Erschoss heilbronner Polizistenmörder das Opfer kniend?

Am 25. April 2007 schossen Unbekannte zwei böblinger Bereitschaftspolizisten in Heilbronn in die Köpfe. Die Polizistin Kiesewetter starb, ihr Kollege Arnold überlebte. Der Angriff wird heute dem „National-Sozialistischen-Untergrund“ (NSU) zugeschrieben und als „heilbronner Polizistenüberfall“ bezeichnet. Nach meiner Recherche sollte das Verbrechen eher in „Polizisten-Hinrichtung“ umbenannt werden.

Über Jahre analysierte ich die heilbronner Ermittlungsakten der Sonderkommission (Soko) und schrieb darüber das Enthüllungsbuch „Wer erschoss die Polizistin Michèle Kiesewetter? Fatima J.: „Ich persönlich denke, dass es ein Terrorist war oder ein Bekannter. Das war bestimmt kein dummer Mann. Es war jemand, der Hass auf die Frau hatte.“1 Da ich keinen Verlag fand, veröffentliche ich weitere Auszüge in meinem Blog „Friedensblick“.

Michèle Kiesewetter (MK) fuhr gegen 13:30 vom Polizeirevier zur heilbronner Theresienwiese (TW) und parkte gegen 13:50 im nord-westlichen Bereich. Die Täter griffen Kiesewetter zusammen mit ihrem Kollegen Martin Arnold (MA) an. Der BMW-Streifenwagen war neben einem Trafohaus geparkt. Die Schüsse ereigneten sich um 13:58.2

Als der heilbronner Polizist Joachim Thomas gegen 14:22 am Tatort eintraf, saß MK auf dem Fahrersitz und hing seitlich aus der geöffneten Fahrertüre heraus. MA lag neben dem Streifenwagen auf der Beifahrerseite, seine Füße lagen erhöht auf dem Schweller des Wagens.

Soko „Parkplatz“, Ermittlungsordner 1, S. 119, Rekonstruktion der Auffindesituation, https://fdik.org/nsuleaks/Ordner%201.pdf

Im baden-württemberger (bw) parlamentarischen Untersuchungsausschuss (UA) sagte Herr Thomas:

„Ich war dann mit der Kollegin Kind als Erstes vor Ort. Bei unserem Eintreffen in die Theresienwiese stand dieses Taxi, der hat uns gezeigt in die Richtung Streifenwagen und ist dann aber auch davongefahren, ist also nicht vor Ort geblieben.

Wir sind dann zu dem Fahrzeug hingefahren. Von weiten hat man eigentlich schon gesehen, dass beide Türen offenstanden und, dass die Uniformteile, damals noch bambusfarben, waren unter der Tür, so war meine Wahrnehmung, wie ich mich noch erinnern kann, sichtbar, dass da was liegt oder, dass die Kollegen da liegen, teilweise also zumindest erkennbar, dass da was irgendwas ist.

Ich bin dann hin, auf die Fahrerseite, wo die Kollegin Kiesewetter war, hab die dann teilweise rausgezogen, hab aber gesehen, dass ich da jetzt in dem Moment keine erste Hilfe leisten kann, für mich war die Kollegin schon verstorben, hab mich dann auf die andere Seite gewandt zu dem Kollegen, bei dem den Puls gefühlt, daraufhin hat der dann die Augen geöffnet, hab dann die ersten Maßnahmen noch eröffnet, um ihm das zu erleichtern, Hemd geöffnet (…)“ (Audiodatei, Radio Dreyeckland) 

Hermina Z. wurde wohl Zeugin der Szene: Sie ging zu Fuß gegen 14:22 am Tatort vorbei. Sie bemerkte einen Streifenwagen aufgrund seiner eingeschalteten Sirene. Ein Taxifahrer zeigte einem ausgestiegenen Polizisten den Tatort. Es dürfte sich hier um Ralf D. und den heilbronner Polizisten Joachim Thomas gehandelt haben. Dann hätte der Polizist die bereits am Boden liegende MK „am Kopf angefasst”3. Anschließend ging er auf die Beifahrerseite.

Noch am Tattag schrieb Joachim Thomas in seiner Anzeige, dass beide Opfer „im Dienstfahrzeug sitzend erschossen“4 wurden, obwohl MA ja neben dem Streifenwagen liegend angetroffen wurde. Für die Kriminalpolizei Heilbronn stand, offenbar wegen einer angenommenen Pausensituation, schnell fest, dass die Opfer im Streifenwagen saßen, als sie angriffen und beraubt wurden. In der Fallanalyse vom 21. Mai 2007 steht, dass die Opfer gerade eine Pause gemacht hätten. Dafür spräche etwa, dass sie nicht angegurtet und die Fenster heruntergekurbelt waren. Es befanden sich auf dem Fahrer- und Beifahrersitz jeweils eine nicht ausgedrückte Zigarettenkippe, außerdem war die „Vesper (…) bereits eingekauft und wurde mitgeführt.“

Hypothese: Wollten Kiesewetter und Arnold eine Kontrolle durchführen?

Antonia S. war eine Freundin von Arnold und Bereitschaftspolizistin in Biberach: Nach dem Überfall fuhr sie in die böblinger Kaserne und wartete mit Kollegen auf Nachrichten aus dem Krankenhaus. Am 02. Mai 2007 schilderte sie der Soko, dass ihre Kollegen einem Drogengeschäft bei einer „Kontrollstelle“ zugeschaut hätten. Kiesewetter stand außerhalb des Streifenwagens, Arnold wollte gerade eine Abfrage machen, als sich das Verbrechen ereignete.5 Die böblinger Bereitschaftspolizistin Sandra Bärbel P. sagte in ihrer Vernehmung am 23. Juli 2007, dass sie im Zuge einer Drogenfahndung von der heilbronner Polizei zur TW geschickt wurde. Ihr Einsatz „sichere City“ fand am 7. April 2007 statt.6

Handelte es sich um eine Vergeltungsaktion der Drogenmafia, etwa für durchgeführte Festnahmen in Heilbronn und Neckarsulm? Waren die böblinger Bereitschaftspolizisten nicht Zufallsopfer, genauso wie die Ceska-Mordopfer, die von Unbekannten bedroht und erpresst wurden? Darüber schrieb ich bereits einen Artikel.

Ich stelle einen alternativen Tatablauf vor und vergleiche sie mit der Annahme der Soko. Ich untermauere meine Bewertung mit den Ergebnissen verschiedener kriminaltechnischer Untersuchungen.

Überfall oder Hinrichtung?

Soko-Darstellung

Gemäß der behördlicher Darstellung saßen beide Opfer auf dem Fahrer- bzw. Beifahrersitz, als ihnen in die Köpfe geschossen wurde. Dort verblieb MK, bis sie von Joachim Thomas aus dem Fahrzeug herausgezogen wurde. Die Auffindesituation Arnolds erklärt die Soko damit, dass, als der Angreifer Arnold die Dienstwaffe aus dem Holster entriss, das Opfer aus dem Wagen herausfiel.

Soko „Parkplatz“, Ermittlungsordner 1, S. 152, Schussrichtungsbestimmung, https://fdik.org/nsuleaks/Ordner%201.pdf

Kollege widerspricht Soko-Rekonstruktion

Das Landeskriminalamt Stuttgart (LKA) erstellte am 21. Mai 2007 zusammen mit der Fallanalyse eine „ergänzende Lichtbildmappe zur Rekonstruktion“7. Zwei Personen “spielen” in einem baugleichen BMW nach, wie der Angreifer die Waffe aus Arnolds Holster zerrte und dabei den Sicherheitsbügel des Holsters beschädigte. Dies wurde fotografisch dokumentiert. Die Fotos (sollen) veranschaulichen, wie der Kopf Arnolds während des Waffenraubes auf dem Beifahrersitz kam und dort eine Blutlache verursachte. Gleichzeitig war aber die Schwierigkeit, die Blutlache mit der Auffindesituation Arnolds zu verbinden: Arnold lag außerhalb des Beifahrersitzes auf den Boden, die Hose ohne Blutflecken, nur seine Füße waren im Fußraum. Wie konnte das LKA das Problem lösen und die zwei Sachverhalte verbinden?

Verschiedene schwarz-weiß Fotos von schlechter Qualität zeigen, wie der Angreifer die Waffe des im Wagen sitzenden Arnolds packt. Dann zeigt ein anderes Foto den auf dem Beifahrersitz liegenden Arnold: Er ist in Seitenlage, die Füße sind im Fußraum. Sein Kopf befindet sich aber über der Mittelkonsole und nicht über dem Beifahrersitz! Dazu im Gegensatz steht in der Fallanalyse, dass Arnolds Kopf während des Waffenraubes „über die Sitzfläche kommt oder dort ggf. aufliegt“. Die Rekonstruktion widerlegte diese Darstellung: Um das Arnolds Gesicht über die Sitzfläche zu bekommen, hätte der Rumpf so weit aus dem Fahrzeug ragen müssen, dass Arnold aus dem Fahrzeug hätte fallen müssen. Es war dem LKA unmöglich, ihren Ablauf des Waffenraubes “nachzuspielen”. Gegen die Rekonstruktion steht auch die Aussage des neckarsulmer Polizisten Jörg H., der als einer der ersten am Tatort war und erste Hilfe anbot: Ein Kollege hätte Arnolds Beine „auf den Bodenholm der Beifahrerseite aufgelegt“8.

“Auffindesituation” oder befand sich Arnold in Schocklage?

Soko „Parkplatz“, Ermittlungsordner 1, S. 119, Rekonstruktion der Auffindesituation, https://fdik.org/nsuleaks/Ordner%201.pdf

Die Beschädigung am Sicherheitsbügel des Holsters ist vielmehr mit seiner Umlagerung erklärbar: Als er in den Rettungshubschrauber getragen wurde, könnten die Ersthelfer am Sicherheitsbügel des leeren Holsters zugepackt haben. Ein Abreißen wäre so auch nachvollziehbar. Auch seine Schulterklappe wurde abgerissen und am Tatort aufgefunden.

Nach meiner Einschätzung kam der heilbronner Polizist Joachim Thomas wesentlich später zum Tatort, erst nachdem andere Polizisten erste Hilfe leisteten und die Opferausrüstung sicherten. Darüber schrieb ich einen Artikel.

Alternative Darstellung, knieende Hinrichtung

Nach meiner Hypothese stand Kiesewetter außerhalb des Wagens, als sie mit vorgehaltener Waffe bedroht wurde. Sie musste mit erhobenen Händen neben der geöffneten Fahrertüre niederknien, Blickrichtung Beifahrersitz. Im Moment der Schussabgabe drehte sie den Kopf nach links, um den Schützen zu sehen. Arnold musste aus dem Streifenwagen aussteigen und neben der geöffneten hinteren Türe der Beifahrerseite niederknien. Nach dem Todesschuss setzten die Täter MK auf den Fahrersitz, ihr Oberkörper hing seitlich heraus.

Arnold wurde ebenfalls außerhalb des Streifenwagens angeschossen. Der Täter schoss den vor ihm knieenden Arnold vorne rechts in den Kopf. Auch Arnold hatte seine Hände erhoben. Der Täter hob Arnold nach dem Kopfschuss vom Boden auf und wollten ihn ebenfalls auf den Beifahrersitz verfrachten. Aufgrund seines größeren Gewichts konnte der Täter ihn aber nicht auf den Beifahrersitz setzen. Daher legte er Arnolds Kopf und Oberkörper auf die Sitzfläche des Beifahrersitzes ab. Die Knie berührten den Boden. Die Beine waren also außerhalb des Wagens.

Eigene Darstellungen – Rekonstruktion der knieenden Hinrichtung

Welchen Nutzen hatten Täter?

Der Sinn der Umlagerung erscheint nicht auf den ersten Blick. Allerdings erreichte der Täterkreis damit sein Ziel: Die Soko ließ sich täuschen und nahm an, dass die Opfer während der Schussabgaben im Wagen saßen. Damit verlor die Tat den individuellen „Bestrafungs- und Abrechnungscharakter“ einer knieenden Hinrichtung. Auf diese Weise konnte die Vorgeschichte vertuscht werden. Die Opfer erscheinen als Zufallsopfer, die am falschen Ort, an der falschen Stelle waren, der gezielte Hinterhalt wird zu einem bloßen „Überfall“ von Verrückten.

Vergleich offizieller und alternativer Tatablauf

1. Ergebnisse der Schmauchgutachten am 15. Mai 2008

Bei jedem Schuss verbrennt Schießpulver in der Schusswaffe. Diese Rückstände, Schmauch, verlassen die Waffe, setzen sich im Nachbereich ab und können nachgewiesen werden.

Schmauch befand sich auf der Fahrerseite weder an der Nackenstütze, noch am Türrahmen. An Kiesewetters Hemd gab es ebenfalls keinen Schmauch.9 Daher schloss das Schmauchgutachten einen Nahschuss aus. Der Täter muss mindestens 60 bis 90 cm entfernt gestanden sein. Im Gegensatz dazu befand sich an ihrer rechten Hand drei und an der linken Hand vier Schmauchteile. Der Befund wird von Ermittlern im NSU-Prozess damit erklärt, dass Schmauchteile im Fahrzeuginneren „herumvagabundiert”10 wären. Bei Arnold handelte es sich um einen Nahschuss, weil an seinem Hemdkragen Schmauch war, genauso wie an seiner rechten Hand. Trotzdem gab es auf der Beifahrerseite ebenfalls keinen Schmauch, weder an der Nackenstütze noch am Türrahmen.

Bewertung

Als das Projektil Kiesewetters Kopf gerade durchschlug, setzte sich Schmauch an ihren erhobenen Händen ab. Es befindet sich deshalb kein Schmauch, weder an den Türrahmen noch an den Nackenstützen, weil sie außerhalb des Wagens erschossen wurde.

Obwohl es sich bei Arnold um einen „Nahschuss“ handelte, war (genauso wie auf der Fahrerseite) weder am Türrahmen der Beifahrerseite noch an der Nackenstütze Schmauch gewesen. Dies kann damit erklärt werden, dass MA während der Schussabgabe tatsächlich nicht auf dem Beifahrersitz saß, sondern ebenfalls neben dem Wagen kniete, mit erhobenen Händen. Da das Projektil nicht gerade seinen Kopf durchschlug, befindet sich nur an seiner rechte Hand Schmauch.

Wenn die Angreifer wirklich seitlich in das Auto gefeuert hätten, und die Opfer auf den Sitzen saßen, dann wäre wahrscheinlich an beiden Türrahmen und an den Nackenstützen Schmauch gewesen.

2. Schusskanalverlauf

Die Rechtsmedizin erstellte am 30. Mai 2008 ein Gutachten über den Schusskanalverlauf. Die Grundlage war ein Auftrag der Soko vom 15. Oktober 2007 in der gefragt wurde, ob die „Standorte der beiden schießenden Täter“ bestimmt werden könnten, auch ihre „Schussentfernung“. Eine Frage war auch, welche „Sitzpositionen bzw. die Kopfstellung die Opfer“ hatten.11 Die Rechtsmedizin führte dementsprechend den Auftrag aus und veranschaulichte den Angriff anhand verschiedener Grafiken:

  • Arnold traf das Projektil, als er auf dem Beifahrersitz saß. Er drehte im Moment der Schussabgabe seinen Oberkörper samt Kopf nach rechts zur B-Säule. Das Projektil traf ihn vorne rechts im Gesicht. In seiner Gerichtsaussage betonte Prof. Dr. Wehner: „Martin Arnold muss sich dem Täter zugewandt haben.”12 Das Projektil wurde allerdings im Kopf abgelenkt und trat am Hinterkopf zum Großteil wieder aus. Es schlug seitlich in den Fahrersitz ein.13
  • MK sitzt auf den Grafiken auf dem Fahrersitz. Sie drehte ihren Kopf gleichfalls nach rechts. Das Projektil durchschlug ihren Kopf, flog durch den Fahrerraum und verursachte eine Kerbe an der Wand des Trafohauses.
  • Das Projektil, welches MK traf, flog haarscharf am Brustkorb Arnolds vorbei. Dies war (wenn überhaupt) nur dann möglich, wenn folgende Punkte erfüllt gewesen wären: Er lehnte sich beim Schuss gegen seinen Sitz, sein Kopf befand sich auf Höhe der B-Säule und der Beifahrersitz war ganz nach hinten verschoben. In der Fallanalyse steht aber, das beide Schüsse fast gleichzeitig abgefeuert wurden, und beide Opfer sich in dem Moment dem Angreifer auf der Beifahrerseite zugewandt hätten. In diesem Fall hätte Arnold aber das Projektil treffen müssen, welches MK tötete.
  • Der Arnold-Angreifer war Rechtshänder: Wenn ein Linkshänder auf Arnold geschossen hätte, dann wäre er bei der Schussabgabe zwischen A- und B-Säule der Beifahrerseite gestanden. Damit wäre er in der direkten Schussbahn des anderen Schützen gewesen und getroffen worden. Abgesehen davon gingen die Schützen ein großes Risiko ein: Sie schossen jeweils in die Richtung, wo der andere stand. Seit Ende 2011 wird behauptet, dass der Schütze, der auf Arnold feuerte, Uwe Böhnhardt gewesen wäre, Problem: Böhnhardt war Linkshänder. Nach Wehners Berechnungen wäre der Kiesewetter Todesschütze „wahrscheinlich etwa 190 cm groß“14 gewesen. Problem: Uwe Mundlos war 180 cm groß. Trotz weiterer fehlender Beweise, siehe Artikel, (etwa keine DNA-Spuren etc.), werden die beiden Männer weiter für das Verbrechen verantwortlich gemacht. Damit will ich aber keineswegs andere Rechtsextreme als Täter ausschließen.

3. Blutspuren-Analyse Mitte 2010

Ermittler tupften gezielt 13 Blutbereiche im Opferfahrzeug ab.15 Am 11. Mai 2010 legte der Spurentechniker Manfred Nordgauer dem kriminaltechnischen Institut zwei „kleine Kartons“ mit 31 Wattestäbchen vor. Am 03. Dezember 2010 beauftragte die Soko-neu die Gesellschaft für rechtsmedizinische Untersuchungen in Tübingen, die „möglichen Tatabläufe im Fahrzeug anhand der Blutbilder“ zu rekonstruieren. Am 26. Juli 2011 präsentierte Prof. Dr. Wehner erste Teilergebnisse. Im Ermittlungsordner 54 befinden sich Grafiken, die die Verteilung des Blutes Kiesewetters im Wagen veranschaulichen:

  • Eine schwarze Linie zeigt den Verlauf der Blutspur, die durch den Austritt des Projektils aus ihrem Kopf verursacht wurde. In einer geraden Bahn spritzte ihr Blut über die Fußmatte und den Schweller der Beifahrerseite! Ihr Blut konnte nur deshalb dort landen, weil offensichtlich MA zum Zeitpunkt der Schussabgabe nicht auf dem Beifahrersitz saß. Wäre er auf dem Beifahrersitz gesessen, wäre ihr Blut stattdessen auf seiner Hose gewesen.
  • Eine gelbe gestrichelte Linie zeigt zusätzlich die Flugbahn des Projektils, welches MK traf. Das Projektil (gelbe Linie) durchdringt den Brustbereich von Arnold, der auf dem Beifahrersitz sitzt und sich nach rechts dreht.16
  • Dort, wo die gelbe Linie (Flugbahn Projektil) und schwarze Linie (Blutspritzer) ihren Anfang nehmen und zusammentreffen, befand sich Kiesewetters Kopf im Moment der Schussabgabe – außerhalb des Wagens.
  • Nach dem gezielten Todesschuss fiel ihr Körper zu Boden, ihr Kopf prallte gegen den Türschweller der Fahrerseite. Dort befinden sich horizontal verlaufende Blutspuren. Die Spritzrichtung des Blutes steht im Einklang mit dem Aufschlag des Kopfes im dortigen Bereich. Das Blut verläuft seitlich am Rahmen entlang, von rechts nach links. Schwarze Linien in der Blutspuren-Analyse verdeutlichen auch hier den Ursprung: Exakt den Ort, wo Kiesewetters Kopf nach dem Kopfschuss aufprallte, auf dem Schweller auf Höhe des Fahrersitzes.

Links Ausschnitt Tatortfoto aus Ermittlungsordner 1, S. 123, https://fdik.org/nsuleaks/Ordner%201.pdf. Rechts: Eigene Abbildung der Rekonstruktion des Kopfaufschlages auf Schweller.

  • Da sie eine Sonnenbrille aufhatte, verursachte die Brille beim Aufschlag kleine Gesichtsverletzungen. Die Gerichtsmedizin stellte Verletzungen an ihrer linken Wange und Augenbraue fest. Im Obduktionsbefund wird über eine eventuelle unsanfte Umlagerung durch die Spurensicherung spekuliert.17
  • Auf dem Schweller gab es vertikal verlaufende Blutrinnsale, auf Höhe des Fahrersitzes. Sie verlaufen von oben nach unten: Diese Spuren können nur schwerlich davon verursacht worden sein, dass MK mit ihrem Oberkörper vom Fahrersitz heraushing. Ihr Blut wäre dann vom Schweller auf Höhe der Fußablage heruntergelaufen. Nachdem sie auf den Fahrersitz gehoben wurde, befand sich ihr herunterhängender Oberkörper auf Höhe des Fußraumes. Außerdem sagten Augenzeugen aus, dass ihr Kopf nicht auf dem Schweller lag sondern frei herunterbaumelte. Es hätte den Eindruck gemacht, „dass sie vielleicht von unten am Wagen etwas anschaut.“18Dann wäre ihr Blut von der Kopfwunde direkt auf den Boden heruntergetropft. Das heißt: Die vertikalen Blutrinnsale rühren zum Großteil davon her, dass MK nach dem Todesschuss für kurze Zeit außerhalb des Wagens auf dem Boden lag, mit dem Kopf auf dem Schweller liegend.

Die Leser können sich selbst ein Bild machen: Setzen Sie sich auf den Fahrersitz Ihres Autos und lassen Sie Ihren Kopf seitlich heraushängen. Berührt Ihr Kopf den Schweller? Wo befindet sich in dem Moment der Kopf – auf Höhe des Fahrersitzes oder auf Höhe des Fußraumes?

Es gibt keine Blutspuren-Analyse des Arnold-Angriffs

Nach der NSU-“Enttarnung” meldete sich am 03. Februar 2012 der damalige Leiter der Soko-neu Alex Mögelin bei Prof. Dr. Wehner und stoppte weitere Analysen, mit folgender Erklärung:

Obwohl „bislang nur Frage 1 mittels eines Teilgutachtens (…) beantwortet“ wurde, ist „die Erstellung weiterer Teilgutachten zu den Fragen 2-4 gestoppt.“ Es hätten sich neue Ermittlungsansätze seit dem 04. November 2011 ergeben. An dem Tag tauchten die erschossenen Mundlos, Böhnhardt in einem Wohnmobil auf, zusammen mit den Dienstwaffen von MK und MA. „Die für die Sonderkommission entscheidende Frage, ob unter zu Hilfenahme entsprechender Gutachten eine Aussage darüber getroffen werden kann, ob die Schussabgaben und die Wegnahme der Waffen eine Tathandlung war, ist nicht mehr relevant. Die Tatsache, dass die Tatwaffen und die entwendeten Gegenstände bei der NSU aufgefunden wurden, lässt den Schluss zu, dass die Handlungen nicht von zwei unabhängig agierenden Gruppen oder Tätern durchgeführt wurden.“.19

Genauso gab es keine Blutspuren-Analyse beim Mordfall Mundlos/Böhnhardt, siehe Artikel.

Freiwillige Erkenntnisblockade

Über meine Ermittlungen informierte ich Generalbundesanwalt Dr. Peter Frank am 07. Juni 2019, ohne dass ich eine Antwort erhielt. Nach meiner Einschätzung verdeckt der Staat durch das heute angenommene Tatmotiv „Rechtsterrorismus“ die Hintergründe der Ceska-Mordserie sowie des Polizistenmordes: Mundlos und Böhnhardt hätten einfach wahllos, aus Hass, irgendwo, irgendwelche Menschen mit Immigrationshintergrund und Polizisten erschossen. Dabei verbindet nach meinem Täterprofil, die sorgfältige Auswahl der Tatorte und der Opfer alle sogenannten „NSU-Morde“- siehe Artikel.

Was vertuscht der Staat?

Werden illegale Aktivitäten verdeckt, in die Staaten auf politische Weisung verwickelt sind? Darf der deutsche Staat auch aus Staatsraison zur USA das Verbrechen nicht aufklären? Dafür gibt es Hinweise:

Die Sauerlandgruppe und Mevlüt Kar

Die Salafisten wollten 2007 US-Einrichtungen in Deutschland in die Luft sprengen. Inländische Sicherheitsbehörden und US-Dienste überwachten sie rund um die Uhr. Böblinger Bereitschaftspolizisten schützten US-Kasernen.

Das Magazin „stern“ berichtete bereits 2010, dass das führende Mitglied Mevlüt Kar die Zünder der sauerländer Bomben organisierte, und es einen Bezug zum Polizistenmord gäbe. Es hätte eventuell ein Waffengeschäft gegeben, „arabische Personen [hätten] einen zweistelligen Millionenbetrag in bar zu einer Bank im Raum Heilbronn gebracht, um ihn überweisen zu lassen.“20 Ende November 2011 zitierte der „stern“ aus einem Protokoll des US-Militärgeheimdienstes DIA: US-Agenten observierten Mevlüt Kar, als er Geld bei der Santander-Bank einzahlte und danach auf die Festwiese zurückkam. Dort hätten sie den Angriff beobachtet, wortwörtlich heißt es im US-Protokoll: „Zwischenfall mit Schusswaffen, in die BW Ops Offizier mit Rechtsextremen und regulärer Polizeistreife vor Ort verwickelt waren.“21 Dem widersprachen die deutschen Behörden und die US-Botschaft: Das Protokoll ist eine Fälschung. Kar hielt sich am 25. April in der Türkei auf. 2018 war allerdings in der „Süd West Presse“ zu lesen, dass Kar „nur bis 22. April 2007 genau beobachtet wurde. Unklar bleibt, wo er sich in danach aufgehalten hat.“22 Obwohl ein internationaler Haftbefehl vorliegt, lebt Mevlüt Kar unbehelligt in der Türkei und wird zur Sache nicht vernommen.

Der bayerische Rundfunk (BR) berichtete aus Vernehmungsprotokollen und US-Fahndungsunterlagen, die aus dem Jahr 2007 stammen. Der Salafist Issa S. wäre „bei der Übergabe von Sprengzündern beteiligt gewesen.“23 Der BR führte weiter aus, dass „er zum Mord in Heilbronn befragt werden [sollte], die Ermittler hacken jedoch laut Akte nicht weiter nach.“ Im BR-Bericht wurde eine abgefangene email gezeigt, dass ein Terrorist ein „Geschenk“ kaufte und übernahm. Die Zünder gingen just am 25. April in der Türkei an die Gruppe.

Ricarda Lang war im Gerichtsverfahren eine Anwältin der sauerlander Salafisten. Sie bestätigte im baden-württemberger Untersuchungsausschuss: Issa S. hätte ihr erzählt, dass am 25. April auf der TW ein Waffengeschäft abgewickelt werden sollte. Ihr Anwalt Jan Bockemühl sagte dem BR: „Ich kann nur sagen, was meine Mandantin erfahren hatte: Es ging um Waffen und es ging um Übergabe von Waffen und das sei beobachtet worden.“ Wo sich Issa S. heute befindet, ist unbekannt. Hinweise, dass Issa S. ein Informant des hessischen Verfassungsschutzes gewesen wäre, werden seitens der Behörden zurückgewiesen. Als Lang auf eine mögliche Informantentätigkeit angesprochen wurde, war ihre Antwort im bw UA: „Ich hatte diese Erkenntnis nicht.“24

Beschaffte der US-Geheimdienst CIA den Sauerländer Islamisten Bombenzünder und erhielt dafür vergünstigt Drogen?

Mevlüt Kar war in Istanbul von August 2002 bis November 2003 inhaftiert. Kar wäre spätestens während der Haft vom türkischen Geheimdienst MIT angeworben worden.“Anscheinend stand Mevlüt Kar auch mit der amerikanischen Central Intelligence Agency (CIA) in Kontakt bzw. seine Hinweise wurden vom MIT an die CIA weitergegeben.”25 Laut des MIT wäre die Zusammenarbeit schon 2002 wieder beendet worden. Allerdings gründete und bewaffnete Kar seit seiner Entlassung islamistische Terrorzellen, die er an die Sicherheitsbehörden verriet, darunter auch die Sauerlandgruppe. Der Sauerländer Terrorist Attila S. beschrieb Kar als „radikalen Islamisten mit Mafia-Bezug.

Alexey B. war 2009 ein Mitglied der im Raum Heilbronn operierenden Russen-Mafia: Ihm wurde erzählt, dass die Bande am Tattag „ein Drogengeschäft mit Türken“26 abwickeln wollte, dem die Bereitschaftspolizisten in die Quere kamen. Tatsächlich gingen Bereitschaftspolizisten der Standorte Böblingen und Göppingen im Vorfeld des Verbrechens gegen die neckarsulmer „NSU-Russen“ vor. Waren die Bereitschaftspolizisten einerseits zum Abdecken des Drogen- und Waffengeschäfts am Trafohaus eingesetzt gewesen, siehe Artikel, gleichzeitig gingen sie aber andererseits gegen die schwerkriminelle Gruppe vor?

Wurden Kiesewetter und Arnold enttarnt?

Bereits kurz nach dem Polizistenmord kursierten Vermutungen im Kollegenkreis, welchen Hintergrund die Tat gehabt haben könnte: MK hätte als Zivilbeamtin bei „Russen“ kiloweise Kokain gekauft.27 Dann wäre sie anschließend uniformiert tätig gewesen. So wäre sie enttarnt und angegriffen worden. Die „süddeutsche“-Zeitung (sz) spekulierte, dass MK als Zivilbeamtin bei der „Großaktion“28 im Stadtgarten beteiligt gewesen sein könnte. Im Artikel steht weiter, dass der damalige baden-württemberger Polizeipräsident Erwin Hetger daher nach Heilbronn reiste, „um Irritationen zu beseitigen.“ Er betonte, dass kein Zusammenhang „zwischen dem zivilen Einsatz der Polizistin und ihrer Ermordung“ bestünde.

Fallbeispiel: Drogen gegen Waffen

Mitte der 1980er Jahre kam es in Nicaracua zu einem Bürgerkrieg zwischen der rechtsgerichteten Organisation „Contras“ und der linksgerichteten Regierung der Sandinisten. Die „Contras“ konnten 1985 und 1986 tonnenweise Drogen in die USA einfliegen. Im Rückflug transportierten sie Waffen, die sie für die Drogen erhielten. Der Geheimdienst verkaufte die Drogen im US-Schwarzmarkt und finanzierte damit die Waffenexporte.

Der Journalist Gary Webb, der den Skandal aufdeckte, hätte sich laut amtlicher Darstellung mit zwei Kopfschüssen selbst erschossen.

 

Die thüringer Polizei observierte 2007 den Friedhof, in dem Kiesewetter beigesetzt wurde. Obwohl Polizei die Beerdigung bewachte, hatten viele Bereitschaftspolizisten Angst, „dass gleich was passiert“. Daher legten sie sich ihre kugelsicheren Schutzwesten an. Manche Kollegen machten gegenüber der Pastorin Beate Kopf Andeutungen, der Mordfall würde nie aufgeklärt werden:

„Dass sie schon damals also eigentlich ja schon Vermutungen geäußert haben, gesagt haben, also dass, es entsteht der Eindruck, das geht in Kreise hinein, das wird nie aufgeklärt werden. Weil es nicht aufgeklärt werden soll.“ ARD, „Tod einer Polizistin, Das kurze Leben der Michèle Kiesewetter“, 24.04.17

 

1Ordner 5, Seite 215, Aussage von Fatima J., 17.06.09. Sie kam aus der Landfahrer-Großfamilie, die teilweise am Tattag auf der TW campierte.

2Ein Zeuge, der Schüsse hörte, schaute in dem Moment auf seine Funkuhr.

3O. 4-2, S. 198, A. a. 08.06.07

4O. 21, S. 15, Anzeigenaufnahme vom 25.04.07

5O. 8, S. 188, A. a. 02.05.07: „Es wird behauptet, dass das Ganze bei einer Kontrollstelle passiert sei. Er sei im Fahrzeug gesessen und habe eine Abfrage machen wollen und sie sei noch draußen gestanden. Ein weiteres Gerücht besagt, dass die beiden bei einem Drogendeal zugeschaut haben. (…) Es weiß aber keiner etwas Genaues.“

6O. 11, S. 169, A. a. 14.10.10

7O. 13, S. 295, OFA vom 21.05.07

8O. 2, S. 491, Vermerk von Jörg H. 30.04.07: „Seine Beine waren kurz zuvor von einem Kollegen auf den Bodenholm der Beifahrerseite aufgelegt worden.“

9Ordner 28, S. 46 ff. – Obwohl die Untersuchungsanträge schon am 26.4.07, 29.4.07, 01.05.07, 07.05.07 und 15.10.07 gestellt wurden, stammt das Gutachten vom 15.05.08: „An der linken Schulter des Hemdes waren keine Schmauchantragungen vorhanden. Ein Schuss aus dem relativen Nahbereich ist daher eher unwahrscheinlich.“

10NSU-Watch, 77.Verhandlungstag, 22.01.14, https://www.nsu-watch.info/2014/01/protokoll-77-verhandlungstag-22-januar-2014/

11O. 13, S. 186, Rechtsmedizinisches Gutachten vom 30.05.08

12Stuttgarter Zeitung, „NSU-Prozess“, 22.01.14, https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.nsu-prozess-aktuell-zeugenbefragung-wird-fortgesetzt.692d5e95-1c5b-4947-9bd0-17730b2361b6.html

13Vgl. O. 13, S. 196, S. 202

14Stuttgarter Zeitung, „NSU-Prozess“, 22.01.14, https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.nsu-prozess-aktuell-zeugenbefragung-wird-fortgesetzt.692d5e95-1c5b-4947-9bd0-17730b2361b6.html

15O. 1, S. 138

16O. 54, S. 121

17Vgl. O. 22, S. 104, Vermerk vom 29.04.07: „Aufnahme einer Gesichtsverletzung an der linken Wange und an der linken Augenbraue, die von der Umlagerung am Tatort auf dem steinigen Untergrund herrühren könnte.“

18NSU-watch, Pargat Si., 76. Verhandlungstag, 21.01.14: „Sie hätten gesehen, dass die Schulter der Frau am Boden gewesen sei, sie habe gekniet. Sie hätten das Gefühl gehabt, als dass sie vielleicht von unten am Wagen etwas anschaut.“

19Ordner 54, S. 99

20stern, „Die mysteriöse Mafia-Islamisten-Verbindung“, 13.09.10, https://www.stern.de/panorama/stern-crime/heilbronner-polizistenmord-die-mysterioese-mafia-islamisten-verbindung-3885424.html

21Stern, „Waren Verfassungsschützer Zeuge beim Mord an Michèle Kiesewetter?“, 30. November 2011 https://www.stern.de/politik/deutschland/heilbronner-polizistinnenmord-waren-verfassungsschuetzer-zeuge-beim-mord-an-mich%C3%A8le-kiesewetter–3441904.html

22Süd West Presse, „Schon wieder führt eine Spur zu Islamisten“, 19.09.18

23ARD, Report aus München, „Neue Spuren Der rätselhafte NSU-Polizistenmord in Heilbronn“, 21.08.18

24Landtag Baden-Württemberg, NSU-UA, 23. Sitzung, 04.06.18, S. 29

25Telepolis, Gerhard Piper, „Das Arbeitsleben des V-Manns Mevlüt Kar in Deutschland“, 02.12.11, www.heise.de/tp/artikel/35/35986/1.html

26O. 1, S. 237

27O. 12, S. 33, Vorhalt durch Soko-Ermittler am 15.12.10: „Es liegen Aussagen vom engen privaten Umfeld von Michèle KIESEWETTER vor, dass Michèle Angst vor einem Russen hatte, bei dem sie Rauschgift kaufen musste und hier die Rede von kiloweise Kokain war.“

28Süddeutsche-Zeitung, „Quälende Ungewissheit“, 23.05.07, https://www.sueddeutsche.de/panorama/erschossene-heilbronner-polizistin-quaelende-ungewissheit-1.684871

3 Gedanken zu „Erschoss heilbronner Polizistenmörder das Opfer kniend?“

  1. “Welchen Nutzen hatten Täter?”, – offenbar eine zentrale Frage, welche meiner Meinung nach viel zu kurz abgehandelt wird. Ob Zufallsopfer oder nicht, Ziel war es, beide Polizisten zu ermorden und hernach die Tat zu tarnen.

    Wieso die oder der Täter unter diesen Umständen dann das (zeremonielle?) Niederknien verlangt haben sollen, erschließt sich mir nicht. Hierbei würde es sich um eine reine Machtdemonstration gehandelt haben, von welcher sich der oder die Täter im Nachhinein “nichts hätten kaufen können”. Denn die Gedemütigten waren ja tot, bzw. war dies zumindest so geplant gewesen.

    Der Tatort im weithin einsehbaren öffentlichen Raum lässt derartige “Spielchen” auch nicht zu. Ob eiskalt oder wutentbrannt – ich tendiere eher zu letzterem -, solche Täter würden ohne viel Federlesen sofort und ohne “Zeremonie” morden und sich dann sofort vom Tatort entfernen.

  2. Eine Hinrichtung knieender Opfer kostet nicht viel mehr Zeit und hat – bei ausreichend vielen Schmiere stehenden Komplizen – kein übergroßes Zusatz-Risiko.
    Ein Variante, die man durchaus gedanklich durchspielen sollte.

    Ob die Täter selber eine Umlagerung der Toten (aus welchen Gründen auch immer) vornahmen oder vertuschungswillige Kräfte aus dem (Polizei-)Apparat, ist zweitrangig:
    Die rituelle Hinrichtung als Macht-Demonstration am helllichten Tag konnte man ja filmen und das Filmchen an vorab feststehende Adressaten schicken, deren “Schwitzen” der Hauptzweck der ganzen Aktion gewesen sein könnte.

    Mafia-Morde sollen nicht die Öffentlichkeit beeindrucken, sondern ganz wenige, wichtige Personen.
    Wie z.B. “Vertragspartner”, die sich nicht an Abmachungen halten (wollen) und aus Mafia-Sicht einen machtvollen “Warnschuss” benötigen.

    Solche “Vertragspartner” müsste man in der Polizeiführung suchen, denn von der Super-Woman (alias Wattestäbchen-Frau) über verschiedenste ethnische und politische Gruppen bis hin zur verdächtig überschnellen Ermittlungs-Reise der Baden-Württemberger Beamten nach Eisenach-Stregda, hat die “Polizeiführung” alles getan, immer wieder irgendwo irgendwelche neuen Putativ-Täter zu finden, Hauptsache dem eigenen Apparat werden keine unangenehmen Fragen gestellt.

    Die vielen lebendig verbrennenden Zeugen etc. im Umfeld des NSU-Narrativs konzentrieren sich zudem auffällig in Baden-Württemberg – für mich schon immer ein Indiz, dass man auch zum Heilbronner Mord möglichen unangenehmen Fragen innerhalb des (Landespolizei-)Apparats durch Einschüchterung vorbeugen wollte.

    Wenn nämlich Polizisten eine Straftat nie vergessen oder vergeben wollen, dann ist es eben der Polizistenmord.
    Falls die Basis für einen Polizistenmord die Schuld direkt oder indirekt bei der eigenen Führung sieht bzw. immer lauter über diese Möglichkeit nachdenkt, dann sinkt die Loyalität dieser Basis auf den Nullpunkt, was die Führung natürlich ahnt und mit schier panischer Angst vorbeugend verhindern will.

  3. Wenn die Polizeiführung mit Verbrechern “kungelte”, dabei stümperte und deren Rache heraufbeschwor, die dann willkürlich ausgesuchte kleine Polizisten (nicht die Führung) auszubaden haben, dann hat die Führung starke Motive für das Streuen von Nebelkerzen aller Art.

    Die Nebelkerzen gelten der Öffentlichkeit, aber ganz besonders auch dem eigenen Apparat, der u.a. durch verbrennende Zeugen davon überzeugt werden muss, dass es zu gefährlich ist, kritische Fragen zu stellen, Nachforschungen “auf eigene Faust” anzustellen oder die Rolle eines Whistleblowers anzustreben.
    Denn ohne eine solche “Überzeugungsarbeit” könnte sich allzu leicht ein aufklärungswütiges und führungskritisches Netzwerk bilden und der Führung die Kontrolle sowohl über die Basis als auch über das Narrativ entgleiten.

    Aber ist es realistisch anzunehmen, dass ein Bundesland in Deutschland zur Vertuschung eines peinlichen (aber mal angenommen: von nicht-staatlichen Tätern begangenen) Mordes selber gleich eine ganz Mordserie auflegt und dabei etliche eigentlich Unbeteiligte einem grausamen Sterben aussetzt?

    Eher nicht – aber wer sagt denn, dass ein echtes Verbrennen von Zeugen vorlag?

    Zeugen, die in ein Zeugenschutzprogramm kommen, verschwinden aus ihrem bisherigen Leben, ohne dass allzu viele mitbekommen sollen, dass, wo und unter welchem Namen sie ihr Leben weiterführen. Besonders gefährdete Zeugen brauchen – damit die Suche nach ihnen aufhört – nicht nur für ihr neues Leben eine Legende, sondern auch für ihr (vermeintlich endgültiges) Verschwinden.
    Den besten Schutz bietet in diesem Fall ein in den Medien durch ausführliches Beschreiben vielfach bestätigtes Hinweg-Sterben – zumindest wenn keine bohrenden Fragen zurückbleiben.

    Bei Florian Heilig und Arthur Christ bleiben aber solche Fragen reichlich zurück:
    http://friedensblick.de/7905/nsu-wieder-ein-seltsamer-selbstmord-florian-heilig/
    https://friedensblick.de/20812/gibt-es-eine-verbindung-zwischen-umfeld-des-ueberfallenen-polizisten-arnold-und-moeglichen-taeterkreis/

    Bei diesen beiden wäre somit zu hinterfragen, ob ein übermäßig aufgepepptes Verschwinden-Lassen vorlag – ein für deren Wohlergehen eigentlich überhaupt nicht notwendiges (aber – da getürkt – auch nicht schädliches).
    Nämlich eines, das noch ganz anderen Zwecken dient – der Abschreckung kritischer Fragen insbesondere aus dem Apparat heraus zum Heilbronner Mord?

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