

Bemerkenswerterweise handelt es sich aber ersichtlich garnicht um eine Antwort des Verfassungsgerichts (Judikative), sondern um eine Antwort, welche von einer Beamtin der Exekutive verfasst und mit dem Siegel des Bundesverfassungsgerichts beglaubigt wurde. Dem Bundesverfassungsgericht hat meine Beschwerde ersichtlich nicht vorgelegen.

Man beachte auch die Wortwahl.  Das Schreiben des 3. StS am BGH “dürfte” keinen Hoheitsakt darstellen. Das Revisionsverfahren einer Frau Zschäpe “dürfte” mich in meinen Rechten nicht verletzten. Und deswegen – wegen dieser Spekualtionen einer Beamtin, welche dem Bundesverfassungsgericht garnicht angehört, wurde meine Verfassungsbeschwerde in das allgemeine Register verschoben. Man stelle sich das vergleichsweise mal beim Landgericht vor. Die Klage gelangt nicht zum Richter, sondern wird von einer Angehörigen der Exekutive für unzulässig erklärt. Sehr interessant das Ganze.

Ohne auf diese Merkwürdigkeiten einzugehen, habe ich mich am 12. Dezember 2019 ergänzend geäußert.  Den Inhalt des Schreibens stelle ich hier vollständig ein.  Ich bitte dabei zu beachten, dass der Text für den nicht mit der Sache vorbefassten Leser eine Reihe von Fragen aufwirft, welche ich bereits in meiner Verfassungsbeschwerde beantwortet habe.  Es ist aber in einem Blogbeitrag nicht zu leisten, auf jedes Details umfassend einzugehen. Trotzdem bietet meine Antwort in komprimierter Form einen brauchbaren Überblick und damit einen Ansatz, den Sachverhalt gedanklich weiter zu verdichten.

Ich antwortete also am 12. Dezember 2019 ergänzend wie folgt:

An das

Bundesverfassungsgericht 

Schlossbezirk 3

76131 Karlsruhe 

Verfassungsbeschwerde – AR 8041/19

Sehr geehrte Frau Waldmann,

Ihren Zulässigkeitsbedenken möchte ich wie folgt entgegentreten.

Es geht im Kern um einen Akt der verfassungsfeindlichen Sabotage in Verbindung mit der Ermordung deutscher Bürger durch die Polizei. Der Verdacht ist auch begründet, denn die Staatsanwaltschaften in Erfurt und Meiningen ermitteln seit nunmehr 2 Jahren in der Sache, u.a. gegen einen Leitenden Kriminaldirektor. Verfassungsfeindliche Sabotage aber impliziert bereits dem Wortlaut nach die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts um Abhilfe zu schaffen. Denn es liegt im Wesen eines verfassungsfeindlichen Sabotageaktes, den staatlichen Behörden und den Bürgern eine verfassungskonforme Anwendung geltender Grundrechte vorzugaukeln, obwohl das Rechtsstaatsprinzip tatsächlich ausgehebelt ist. Es herrscht aufgrund der fortgesetzten Tatbegehung auch Gefahr im Verzug. Ich rufe das Bundesverfassungsgericht also auch an um zu verhindern, dass die Täter vollendete Tatsachen schaffen können.

Die am verfassungsfeindlichen Sabotageakt beteiligten Polizisten haben zuerst die Exekutive selbst, und danach am 21.11.2011, über den Innenausschuss des Deutschen Bundestages auch die Legislative getäuscht. Objektive Indizien welche mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Mord hinweisen, wurden in objektive Indizien welche mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Selbstmord hinweisen verfälscht. In der Folge hat einer der Tatverdächtigen, der Leitende Kriminaldirektor Menzel, auch noch die Bundesanwaltschaft getäuscht. Seine Lügen bilden das Fundament der Anklage im sogenannten NSU-Strafprozess. Der Tatverdächtige hat nach Eröffnung der Hauptverhandlung als Zeuge demzufolge auch noch die 3. Gewalt im Staate – nämlich die Judikative getäuscht. Die Gewaltenteilung ist damit im gesamten NSU-Verfahren durch einen Akt der verfassungsfeindlichen Sabotage außer Kraft gesetzt worden.

Der verfassungsfeindliche Sabotageakt betrifft alle Bürger – also auch mich und auch Beate Zschäpe. Geschützte Rechtsgüter sind hier eben nicht nur die Grundrechte einer Beate Zschäpe, sondern geschütztes Rechtsgut ist auch das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat selbst.

Es besteht der begründete Verdacht, dass kriminelle Strukturen in Teilen der Exekutive auf diese Weise mindestens drei Morde begehen und anderen anhängen konnten. Dieselben Beamten könnten somit auch 10 oder 20 Morde begehen und anderen Personen oder Personengruppen anhängen. Das dahinterstehende Prinzip der Tatbegehung ist simpel und ohne größeren personellen Aufwand zu leisten. Dies habe ich der Staatsanwaltschaft detailliert dargelegt.

Infolge des verfassungsfeindlichen Sabotageaktes befindet sich die zwischenzeitlich verurteilte Beate Zschäpe in einem abgeschotteten staatlichen Kraftfeld, einer vom Volk entkoppelten Parallelwelt. Denn es gibt für den Bürger keine Möglichkeit, der auf solche Weise zum Objekt des NSU-Strafprozesses Herabgewürdigten, fundamentale entlastende Umstände gegen den Willen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu bringen. Also ist Frau Zschäpe faktisch nicht in der Lage, zur Wahrung ihrer Rechte aus sich selbst heraus, auf den Gang des Verfahrens Einfluss zu nehmen.

Die daraus resultierende konkrete Verletzung meiner Grundrechte – und darüber hinaus die Verletzung der Grundrechte aller Bürger dieses Staates -, hatte ich in meiner Verfassungsbeschwerde vom 30.11.2019, u.a. im Abschnitt 3.2. ebenfalls bereits deutlich gemacht. Der vollständige Ausfall des öffentlich-rechtlichen Instituts der Pflichtverteidigung im NSU-Strafprozess, berechtigt im Zusammenhang mit der offensichtlichen Duldung dieses Ausfalls durch die Teilnehmer des 40. Strafverteidigertags zu der Annahme, dass den Angeklagten in Staatsschutzprozessen, keine Mindeststandards von Straf(pflicht)verteidigung gewährt werden, dass diese Tatsache der Strafverteidigerzunft auch bekannt ist und von ihr als „Selbstverständlichkeit“ (sic) mitgetragen wird. Ich muss daher annehmen, dass mir dieses durch Art. 2 Abs 1 GG gewährte Grundrecht auf effektiven Pflichtverteidigerbeistand nur scheinbar garantiert ist, und bei politischen Verfahren ohne Widerstand der Strafverteidigerzunft außer Kraft gesetzt werden kann.

Grundrechte sind aber Abwehrrechte der Bürger gegen das staatliche Gewaltmonopol. Sie stehen eben nicht nur einer Beate Zschäpe zu, sondern darüber hinaus allen anderen Bürgern auch. Und nichts verkörpert diese (Abwehr)Grundrechte so konkret, wie das öffentlich-rechtliche Institut der Pflichtverteidigung, geradezu Sinnbild, für die Abwehr staatlicher Strafverfolgungsmaßnahmen.

Demzufolge sind alle Bürger – also auch ich – betroffen, wenn eine derartige tragende rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit vom Staat willkürlich außer Kraft gesetzt wird. Denn auch mir würde im Fall entsprechender Strafverfolgungsmaßnahmen, ein solcher Pflichtverteidiger auch gegen meinen Willen beigeordnet.

Zusätzlich hatte ich im 5. Abschnitt meiner Verfassungsbeschwerde ausgeführt, Zitat:

Das heißt, eine pflichtgemäß agierende Pflichtverteidigung hätte den verfassungsfeindlichen Sabotageakt im Strafprozess selbst offenbart und damit wirkungslos gemacht. Das zuerst im Zuge der verfassungsfeindlichen Sabotage die Ausgangssachverhalte von den Tätern als falsche Tatsachen in der Beweisaufnahme des Strafprozesses verankert werden konnten, mag noch erklärbar sein. Dass aber gleichzeitig dann auch noch alle Verfahrensbeteiligten wider besseren Wissens, den durch couragierte Staatsbürger enttarnten Anschlag auf die tragenden Säulen unseres Rechtsstaates ignorierten, also nicht zugunsten der Angeklagten berücksichtigten, obwohl dieser die Höchststrafe drohte, kann kein Zufall sein.

Daraus folgt, dass es sich nicht um eine irrtümliche Überschreitung der gesetzlichen Grenzen durch den Staat handeln kann, sondern um eine bewusste rechtsfehlerhafte Anwendung, welche schlechterdings unvertretbar ist. Die gezeigte Handhabung des Rechts steht deswegen außerhalb der Gesetzlichkeit. Allen rechtsverkürzenden Auswirkungen staatlichen Handelns – hier Mord/ verfassungsfeindliche Sabotage, gekoppelt mit dem Verweigern von Mindeststandards von Strafverteidigung-, muss aber ein gerichtlicher Rechtsbehelf zur Seite stehen. Und zwar nicht nur auf dem Papier – wie in der mit Anlage 1 beigefügten Antwort des 3. StS am BGH – sondern in der Realität! Und genau das ist hier nicht der Fall.“ Zitat Ende (siehe Verfassungsbeschwerde vom 30.11.2019, Seite 11)

Diese Lage ist deswegen für mich – und darüber hinaus auch für die anderen Bürger dieses Staates – nicht hinnehmbar. Denn auf diese Weise kann der Staat nicht nur wahllos und ungestraft seine Bürger ermorden, sondern er kann genauso wahllos jeden x-beliebigen Bürger für Verbrechen, welche der Staat begangen hat, verurteilen und für alle Zeiten ins Gefängnis werfen.

Der Staat könnte auf diese Weise auch wieder Konzentrationslager errichten und auf die Beschwerde von Bürgern dagegen antworten, dass die Grund- und Menschenrechtsverletzungen der Inhaftierten deswegen keinen Anlass zur Verfassungsbeschwerde böten, weil der beschwerdeführende Bürger selbst ja frei, also „nicht verfahrensbeteiligt“ (sic) – und deswegen in seinen Grundrechten nicht direkt verletzt sei. Und genau aus diesem Grund stellt auch die Antwort des 3. Strafsenats einen grundrechtsverletzenden hoheitlichen Akt dar. Der Bürger soll nach Auffassung des 3. StS am BGH tatenlos dabei zusehen müssen, wie anderen Mitbürgern die Grund- und Menschenrechte abgeschnitten werden, weil dies die Strafprozessordnung gebiete. Die StPO kann weder über dem Grundgesetz noch über der Europäischen Menschenrechtskonvention stehen.

Die Antwort des 3. StS am BGH ist aber nicht nur in Anbetracht der deutschen Geschichte nicht hinnehmbar. Ein solches Prozedere richtet sich gegen die (Mit)Menschlichkeit an sich und zerstört damit den Zusammenhalt des demokratischen Rechtsstaates im Kern. Eine derartige – quasi erzwungene – Entfremdung der Bürger vom eigenen Staat bildet den Nährboden für die Diktatur, welche unter Menschlichkeit zuerst die Entrechtung und in Folge auch die Tötung des politischen Gegners versteht. Schon deswegen ist die von mir erhobene Verfassungsbeschwerde zulässig.

Ich muss auch nicht zuwarten, bis sich innerhalb des Staates Strukturen manifestiert haben, welche dann die Grundlage für die Begehung weiterer Verbrechen bilden. Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Der 3. StS am BGH ist zweifellos Teil der öffentlichen Gewalt. Der 3. Strafsenat am BGH verfügt auch über genug Spezialwissen in dieser Sache, denn die Angehörige des 3. Strafsenats, Richterin am BGH Dr. Spaniol, hat ein Buch mit dem Titel: „Das Recht auf Verteidigerbeistand im Grundgesetz und in der Europäischen Menschenrechtskonvention“ verfasst. Schon aus dem Buchtitel ergibt sich, dass die deutsche Strafprozessordnung nicht über dem deutschen Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention stehen kann.

Der Staat weiß auch um den Verfassungsbruch und versucht auf eine besonders perfide Art, die Bürger in dieser Sache zu seinen Komplizen zu machen. Denn der Staat macht den am Verfahren unbeteiligten Bürgern beim NSU-Strafprozess ein quasi unwiderstehliches Angebot. Die Grund- und Menschenrechtsverletzungen betreffen im Kern eine Beschuldigte, welche selbst einem zutiefst menschenverachtenden Weltbild anhängt. Man könnte bei oberflächlicher Betrachtung nämlich durchaus zu der Auffassung gelangen, dass Frau Zschäpe nur das widerfährt, was sie und ihre Komplizen selbst für andere vorgesehen hatten. Der Gerechtigkeit in diesem Fall also selbst dann Genüge getan wird, wenn Frau Zschäpe vom Staat die Grund- und Menschenrechte abgeschnitten werden. Der Bürger darf dieses Angebot des Staates jedoch nicht annehmen, es sei denn um den Preis seiner eigenen schrittweisen Entrechtung.

Das Bundesverfassungsgericht hat selbst zutreffend ausgeführt, Zitat:

Besonders gewichtig ist eine Grundrechtsverletzung, die auf eine generelle Vernachlässigung von Grundrechten hindeutet oder wegen ihrer Wirkung geeignet ist, von der Ausübung von Grundrechten abzuhalten. Eine geltend gemachte Verletzung hat ferner dann besonderes Gewicht, wenn sie auf einer groben Verkennung des durch ein Grundrecht gewährten Schutzes oder einem geradezu leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen beruht oder rechtsstaatliche Grundsätze kraß verletzt.“ Zitat Ende (Beschluss vom 08.02.1994 – 1 BvR 1693/92)

Genau dies aber trifft zweifellos auf die geschilderte Lage zu. Die Grundrechte sind durch einen verfassungsfeindlichen Sabotageakt generell verletzt. Alle Bürger sind betroffen – also auch ich. Allen Bürgern steht damit der Weg zur Verfassungsbeschwerde offen – also auch mir. An der Aufklärung der Verbrechen, welche der Terrororganisation NSU zur Last gelegt werden, besteht zweifellos auch ein gesteigertes öffentliches Interesse.

Meine besondere Berechtigung zu dieser Verfassungsbeschwerde ergibt sich indes aus dem Umstand, dass ich die Details der konkreten Tatbegehung und die verdeckte Sinnstruktur des verfassungsfeindlichen Sabotageaktes, dem Staat gegenüber offengelegt habe. Die informierten Behörden und Institutionen verfügten jedoch de facto nicht über die Macht, dem gemeinschaftlichen rechtsverletzenden Handeln von Teilen der Exekutive, dem Tatgericht und der Pflichtverteidigung im NSU-Strafprozess, aus eigener Kraft ein Ende zu setzen und damit das Vertrauen der Bürger in den Bestand des Rechtsstaatsprinzips wieder herzustellen. Dies kann nur das Bundesverfassungsgericht leisten. Entweder wie von mir beantragt, oder auf andere Weise.

Sollten Sie ergänzenden Sachvortrag oder weitere Ausführungen für erforderlich halten, wird um einen Hinweis gebeten.

Mit freundlichen Grüßen

Kay-Uwe Hegr

 

 

 

 

 

 

NSU-Prozess: Hat das Gericht Recht gebeugt?

Wie auf diesem Blog bereits hier veröffentlicht, hatte ich sowohl gegen die Mitglieder des Strafsenats im NSU-Prozess, als auch gegen die Rechtsanwälte der Zschäpe-Verteidigung, Strafanzeigen erstattet. Da das eine Verfahren eingestellt ist und das andere nicht eröffnet wurde, ist eine öffentliche Debatte darüber statthaft. Sie ist allerdings auch geboten, denn sowohl bei Rechtsbeugung als auch bei Parteiverrat handelt es sich um Sonderdelikte. NSU-Prozess: Hat das Gericht Recht gebeugt? weiterlesen

NSU-Komplex: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Michael Menzel und Beamte der KPS Eisenach – aktualisiert am 24.03.19; 24.04.19 und 21.06.19

Aktuell sind im Zusammenhang mit dem NSU folgende Verfahren anhängig.

  • 227 Js 22943/17 – wegen Mordverdachts gegen Michael Menzel
  • 227 Js 9836/18 – wegen Verdachts der Beihilfe zum Mord gegen einen Angehörigen der KPS Eisenach
  • 227 Js 20232/18 – wegen Verdachts der Beihilfe zum Mord gegen zwei weitere Angehörige der KPS Eisenach
  • gelöscht, siehe Aktualisierung am 21.06.2019
  • gelöscht, da eingestellt, siehe Aktualisierung 24.03.19
  • gelöscht, da nicht eröffnet, siehe Aktualisierung 24.04.19
  • TH1103-021874-17/2 – Aktenzeichen einer Strafanzeige wegen Verdachts der Falschaussage gegen 12, vom Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss 6/1 vernommene Zeugen (Staatsanwaltschaft Erfurt hat bisher auf schriftliche Anfragen zur Übermittlung des dortigen Aktenzeichens nicht reagiert.

Weitere Auskünfte können erst erteilt werden, wenn das jeweilige Verfahren eingestellt ist. (§ 353d Nr. 3 StGB) Die Veröffentlichung der Aktenzeichen und der Verfahrensgegenstände erfolgt wegen des mittlerweile auch höchstrichterlich festgestellten, erheblichen Aufklärungsinteresses der Öffentlichkeit.

Der Blogbetreiber ist nicht Verfasser der Anzeigen!

Aktualisierung: http://friedensblick.de/31377/staatsanwaltschaft-meiningen-stellt-mordermittlungsverfahren-gegen-michael-menzel-und-michael-lotz-ein/

“Aktualisierung 24.03.2019

227 Js 2791/19 – Geschäftszeichen StA München I – 127 Js 122398/19 – gegen Götzl, Lang, Kuchenbauer, Odersky, und Feistkorn wegen Verdachts der Rechtsbeugung – am 18.03.2019 gemäß § 152 Abs. 2 StPO eingestellt. Ergänzend wurde darauf verwiesen, dass es sich bei den Ausführungen des Anzeigeerstatters um bloße Spekulationen handelt, da die schriftliche Begründung des betroffenen Urteils noch nicht vorliegt.

Der Anzeigeerstatter wird gegen den Bescheid keine Beschwerde einlegen. Denn die Begründung der Verfahrenseinstellung ist aus Sicht eines nicht näher mit dem Gesamtgeschehen befassten Juristen plausibel. Insofern wird der Sachverhalt nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung gegebenenfalls erneut zur Anzeige gebracht.”

Aktualisierung 24.04.19

“Von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wg. Verdachts des Parteiverrats gegen die Zschäpe-Verteidigung wurde mit Verfügung vom 11.04.2019 abgesehen.

Begründung: Keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat. Vielmehr handele es sich um den Vorwurf einer sog. Schlechtverteidigung. Diese aber sei nicht strafbar.”

Aktualisierung 21.06.2019

Von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen BAW Diemer wegen Verdachts der Rechtsbeugung wurde mit Verfügung vom 14.06.2019 abgesehen.

Begründung: Selbst wenn meine sonstigen Schlussfolgerungen zutreffen, ließe sich daraus nicht schließen, dass der Beanzeigte bewusst (sic!) Tatbeteiligte verschleiert hat.


Teil 11) Führte die thüringer Polizei ein NSU-Mitglied als Spitzel?

Der zweite parlamentarische NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages befragte am 11.05.16 den damaligen Polizeichef von Gotha Michael Menzel. Menzel, der zum Referatsleiter im SPD-geführten thüringer Innenministerium aufgestiegen ist, war einer der ersten Polizisten, die am 04.11.11 das Wohnmobil mit den erschossenen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt betraten. Seine Entscheidungen und Aussagen führten dazu, dass die Staatsanwaltschaft Meiningen gegen ihn Ermittlungsverfahren führt, wegen Mordverdachts an Mundlos/Böhnhardt! Teil 11) Führte die thüringer Polizei ein NSU-Mitglied als Spitzel? weiterlesen

Staatsanwaltschaft ermittelt seit 2017 gegen Michael Menzel aufgrund Mordverdachts an Böhnhardt/Mundlos

Heribert Prantl fragte am 4. August 2014 in der SZ, Zitat:

Darf ein Rechtsstaat Verbrechen begehen? Natürlich darf er das nicht. Ein Rechtsstaat darf nicht gegen Verfassung, Recht und Gesetz verstoßen. Und wenn er es trotzdem tut? Darf der Staat dann denjenigen bestrafen, der das aufdeckt und öffentlich macht? Muss man, zumindest dann, wenn man Staatsbediensteter ist, den Mund halten, wenn man von schweren Missständen erfährt? Und wann darf man wie den Mund aufmachen und wem gegenüber?“ Zitat Ende

Folgendes Anschreiben ging am 30.05.2018 per FAX an Dr. Kai Gniffke. Es gab bis dato [01.06.2018, 17:36] keine Reaktion zu diesem an und für sich sensationellen Sachverhalt. Staatsanwaltschaft ermittelt seit 2017 gegen Michael Menzel aufgrund Mordverdachts an Böhnhardt/Mundlos weiterlesen

Teil 8) Mike Wenzel und Kiesewetters schnittfeste Handschuhe

In den letzten Teilen beleuchtete ich die (beruflichen) Verbindungen von thüringer Polizisten zu Rechtsextremen, zur organisierten Kriminalität und zum heilbronner Polizistenüberfall. Dabei fiel zum Teil der Name Michael Menzel, der von 1998 bis 2001 Chef der saalfelder Kriminalpolizei gewesen war. In dieser Position war er auch Vorgesetzter des Onkels der 2007 ermordeten Polizistin Michele Kiesewetter (MK) gewesen.

Menzel meldete am Nachmittag des 04.11.2011 den Fund der beim Überfall entwendeten Kiesewetter-Dienstwaffe nach Baden-Württemberg, obwohl die Waffe erst gegen Mitternacht identifiziert wurde. Könnte es sich statt um einen Kommunikationsfehler, um Vorwissen handeln? Wusste Menzel, dass die Kiesewetter-Waffe im Wohnmobil war? Könnte er es gewusst haben, weil die saalfelder Polizei möglicherweise in den Besitz der beim Polizistenübefall geraubten Gegenstände gelangt sein könnte und sie den toten Böhnhardt/Mundlos untergeschoben haben könnte?  Teil 8) Mike Wenzel und Kiesewetters schnittfeste Handschuhe weiterlesen

Teil 6) Arbeitet die thüringer Polizei mit Kriminellen zusammen?

Die vorherigen fünf Artikel der Serie beleuchteten die personellen Verflechtungen in der thüringer Polizei über einen Zeitraum vieler Jahre. Dank der Befragungen des Untersuchungsausschusses wurde klar, dass immer wieder dieselben Namen an entscheidenden Positionen auftauchen, unabhängig davon welche Partei gerade die Landesregierung stellt.

So teilte Sven Trilus 2013 dem Ausschuss mit, er wäre …

“… seit fast 20 Jahren im Innenministerium, bin dort fast ausschließlich für Fragen des polizeilichen Staatsschutzes zuständig”.

Um den Eindruck der Befangenheit in der “NSU-Aufklärung” abzuwehren, könnte die eigene Einbindung in das Schlüsselereignis “Garagendurchsuchung” abgelogen worden sein, siehe Teil 1. Auch das dienstliche Gespräch mit Thomas Matczak könnte “negativ” interpretiert werden, dass “Dissidenten” der offiziellen Darstellung ausgefragt werden sollten, siehe Teil 5. Teil 6) Arbeitet die thüringer Polizei mit Kriminellen zusammen? weiterlesen

Teil 5) Ryczko, Menzel, Löther und die “Selbstenttarnung des NSU”

2009 übernahm Michael Menzel die Polizei in Gotha, zu der die Dienststellen Eisenach, Gotha und Ilmenau gehören. Er führte den Einsatz gegen die Bankräuber von Eisenach am 04.11.11, welcher zur “Selbstenttarnung des NSU” geführte hätte. Damit wird der (angebliche) erweiterte Selbstmord von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt umschrieben, samt dem Verschicken der sogenannten “NSU-Bekennerfilme” (angeblich) durch Beate Zschäpe. Teil 5) Ryczko, Menzel, Löther und die “Selbstenttarnung des NSU” weiterlesen

Teil 4) Dirk Löther ist ein gut vernetzter thüringer Polizist

Dirk Löther ist ein hochrangiger Polizeibeamter, der in Thüringen eine Bilderbuch-Karriere hinlegte. Er war im thüringer Innenministerium (TIM) als Sachbearbeiter “Staatsschutz” eingesetzt, dann ging er nach dem Studium als Leitungsbeamter ins Landeskriminalamt (LKA) und zurück ins TIM. Dabei kam er sowohl mit Rechtsextremismus, der organisierten Kriminalität wie auch mit der Ceska-Mordserie in Kontakt.

Teil 4) Dirk Löther ist ein gut vernetzter thüringer Polizist weiterlesen

Teil 2) War Michael Menzel seit 1998 dem “NSU-Trio” auf der Spur?

Michael Menzel war von 1998 bis 2001 Leiter der Kriminalpolizei Saalfeld, zuvor war er bei der Kriminalpolizei Weimar. In der Zeit trieb dort die rechtsextreme Organisation “Thüringer Heimatschutz” ihr Unwesen. So hob 1997 die Polizei ein Waffenlager in Heilsberg aus. Herausragende Rollen spielten Informanten des thüringer Landesamtes für “Verfassungsschutz” (tLfV), zum Beispiel Andreas Rachhausen, der auch Anfang 1998 dem “NSU-Trio” während der “Flucht” half. Weitere führende Rechtsextreme waren Sven Rosemann und die Informanten Timo Brandt und Thomas Dienel.

Sven Rosemann erschien in der Doku “Der NSU-Komplex” und bekannte sich, 1995 eine Bombenatrappe in Rudolfstadt abgelegt zu haben, er erwähnte eine weitere, ohne sich selbst wieder ausdrücklich zu bezichtigen. Es hätte Diskussionen gegeben, eine “braune RAF” zu gründen.

Eine unklare Rolle spielte Beate Zschäpe, die offenbar mit der Sonderkommission Rechtsextremismus (Soko Rex) kooperierte: Sie mietete am 01. August 1996 eine Garage in Jena von einem Polizisten an, in der am 26.01.1998 die Bombenwerkstatt ausgehoben wurde. Am 28. September 1996 verriet sie die Namen der Beteiligten einer Kreuzverbrennung, darunter auch Uwe Böhnhardt.

“Im Jahr 1996 fanden Beamte der Kripo in Jena Dutzende von Fotos bei der Durchsuchung der Wohnung von Beate Zschäpe. Die Farbbilder zeigen bekannte Köpfe – den Kameradschaftsführer von Jena, die später als Terror-Helfer verdächtigten Ralf Wohlleben und Holger G. sowie Uwe Böhnhardt. (…) Insgesamt 13 Tatverdächtige identifiziert die Sonderkommission Rechtsextremismus (“SoKo REX”) des Thüringer Landeskriminalamts später. Dabei half der Polizei vor allem Beate Zschäpe. Sie erzählte in ihrer Vernehmung am 28. September 1996 alles und schrieb die Namen der Beteiligten neben die sichergestellten Fotos.” (mdr)

Michael Menzel war mit den Fällen zum Teil befasst gewesen.

“Also, ganz klar: Ja. Meine vorhergehende Dienststelle, die KPI, also die Kriminalpolizei in Weimar, gehört zum Zuständigkeitsbereich von Jena. Und auch wenn das Untertauchen erst 98 war, wo ich de facto nicht mehr in Weimar tätig war, sind aber einige Handlungen von Mundlos und Böhnhardl aus den Jahren 93, 94 ff. natürlich in diesem Bereich der Kripo kommuniziert worden, also zum Beispiel diese Bombenattrappe auf dom Parkplatz Eichplatz in Jena oder das Aufhängen der Strohpuppe an der Autobahnbrücke usw. Das ist bekannt gewesen.” (Protokoll, Bundestag)

Die weimarer Kriminalpolizei war an der Garagendurchsuchung in Jena beteiligt gewesen. Ralf Schmidtmann war von 1995 bis 2000 Leiter der Kriminalpolizeiinspektion Jena/Weimar/Saale-Holzland-Kreis, “welche die Durchsuchungsmaßnahmen vom 26.01.1998 unterstützte”. (Abschlussbericht, thüringer NSU-U-Ausschuss, S. 1708) Er sagte den Parlamentariern außerdem, dass an der Garagendurchsuchung, “ein Beamter der VP-Führung (Vertrauensperson-Führung) aus Jena involviert gewesen sei.”

In seiner Zeit in Saalfeld (1998-2001) war Menzel Chef von Mike Wenzel, des Onkels von Michele Kiesewetter. Die ermordete Polizistin Kiesewetter wäre 2007 vom NSU erschossen worden. Wenzel war im Bereich “Staatsschutz” bis 2003 eingesetzt gewesen, ihm waren die Namen Böhnhardt und Mundlos bekannt.

Menzel war ab 2001 Referent im thüringer Innenministerium (TIM)

Bis 1997 war Thomas Dienel Informant des tLfV. Im Jahr 2000 beauftragte ihn ein Geschäftsmann, einen Auftragsmörder für dessen Frau zu finden. Stattdessen ging Dienel zur Polizei, so dass der Mann verurteilt werden konnte.

Am 07. Juni 2001 befragten ihn weimarer Kriminalpolizisten Andreas Gersthofer und Elmar Mösezahl in seiner Privatwohnung. Der Hintergrund waren laufende Betrugsverfahren. Der Zeuge Dienel wollte jedoch nicht mehr aussagen. Er würde von zwei Personen aus dem rechten Spektrum bedroht werden, die wohl Informanten seien: Er solle seine “Klappe halten”, zu kriminellen Vorgängen im thüringer Innenministerium. Aus dem Innenministerium wären Festplatten gestohlen worden, darin u. a. Abhöhrprotokolle von PKK-Aktivisten. Dienel sagte den beiden Polizisten außerdem, dass er den  damaligen hochrangigen thüringer SPD-Politiker Heiko Gentzel persönlich kennen würde.

Laut der Aussage der Gersthofer und Mösezahl hätten sie ihr Vernehmungsprotokoll jedoch aus dem elektronischen System der Polizei löschen müssen. Wenige Tage nach dem 07. Juni wäre Michael Menzel bei ihnen erschienen und hätte die Löschung verlangt, ohne eine Begründung zu nennen,“in seiner damaligen Funktion in der Abteilung 4”.

Menzel widersprach im thüringer U-Ausschuss: Er sprach zwar mit den zwei Kollegen, hätte jedoch nicht die Löschung des Protokoll angeordnet. Stattdessen hätte er den Vorgang der Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Als Zeugen für seine Version gibt er Dirk Löther an, der ihn begleitet hätte. An eine Begleitung Menzels können sich Gersthofer und Mösezahl nicht erinnern.

Andreas Gersthofer ermittelte Mitte der 90er Jahre gegen die Brüder  Ron und Gil E., die zeitweise Polizeispitzel gewesen waren. Es ging um organisierte Kriminalität etwa das Inverkehrbringen von Falschgeld, “dann der Waffenbesitz.”

“Zu der Zeit gab es meiner Meinung nach keine Bezüge in Richtung Rechtsextremismus. In dem Verfahrenskbmplex war eine Vielzahl von Beschuldigten.”

Das Einsatzgebiet war “Rotlicht und im Bereich Russenmafia.” Es gab Scheingeschäfte.

“Einmal haben wir eine halbe Million Falschgeld sichergestellt und ich habe für über 20.000 D-Mark Waffen gekauft. Dann habe ich einmal für 125.000 falsche Dollar ein Verfahren geführt, und da haben wir auch Waffen gekauft in horrenden Sachen.”

Gersthofer kaufte “Pumpguns und ähnlichen großkalibrigen Waffen”. Die Geschäftspartner waren “Türken, Sinti und Roma, so in die Richtung, aber nie rechte Szene.” Er “benutzte” dabei Personen aus der rechten Szene als Spitzel (“Vertrauenspersonen”).

Laut Gerstberger hätten seine “Ermittlungsergebnisse (…) wahrscheinlich einigen Leuten nicht gepasst.” Ihr Kommissariat in Erfurt wurde Ende 1995 komplett aufgelöst. Staatsanwälte hätten dem damaligen LKA-Chef Uwe Kranz angekündigt, gegen ihn ein Verfahren wegen Strafvereitelung zu eröffnen. Seine Erkenntnisse wurden jedoch “dann erfolgreich erst mal noch ein paar Jahre weiter genutzt”.

Ende 1995 observierte die Polizei Sven Rosemann. Ziel der Observation “war die Erkenntnisgewinnung über ein von Rosemann angelegtes Waffenlager.” Er wurde gefilmt, wie er Langwaffen nach Rudolstadt verbrachte. Eine anschließende Durchsuchung blieb ergebnislos.

Elmar Mösezahl ermittelte von 2002 bis 2011 erfolglos gegen Enrico T. und Jürgen L., wegen des Diebstahles von Geldautomaten. Von 2002 bis 2009 wurden über 20 Automaten aus ihrer Verankerung gerissen, gestohlen und an einem anderen Ort aufgeschweißt. Dazu wären sie laut Mösezahl mit einem “Transporter” zum Zielobjekt gefahren, …

“… haben das Fahrzeug abgestellt, sind mit den Fahrrädern zu dem Tatort gefahren, haben erst mal ausspioniert mit Maske auf”.

Es fanden jedoch keine Festnahmen statt, etwa weil ein Polizist des Sondereinsatzkommandos sich mit einer “dummen Bewegung” verraten hätte, “was weiß ich”. Während eines ganzen Jahres war sogar ein GPS-Sender an dem Auto von Jürgen L. angebracht. Ausgerechnet in diesem Zeitraum fanden jedoch keine Diebstähle statt, nur “Vorbereitungshandlungen”.

“Herr Mösezahl:
In dem Zeitraum, wo wir das GPS angebracht haben, ist es nie mehr zu einer Vollendung gekommen. Die haben’ zwar die Vorbereitungshandlungen gemacht, sind da reingefahren und haben womöglich auch observiert, aber, wie gesagt, zu einer direkten Handlung ist es nie gekommen, denn dann hätten wir sie ja festgenommen, dann hätten wir sie gehabt.”

“Herr Mösezahl:
Ja, das ist ja das auch, was uns verwundert hat. Wie gesagt, in dem Zeitraum, wo wir sie überwacht haben – das ist ja ungefähr ein Jahr gewesen, mit dem GPS -, da ist nichts passiert. Zumindest in dem Zeitraum sind keine Automaten rausgeholt worden.
Abg. Henke:
Verstehen Sie mich nicht falsch! Es wurde hier im Ausschuss schon mal gesagt, dass es durchaus auch einen Informationsabfluss gegeben hat innerhalb der Polizei. In dem
Zusammenhang: Können Sie sich vorstellen, dass da so was passiert ist?
Herr Mösezahl:
Nein.”

Die Staatsanwaltschaft lehnte es ab, ein Verfahren gegen organisierte Kriminalität (OK) zu eröffnen. Nicht einmal dann, als ein dritter Komplize ausstieg und Todesdrohungen von Jürgen L. erhalten hätte. L. würde Langwaffen besitzen.

“Vors. Abg. Marx:
Die Abgabe des Verfahrens, also die versuchte Abgabe an OK, war jetzt auf diesen Vorgang gerichtet, auf die Morddrohung gegen den K. (phon.) oder allgemein?
Herr Mösezahl:
Allgemein. Es kann doch nicht sein, der macht hier Aussagen – der L. hat Waffen, der hat soundso viele Langwaffen, der hat Kurzwaffen -und da passiert nichts.”

Just am 11. Juni 2001 verfasste Menzel eine 20-seitige Gefährdungsanalyse der Brüder Ron und Gil E.. Ob ein Zusammenhang mit seinem Aufeinandertreffen mit Gerstbauer/Mösezahl besteht, ist offen.

Könnte es sein, dass Dienel von den Brüdern E. oder von Enrico T. und Jürgen L. bedroht wurde? Der thüringer Ausschuss hörte Dienel nicht, weil er Rechten kein Forum bieten will!

Michael Menzel dementierte im Ausschuss erst, mit den Brüdern etwas zu tun gehabt zu haben.

Abg.König.Preuss:
Hatten Sie jemals etwas mit Ron und Gil E. zu tun?
Herr Menzel:
Das hatten wir beim letzten Mal schon – nein.”

Als ihm jedoch seine 20-seitige Gefährdungsanalyse präsentiert wurde, kehrten seine Erinnerungen zurück. Er betonte, dass er die Analyse als Leiter des Dezernats 62 (Organisierte Kriminalität) unterschrieb, welches im Landeskriminalamt (LKA) angesiedelt war.

Die Abgeordnete König fragte ihn daraufhin, wie seine Unterschrift auf die Analyse des LKA´s kam, wenn er doch in der Zeit im Innenministerium tätig war. Er sprach ja mit Gersthofer/Mösezahl als Vertreter der Polizeiabteilung des Innenministeriums!

Menzels Antwort war, dass er “Ende Mai oder Juni” vom LKA ins TIM wechselte. Da seine Verantwortlichkeit “nachläuft”, könnte die Analyse ihm ins Ministerium nachgeliefert worden sein. Trotz des Dienstellenwechsels hätte er die Analyse als Dezernatsleiter 62 noch unterschrieben, obwohl er schon im Ministerium war. Es könnte auch sein, dass sein Gespräch mit Gersthofer und Mösezahl später stattgefunden hat. Deren Vernehmungsprotokoll könnte irgendwo “zwischengeparkt” worden sein.

Der genaue Inhalt seiner Analyse ist nicht bekannt. Nichtsdestoweniger ist es bemerkenswert, dass Menzel sich intensiv mit den Brüdern E. befasste. Zum einen waren sie in den 90er Jahren Polizeispitzel gewesen, zum anderen führt von ihnen eine direkte Spur zum (angeblichen) Lieferanten der Ceska-Mordwaffe, Hans-Ulrich M.. Laut der Anklageschrift der Bundesanwaltschaft wäre die Ceska-Mordwaffe von Hans-Ulrich M. über Jürgen L., Enrico T und anderen zum “NSU-Trio” gelangt.

Laut eines MDR-Berichts belegen Aktenfunde, dass beide Zwillingsbrüder Ron oder Gil Eh. in Kontakt zu Hans-Ulrich M. in der Schweiz standen!

“Immer wieder finden sich in alten Ermittlungsakten Hinweise darauf, dass die beiden Jenaer Unterwelt-Brüder Kontakt zu M. hatten und auch in der Schweiz gewesen sein sollen. In seiner Zeugenvernehmung sagte auch Ex-Banden-Mitglied Thomas M., dass Waffen aus der Schweiz nach Jena gebracht worden seien.“ (nsu-leaks)

Hans-Ulrich M. war in den 90er Jahren mit Enrico T. befreundet gewesen, der wiederum mit Uwe Böhnhardt. Laut Aussage der damaligen Freundin von Enrico T. hätte sie bei ihm eine “MP Uzi, ein Gewehr, zwei Pistolen, einen Schießkugelschreiber” gesehen, und:

“In der Garage von T. an der Kläranlage hätte er noch weitere Waffen, er hätte auch mit einer Schusswaffe mit selbst gebautem Schalldämpfer auf eine Lampe geschossen.”

In einem Aktenauszugs, veröffentlicht im Blog „nsu-leaks„ steht, dass es im Jahr 1996/1997 ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Gera gegen Enrico T., Hans-Ulrich M. sowie einem der Brüder E. gegeben hätte, wegen des Verdachts der gemeinschaftlichen Erpressung. Folgende Personen wären dort „in Erscheinung“ getreten:

„(…) Müller, T. sowie mindestens einer der Brüder Eh. (…). Die Namen T. und Eh. fallen u. a. in Zusammenhang mit Straftaten als Kontaktpersonen des Müller nach Deutschland.“

2009 übernahm Michael Menzel die Polizei in Gotha, zu der die Dienststellen Eisenach, Gotha und Ilmenau gehören. Im Januar 2008 beantragte die Polizeidirektion Gotha, dass Uwe Böhnhardt weiterhin in der Tatmitteldatei des Bundeskriminalamtes geführt wird. So löschte das BKA aufgrund der 10-jährigen Verjährung der “Bombenwerkstatt” nur Uwe Mundlos und Beate Zschäpe.

Auf Nachfrage der Bundestags-Abgeordneten, warum Böhnhardt nicht ebenfalls gelöscht wurde, bezweifelte Menzel die Angaben des BKA´s. Eine Fristverlängerung würde keinen Sinn machen für jemanden, den wir nicht führen.”

“Also, die Logik, die sich dahinter verbirgt, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Aber a) ich hätte jetzt gefragt: Dann soll doch das BKA mal bitte den Antrag von der PD Gotha vorlegen, und b) umgekehrt in der PD Gotha müsste ja zumindest ein Nachweis auch dafür liegen. Und den finde ich ja logischerweise nur in meinem KAN-Akten-Bereich, wenn ich zu Mundlos einen Hinweis habe. Die PD Gotha hat über die gesamte Zeit keinen KAN-Aktenbestand zu Böhnhardt. Punkt. Es gibt keinen KAN-Aktenbestand, also gibt es auch keinen logischen Grund, irgendeine Fristverlängerung für jemanden zu beantragen, den wir nicht führen.”

Der Bundestags-Ausschuss lag eine Notiz vom 11.11.2011 vor, welche während einer Besprechung der Gothaer Polizei gefertigt wurde. Ein Herr Schlunzen protokollierte folgende Aussage:

“Zumindest eine Person des Trios soll bis 2003 Mitarbeiter beim polizeilichen Staatsschutz gewesen.”

Dies dementierte Menzel entschieden: Die thüringer Polizei würde keine Informanten aus der rechten Szene führen.

“Nein, kann ich mich nicht dran erinnern, Und ich sage es noch mal: In der Thüringer Polizei ist die Führung von V-Personen aus der rechten Szene insbesondere der Polizei untersagt gewesen. Man hat – -.”