NSU-Komplex: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Michael Menzel und Beamte der KPS Eisenach – aktualisiert am 24.03.19; 24.04.19 und 21.06.19

Aktuell sind im Zusammenhang mit dem NSU folgende Verfahren anhängig.

  • 227 Js 22943/17 – wegen Mordverdachts gegen Michael Menzel
  • 227 Js 9836/18 – wegen Verdachts der Beihilfe zum Mord gegen einen Angehörigen der KPS Eisenach
  • 227 Js 20232/18 – wegen Verdachts der Beihilfe zum Mord gegen zwei weitere Angehörige der KPS Eisenach
  • gelöscht, siehe Aktualisierung am 21.06.2019
  • gelöscht, da eingestellt, siehe Aktualisierung 24.03.19
  • gelöscht, da nicht eröffnet, siehe Aktualisierung 24.04.19
  • TH1103-021874-17/2 – Aktenzeichen einer Strafanzeige wegen Verdachts der Falschaussage gegen 12, vom Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss 6/1 vernommene Zeugen (Staatsanwaltschaft Erfurt hat bisher auf schriftliche Anfragen zur Übermittlung des dortigen Aktenzeichens nicht reagiert.

Weitere Auskünfte können erst erteilt werden, wenn das jeweilige Verfahren eingestellt ist. (§ 353d Nr. 3 StGB) Die Veröffentlichung der Aktenzeichen und der Verfahrensgegenstände erfolgt wegen des mittlerweile auch höchstrichterlich festgestellten, erheblichen Aufklärungsinteresses der Öffentlichkeit.

Der Blogbetreiber ist nicht Verfasser der Anzeigen!

Aktualisierung: http://friedensblick.de/31377/staatsanwaltschaft-meiningen-stellt-mordermittlungsverfahren-gegen-michael-menzel-und-michael-lotz-ein/

“Aktualisierung 24.03.2019

227 Js 2791/19 – Geschäftszeichen StA München I – 127 Js 122398/19 – gegen Götzl, Lang, Kuchenbauer, Odersky, und Feistkorn wegen Verdachts der Rechtsbeugung – am 18.03.2019 gemäß § 152 Abs. 2 StPO eingestellt. Ergänzend wurde darauf verwiesen, dass es sich bei den Ausführungen des Anzeigeerstatters um bloße Spekulationen handelt, da die schriftliche Begründung des betroffenen Urteils noch nicht vorliegt.

Der Anzeigeerstatter wird gegen den Bescheid keine Beschwerde einlegen. Denn die Begründung der Verfahrenseinstellung ist aus Sicht eines nicht näher mit dem Gesamtgeschehen befassten Juristen plausibel. Insofern wird der Sachverhalt nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung gegebenenfalls erneut zur Anzeige gebracht.”

Aktualisierung 24.04.19

“Von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wg. Verdachts des Parteiverrats gegen die Zschäpe-Verteidigung wurde mit Verfügung vom 11.04.2019 abgesehen.

Begründung: Keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat. Vielmehr handele es sich um den Vorwurf einer sog. Schlechtverteidigung. Diese aber sei nicht strafbar.”

Aktualisierung 21.06.2019

Von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen BAW Diemer wegen Verdachts der Rechtsbeugung wurde mit Verfügung vom 14.06.2019 abgesehen.

Begründung: Selbst wenn meine sonstigen Schlussfolgerungen zutreffen, ließe sich daraus nicht schließen, dass der Beanzeigte bewusst (sic!) Tatbeteiligte verschleiert hat.


35 Gedanken zu „NSU-Komplex: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Michael Menzel und Beamte der KPS Eisenach – aktualisiert am 24.03.19; 24.04.19 und 21.06.19“

  1. Das zähe Verfahren um Akten-Vernichtung im BfV im November 2011 endete nach über sechs Jahren 2018 für den „ehemaligen hochrangigen Mitarbeiter (…) unter dem Tarnnamen Lothar Lingen “ mit einer Geldauflage (3.000 €).
    Wenn man den klaren Tatwillen des Täters mit dem laschen Verfolgungswillen der Strafverfolger vergleicht, dass muss man befürchten, auch die übrigen Anzeigen werden lange liegen, um möglichst geräusch- und harmlos eingestellt werden zu können:

    „Die Kölner Staatsanwaltschaft wollte den Fall schon mehrmals einstellen, hatte aber die Ermittlungen nach einem Gespräch mit einem WELT-Mitarbeiter Ende 2016 noch einmal aufgenommen. Der hatte den zuständigen Staatsanwalt darauf aufmerksam gemacht, dass M. auch noch Akten schreddern ließ, nachdem er bereits von der Anweisung der BfV-Führung wusste, die es allen Mitarbeitern untersagte, Akten im Amt zu vernichten.“
    https://www.welt.de/politik/deutschland/article174944754/NSU-Verfahren-um-Akten-Vernichtung-nach-Geldauflage-eingestellt.html

    1. Ok. Und? Was schlagen Sie alternativ vor? Revolution? Putsch? Richter, Staatsanwälte, Polizei nur noch mit AfD-Mitgliedern oder mit Leuten besetzen, welche “hart durchgreifen”. Oder Verdächtige zuerst standrechtlich erschießen und hinterher ermitteln. Was genau wollen Sie eigentlich zum Ausdruck bringen? Darf ich Sie mal fragen, was Sie in all den Jahren – von Ihren klugen Kommentaren einmal abgesehen – in der Sache für die Aufklärung geleistet haben?

      Was wollen Sie eigentlich? Wie stellen Sie sich denn Ihren “idealen Staat” vor? Ist es nicht so, dass Sie die Dinge selbst nur aus Ihrer Perspektive beurteilen, ohne auch nur einmal wenigstens zu versuchen, sich in das Denken anderer hinein zu versetzen? Wen wollen Sie denn überzeugen? Ihre Nachbarn, Mitstreiter im Geiste, Leser dieses Blogs?

      Sorry! Haben Sie sich jemals bemüht, die Staatsanwaltschaft von der Richtigkeit ihrer Ansichten zu überzeugen? Haben Sie den 6. Strafsenat angeschrieben und Ihre Ansichten dort mitgeteilt. Haben Sie die Bundesanwaltschaft oder die Verteidigung kontaktiert und Ihr Wissen mitgeteilt? Sie hätten die Staatsanwaltschaft oder KriPo von der Richtigkeit Ihrer Ansichten überzeugen müssen um in der Sache weiter zu kommen. In jedem Staat der Welt läuft dies so. Ob Diktatur, Demokratie, Demokratur egal.

      Nochmal! Wie soll Rechtssprechung in Ihrem gedachten Idealstaat erfolgen? Würden Sie selbst dort gern ein Richteramt inne haben wollen? Wollen Sie Geschworenengerichte, wo dem Richter das Urteil sozusagen von zufällig ausgewählten Nichtjuristen nach Bauchgefühl vorgegeben wird? Ist nicht ironisch gemeint. Seien Sie doch mal konstruktiv, und machen Vorschläge, was und wie Sie diese Dinge – wenn Sie die Macht dazu hätten – verbessern würden.

      Meiner unmaßgeblichen persönlichen Meinung nach, wird es in jedem wie auch immer gearteten Rechtssystem Fälle geben, welche aufgrund des Staatswohls eher zurückhaltend und vorsichtig untersucht werden. Wie wollen Sie einer solchen Tatsache denn ausweichen? Interessant an den vorstehenden Ermittlungsverfahren sind doch nur zwei Dinge, nämlich:

      1. die Begründungen zur Verfahrenseinstellung und
      2. das der Sachverhalt für alle Zeiten aktenkundig ist, was Perspektiven für die Zukunft eröffnen könnte. Denn Morde verjähren nicht.

      Was bitte hätte der Lingen denn ihrer Meinung nach tun sollen? Remonstrieren gegen das Staatswohl? Wofür und warum hätte der den Helden spielen sollen und warum sollte ihn im Angesicht dieser Tatsache auch noch ein Richter hart bestrafen.

      1. Vielleicht können Sie uns gegenteilige „Geheimbefehle“ liefern. Ansonsten bleibt es dabei: Nach der öffentlich bekannten Sachlage hätte „Lingen“ nicht einen Befehl verweigern oder dagegen remonstrieren müssen, um straffrei zu bleiben. Sondern er hätte den Befehl einfach befolgen müssen, d.h. das Shreddern einstellen.

        Weil Ihr „Held“ mit vollem Wissen den Stopp-Befehl ignoriert hatte (ohne den Hauch einer rechtfertigenden Begründung vorzuweisen), gab’s dann die doch sehr milde Strafe. Allerdings auch nur, weil die Presse medialen Druck auf die recht gnädig gestimmte Staatsanwaltschaft machte.

        Und wie Sie unschwer erkennen können, braucht es zum Anstupfen müder Staatsorgane nicht einmal ein Blatt, das zu „Revolution“ oder „Putsch“ aufruft – das bekam hier sogar (oder gerade deswegen?) die staatstragende WELT hin.

        Gerne können Sie sich bemühen, „die Staatsanwaltschaft von der Richtigkeit Ihrer Ansichten zu überzeugen“ – bei meinen Ansichten zu „Lingen“ hat DIE WELT den Job schon erledigt.

        Betroffene Hunde bellen bekanntlich, umgekehrt weiß aber nicht jeder Kläffer, warum er eigentlich bellt – er kann wohl einfach nicht anders.

        1. Sie dürfen ruhig zurückkeilen – ich war ja auch nicht zimperlich. Aber ich hatte mir damit eigentlich erhofft, eine Antwort in der Sache zu provozieren.

          Also nochmal. Wie würden Sie in einem gedachten Staatswesen idealerweise die Strafverfolgung organisieren? Wer sollte Ihrer Meinung nach dafür zuständig sein? Was wäre für Sie verbesserungswürdig gegenüber dem System, welches wir jetzt haben?

          Zitat:

          “Gerne können Sie sich bemühen, „die Staatsanwaltschaft von der Richtigkeit Ihrer Ansichten zu überzeugen“ – bei meinen Ansichten zu „Lingen“ hat DIE WELT den Job schon erledigt.” Zitat Ende

          Ist das schon ein Hinweis, wie ihr gedachter Idealstaat funktionieren solte? Strafverfolgung via Presse – möglicherweise über Chatgruppen im Internet?

          Wahrscheinlich könnten wir uns doch sofort über einen Punkt einigen. Das Staatsanwälte in irgendeine Form weisungsgebunden sind, gehört auf jeden Fall abgeschafft. Trotzdem liefe es auch in diesem Fall darauf hinaus, dass Sie diese Staatsanwälte und deren Ermittlungspersonen von der Richtigkeit ihrer Ansichten überzeugen müssten. Ich sehe da keine Alternative.

          1. Der ideale Staat ist was für Philosophen, nicht für Chatgruppen im Internet. Ein belangloser theoretischer Diskussionsstoff, solange wir von der Existenz eines Tiefen Staates ausgehen müssen.
            Daher ist er nicht mein Thema; ich interessiere mich für reale Staaten und inwieweit deren Verfassungswirklichkeit von den eigenen Verfassungsgrundsätzen abweicht.
            Wenn nicht weisungsgebundene Staatsanwälte sich von Fakten überzeugen lassen (dürfen), dann wäre das doch schon fast die ganze Miete. Die Italiener sind uns da weit voraus. Die ersten Staatsanwälte der „mani pulite“ (Aktion saubere Hände) bezahlten ihren Idealismus allerdings noch mit dem Leben.

            Nach den skandalösen Ermittlungen gegen „Netzpolitik.org“ brachte Justizminister Maas 2015 mit der Entlassung von Generalbundesanwalt Range ein Bauernopfer dar. Der Deutsche Richterbund legte die Hand in die eigentliche Wunde und forderte wieder einmal (wie z.B. schon 2013) die Abschaffung des Weisungsrechts der Politik gegenüber Staatsanwälten. Da ist man in guter Gesellschaft – was am Mauern der politischen Kaste leider nichts ändert.

            Wie die NSU-Anklage wohl ohne politische Strippenzieherei ausgefallen wäre? Richter können nicht ohne weiteres gegen Verdächtige verhandeln, die die Staatsanwaltschaft nicht anklagen will.

            Der Fall Harry Wörz ist mahnendes Beispiel aus dem völlig unpolitischen Bereich – purer Korpsgeist im Polizeimilieu bescherte ihm ein schier endloses Instanzen-Ping-Pong.
            An dessen Ende konnte das einsichtige Gericht (neben dem wiederholten Freispruch) nur zähneknirschend (d.h. rechtlich folgenlos) ins Urteil einfließen lassen, dass seiner Meinung nach die Anklage sich nicht nur stur auf den falschen Angeklagten eingeschossen hat, sondern dass der wahre Täter offenkundig sei (= der Geliebte des Opfers, Polizist wie das Opfer und dessen verbissener Vater), von der Anklage aber hartnäckig igoriert werde.

            Die Staatsanwaltschaft wiederum stellte dann ungerührt sämtliche Ermittlungen ein, da es ihrer Meinung nach für einen anderen Täter keinen Anfangsverdacht gebe. Mit „Überzeugungsarbeit“ war da nichts zu retten. Und man kann nur spekulieren, ob die auffällig stillen Politiker diesen eigentlich unpolitischen Fall doch noch (heimlich) politisierten, weil sie den gefährdeten Korpsgeist der Polizei als erhaltenswert betrachteten?

  2. In der Geschichte gab es zu allen Zeiten “Ausnahmezustände”, als “der Staat” ungestraft mordete, zum “Staatswohl”, um seine “Eliten” zu schützen. Unsinnige “Begründungen” für Verfahrenseinstellungen (wenn dies der Fall wäre) würden beweisen, dass dies auch heute der Fall ist. Die Ungereimtheiten in der offiziellen Darstellung sind bereits heute groß, die Begründungen der Verfahrenseinstellungen könnten nochmal eine Schippe drauflegen. Solange die Massenmedien darüber schwiegen, würde dies aber kein grundsätzliches Problem darstellen.

    1. Lieber Georg,
      ich habe deinen Blog über die letzten Jahre verfolgt und wollte mich noch mal für die Arbeit bedanken, die du dir zum NSU Komplex gemacht hast. Ich fürchte leider auch, dass diese Verfahren im Sande verlaufen werden. Interessanter scheint mir die aktuelle taz Recherche. Schon gelesen? Sehr faszinierend: https://www.taz.de/!5577832/
      Viel Spaß damit!

      1. MK hatte mit einem “Ringo L.” zusammen am 15.04.07 Dienst, im Objektschutz einer US-Kaserne in Stuttgart. Am 19.04. gab es einen abgebrochener Dienst in Stammheim beim Schutz eines Gerichtsprozesses (im Bereich Islamismus) und dann kam schon am 25.04. Heilbronn.

        Die “taz” schreibt jedoch von einem “Ringo M.” Es gibt jedoch keine zwei Ringos in ihrer Einheit!

        Es wäre interessant, ob die beiden Ringos identisch sind und ab wann Ringo M. beim Geheimdienst mitmachte. Die “taz” nennt ihn “Verfassungsschützer”.

        Eine weitere Frage ist, ob Martin Hess verwandt ist mit Timo H., der am Tattag ihr Gruppenführer gewesen ist.

        1. Da gibt es glaube ich kein Verwandtschaftsverhältnis.
          Die Sache mit dem Namen Ringo M. ist schon komisch.
          Beim MDR wird er sogar als ihr Truppführer bezeichnet, über den sie sich schon mehrfach beschwert hätte.

          “Der NSU-Untersuchungsausschuss im Thüringer Landtag hat in seiner vertraulichen Sitzung am Donnerstag die Ladung des Zeugen Ringo M. beschlossen. Der gebürtige Eisenacher war der Truppführer der ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter. Offenbar hatte sie sich mehrfach über ihn beschwert. Auf seiner nächsten Sitzung im April will der Ausschuss wissen, wie der damalige Bereitschaftspolizist das Verhältnis einschätzt und zu welchen Einsätzen Kiesewetter geschickt wurde. ”

          Diese Beschreibung passt ja eigentlich nur auf Martin T.,
          neben Thomas B. auch ihr Vorgesetzter bei der BFE,
          den MK ja intern als “Arschloch” bezeichnete. Desahlb hat Ringo M. wahrscheinlich nix mit Ringo L. zu tun, sondern ist nur ein Tarnname für T.. Na mal sehen wer im April vorgeladen wird!?

        2. Ringo M. hieß früher Ringo L., ist also die gleiche Person. Laut taz zu hören in dem youtube-video “re:publica 2019 – Die Akte Hannibal – ein werkstattbericht ab minute 33:35 und dann noch mal als Frage zu Ringo L. bei minute 42:40

  3. “Der ideale Staat ist was für Philosophen, nicht für Chatgruppen im Internet. Ein belangloser theoretischer Diskussionsstoff, solange wir von der Existenz eines Tiefen Staates ausgehen müssen.
    Daher ist er nicht mein Thema; ich interessiere mich für reale Staaten und inwieweit deren Verfassungswirklichkeit von den eigenen Verfassungsgrundsätzen abweicht.” Zitat Ende

    Genau der Punkt. Sie denken doch über den Staat nach und über sein Rechtssystem und was daran verbesserungswürdig ist.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Gerechtigkeitstheorien

    Philosophie und Recht – wie wollen Sie das denn trennen? Am Anfang ist immer der Gedanke. Zu fragen ist, ob der Gedanke auch vernünftig ist. Hier entzündet sich doch nachvollziehbar die gesamte Debatte im Netz – am berechtigten Vorwurf, dass beim NSU in hunderten von Fällen die Gesetzmäßigkeiten vernünftigen Denkens mit Füßen getreten werden. Ob Nebenklage, Moser, AK-NSU, Georg Lehle, Brain Freeze, Sie oder ich – jeder kommt aus jeweils anderen Blickwinkeln zu der Auffassung, dass an der offiziellen Darstellung zum NSU, wesentliche Sachverhalte nicht stimmen können.

    Daraus erwächst doch aber in der Realität auch die Frage, welche Antworten die Justiz selbst darauf hat. Wie werden die Richter das Urteil begründen? Welche Auffassung vertritt die Staatsanwaltschaft usw? Also wenn Sie sich für reale Staaten und deren Verfassungswirklichkeit interessieren, brauchen Sie doch unabdingbar eine Vorstellung, wie so ein Staatsapparat im Idealfall funktionieren sollte. Denn sonst könnten Sie die Abweichungen vom (gedachten) Idealfall nicht kritisieren.

    Deswegen – und das war ja der Auslöser der Diskussion – verstehe ich nicht, was dagegen einzuwenden sein könnte, der Staatsanwaltschaft in der Realität genau das vorzutragen, was seit Jahren im Netz an “Denkverletzungen” in Sachen NSU kritisiert wird. Warum sollte man die Staatsanwaltschaften kritisieren, noch bevor man das Ergebnis vorliegen hat? Ich zumindest bin derhier zuständigen Staatsanwaltschaft dankbar und ich hatte nie das Gefühl, dass dort jemand “mauert” oder irgendwas “verschleppt”.

    Zum einen können Sie also die philosophische Betrachtung nicht von Ihrem realen Handeln “abkoppeln”. Zum anderen ist es in meinen Augen intellektuell unredlich über die Justiz herzuziehen, bevor man deren Entscheidungsgründe überhaupt kennt. Urteilbegründungen und Einstellungsverfügungen liegen noch nicht vor. Es wird doch erst jetzt – nach dem Urteilsspruch in München – überhaupt erst richtig interessant.

  4. Richtig, Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Beim fünf Jahre dauernden NSU-Prozess kann sich das OLG „bis zu 91 Wochen“ Zeit für die Urteilsbegründung lassen, was ab Urteilsverkündung Juli 2018 uns dann in die 1. Jahreshälfte 2020 führen würde,
    https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/nsu-prozess-welche-aussicht-auf-erfolg-hat-die-revision-15686260.html

    Bis dann der BGH über die Revision entscheidet, „könnte – je nach Umfang der Revision – mehrere Jahre dauern”,
    https://www.n-tv.de/politik/Kann-der-BGH-das-Zschaepe-Urteil-kippen-article20525238.html

    Nach der bisherigen Rechtsprechung des zuständigen BGH-Senats gilt als überaus zweifelhaft, ob Zschäpes Rolle als Mittäterschaft zählt (wie Anklage und OLG meinen) oder nur als Beihilfe. Dann müsste der NSU-Prozess auch noch mal aufgerollt werden, was evtl. wieder ein paar Jahrchen dauern könnte. Aber bereits in 8 Jahren (d.h. bei einer U-Haft bis November 2026) hätte Zschäpe ja schon 15 Jahre (und damit ein einfaches „lebenslang“) hinter sich, so dass sie (wenn mit der „Mitttäterschaft“ logischerweise auch die „besondere Schwere der Schuld“ vom BGH gekippt würde), direkt aus der U-Haft entlassen werden könnte – u.U. mit einer dicken Haftentschädigung.

    Kritische Betrachtungen zum deutschen Strafrechtssystem, aber auch zu bedenklichen Erwartungen der Gesellschaft an die Gerichte liefert uns ausgerechnet (aber dafür inhaltlich umso kompetenter) ein ehemaliger Vorsitzender Richter am BGH, Thomas Richter, der zugleich auch führender Strafrechts-Kommentator ist und durch die Kolumne „Fischer im Recht“ in der ZEIT zusätzlich einem weiten Publikum bekannt wurde (inzwischen hat er die Kolumne „Recht haben“ bei Spiegel online). Bei ihm besteht nie die Gefahr, dass „philosophische Überlegungen“ sich zu endlosen Wort-Bombardierungen verselbständigen, die den Praxis-Bezug verlieren.

    Ob die zuständigen Staatsanwaltschaften verschleppen oder mauern, werden wir irgendwann (rückblickend) sehen. Es lag mir fern, die Anzeigen-Erstatter vom Anzeigen abzuhalten – im Gegenteil: Dass es zu mehreren wichtigen Fragen Anzeigen mit Aktenzeichen gibt, die nicht gleich zeitnah wieder eingestellt werden, ist für sich allein schon ein Zeichen, dass man die Anzeigen-Erstatter nicht einfach so in die Querulanten-Ecke wird stellen können.

    Dennoch bleibt Argwohn angesagt, denn die Zeit heilt nicht nur Wunden, sondern frisst auch Beweise – vom Shreddern 2011 angefangen bis zur inzwischen verhängten 120-jährigen Aktensperre.

  5. @anmerkung

    Ja, da haben sie recht, habe ich übersehen. Ringo L. war
    Truppführer und T. stellvertretender Einheitsführer.
    Zu Unstimmigkeiten zwischen MK und Ringo L.
    war mir nichts bekannt, es wird nur über Spannungen zwischen ihr und Martin T. berichtet.
    Na ja wir werden sehen, wer da vorgeladen wird.

  6. Es ist nie falsch etwas zu machen. Strafanzeigen sind mehr als Nichts. Das Engagement verdient großen Respekt. Zumal, es erfolgt nicht aus der Deckung, sondern mit der Flagge in der Hand.

    Das Problem ist der Anspruch.
    Sollte er sein, etwas ändern zu wollen, dann ist er falsch bedient.
    Staatsanwälte haben keinen Spielraum, politische Rechtsbeugung zu verfolgen.
    Sie arbeiten nach dem Gerichtsverfassungsgesetz von 1877. Das schließt die Kontrolle Herrschender aus, egal ob Kaiser oder Parteibuchmonarch.

    Trotz Respekt also die Einschränkung, es ist Protest, der der eigenen Befriedigung dient. Sei es Moral, Gerechtigkeitsempfinden oder Selbstwertgefühl, die gestreichelt werden wollen.

    Wer wirklich gegen den NSU angehen will, muss den Anspruch haben, gewinnen zu wollen.
    Das ist eine ganz andere Dimension!
    Dazu Grundbedingungen wie, finanziell siebenstellig und privat mit Leben und Ruf abschließen. Die Strategie ist möglich, theoretisch und auch inhaltlich.
    Aber die die das Geld haben, haben keine Lust und die die Lust haben haben das Geld nicht.

    Noch ein Wort zum juristischen Weg.
    Wenn man denn darin ein Chance sucht, dann sehe ich auch da den Weg anders.
    Er geht nur mit Betroffenen.
    Erstens kann man mit ihnen ins Zivilrecht. Die Bühne kann man sich deutlich besser einrichten und die politische Kontrolle ist deutlich schwieriger.
    Zweitens kann man mit ihnen den EGMR ansteuern. Dort sitzen zwar auch keine Gerechten der Gerechten, aber der politische Durchgriff Deutschlands auf den EGMR ist nicht so einfach und sehr deutschfreundlich sind viele Urteile von da auch nicht.

    1. Ihre Meinung ist auf jedenfalls sehr bedenkenswert.

      Natürlich ist Egoismus der Auslöser gewesen. Bei allen würde ich sagen. Der Gedanke, auf vermeintlich primitive Weise von den Ermittlungsbehörden über die tatsächlichen Hintergründe getäuscht worden zu sein, führte zu einer intensiveren Beschäftigung mit der Sache. Niemand konnte jedoch am Anfang ahnen, wohin das einmal führen würde.

      Ihren Ausführungen zum juristischen Weg stimme ich ebenfalls zu, teile allerdings heute! nicht mehr Ihr Misstrauen gegenüber der Staatsanwaltschaft. Und selbstverständlich hat die Justiz Rücksicht zu nehmen, auf das Staatswohl und die Interessen der Herrscherhäuser. Der Erste, der diese damals noch Rücksichten genannten Beweisverbote im Strafrecht verankerte, war der Strafrechtswissenschaftler von Beling, in seiner 1903 gehaltenen Antrittsrede als Rektor der Uni Tübingen. Wobei Beweisverbot nicht mit Beweisverwertungsverbot zu verwechseln ist.

      Übrigens heißt es in der öffentlich im Thüringer UA 6/1 verlesenen Aussagegenehmigung des BKA-Beamten S.B., Zitat:

      6. Angaben und Erklärungen, die unter:

      a) Geheimhaltungsgrade fallen, weil besondere Gründe des Staatswohls entgegenstehen, insbesondere wenn Nachteile für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder ihrer Beziehung zu anderen Staaten zu besorgen sind, (…) dürfen nur in nicht öffentlicher Sitzung, erforderlichenfalls in Anwendung der Geheimschutzordnung des Thüringer Landtags, erfolgen.

      (…)

      7. Soweit nach Abwägung im Einzelfall die Wahrung des Wohls des Bundes oder eines Landes (Staatswohl) aufgrund ganz besonderer Umstände jeglicher Erörterung eines Sachverhalts im Rahmen der Beweisaufnahme durch den Untersuchungsausschuss entgegensteht, dürfen zu diesem Sachverhalt keine Angaben und Erklärungen erfolgen.” Zitat Ende

      Ich halte das für durchaus vernünftig und kein Staat dieser Welt, egal wie er sich definiert, wird darauf verzichten können.

      Ob die Vorgänge in Eisenach am 04.11.2011 überhaupt eine orginäre politische Dimension hatten, erscheint zumindest fraglich. Nicht auszuschließen ist zumindest ein ganz gewöhnlicher krimineller Hintergrund, welchen gut informierte Kreise, lediglich in größerem politischen Rahmen “sauber gewaschen” haben. Eine solche Sichtweise hätte auch Auswirkungen auf die Anwendung vorgenannter Beweisverbote.

      Das man mit Geld einen solchen Fall “gewinnen” kann, ist indes zweifelhaft. Ich persönlich habe über die Jahre einen mittleren fünfstelligen Betrag aufgewendet. Dass Ergebnis war jedoch nicht die Aufklärung des Falles sondern die Erkenntnis, dass sich meine Versuche zur Sachverhaltsaufklärung auf einem geradezu infantilen Niveau befunden hatten.

      1. ” Und selbstverständlich hat die Justiz Rücksicht zu nehmen, auf das Staatswohl und die Interessen der Herrscherhäuser.”

        Völlig falsch, die Justiz hat für Gerechtigkeit im Staat zu sorgen, das ist ihre Hauptaufgabe. Dies hat zu geschehen unter strikter Befolgung der Verfassung, wo die egalite, die Gleichheit der Menschen (auch die der Politiker, Millionäre etc. bzw. Herrscherhäuser) festgeschrieben ist.

        Ihre postulierte “Selbstverständlichkeit” öffnet Staatsverbrechen und grober Ungleichbehandlung und grober Ungerechtigkeit Tür und Tor.
        Zumindest als Forderung (die Realität sieht anders aus, ich weiß) muß diese Gleichbehandlung des Staatsvolks aufrechterhalten werden, sonst ist Unrecht im Staat an der Tagesordnung!

      2. Gegen einen “ganz gewöhnlichen kriminellen Hintergrund” der Ereignisse in Eisenach spricht doch eine ganze Menge. Nicht nur das aus unterlassener Hilfeleistung resultierende Vor-/Mitwissen der Einsatzkräfte, das Sie selbst herausgearbeitet haben, sondern auch die Synchronizität der Vorfälle in Eisenach und Zwickau. Es sei denn, man unterstellt jeweils (behördliche) Spontantaten und erstaunliches zufälliges Zusammentreffen.

  7. Da will ich nicht missverstanden werden.
    Nur Geld bring natürlich nichts.
    Entscheidend ist die Strategie, mit der man ernsthaft das NSU-Märchen kippen will.
    Die kostet eben und das nicht zu knapp.

    Ohne die Strategie im Detail abzuhandeln, das wird schon an der theoretischen Aufgabenstellung klar. Ein Protestforscher hat das Vorgehen wie folgt verallgemeinert:

    Es braucht Gruppen, die untereinander verknüpft sind, es braucht Allianzen, eine überzeugende Darstellung des Anliegens und die MÖGLICHKEIT (hier musst du Geld reinpumpen), dieses Anliegen weit sichtbar zu machen. Erfolgreiche Bewegungen nehmen Themen auf und steigern gleichzeitig selbst die Bedeutung der Themen, so dass sich am Ende nicht mehr genau sagen lässt, was zuerst da war: das Problem oder die Bewegung. Das eine gibt es nicht ohne das andere.

    Wie das geht, zeigen immer wieder die Linken.
    Genau nach der Methode wurde Maaßen abgeschossen.
    Im Grunde eine Blaupause.

    Geht beim NSU grundsätzlich auch.
    Hier wäre der strategische Aufhänger für den Fokus der „Bewegung“ der kleine Maas … 😉

  8. Der Protestforscher hat natürlich recht. Und Sie haben auch richtig erkannt, dass Linke besser organisieren, aber vor allem mobilisieren als Rechte. Und das es zur Aufklärung vernetzte Gruppen braucht habe ich früher auch mal gedacht.

    Fakt ist, dass das Alles mit Rechtsstaat nichts zu tun hat. Letztendlich darf es für einen Rechtsstaat keine Bedeutung haben, was gut organisierte Gruppen für Wahrheit und Recht erachten. Dafür hat ein Rechtsstaat Gerichte, Staats- und Rechtsanwälte. Alles andere liefe auf Revolution oder sonstigen Umsturz hinaus.

    1. Deine Sicht solltest du korrigieren.

      Artikel 20 GG sieht das anders.
      Hier ist dein Widerstandsrecht gegen den Staat geregelt.
      Das Widerstandsrecht ist ein Abwehrrecht des Bürgers gegenüber einer rechtswidrig ausgeübten Staatsgewalt mit dem Ziel der konservierenden Bewahrung oder Wiederherstellung der Rechtsordnung.

      Der NSU ist definitiv eine rechtswidrig ausgeübte Staatsgewalt.
      Das ist mit dem Urteil amtlich.

      Deine Bitte an die Staatsgewalt, das doch selber einzusehen, ist kein Widerstand.
      Frag mal den Prof. Buback.
      Das GG erlaubt dir daher den eigenen Widerstand aus guten Grund ausdrücklich.
      Mit Revolution hat das nichts zu tun.

      Falls es an den Millionen scheitert, hier ist einer der Milliarden hat und schlau erzählt.
      https://www.youtube.com/watch?v=H77lIIbapmI
      Schick ihm eine Depesche mit der Botschaft, Worte verweht der Wind nur Taten schlagen Wurzeln.
      Wo ist ihr Baum?
      Mal sehen was er antwortet … ;-)))))

      War jetzt zum Abschluss ein kleiner Scherz.
      Sollte zeigen, selbst die könnten, wollen nicht wirklich.

  9. “Der NSU ist definitiv eine rechtswidrig ausgeübte Staatsgewalt.
    Das ist mit dem Urteil amtlich.” Zitat Ende

    Wer hat das “amtlich” (sic!) festgestellt? Sie privat in Ihren vier Wänden? Die User im Internet? Opa Krause auf seinem Sofa?

    Und das rechtfertigt in Ihren Augen die Anwendung von Artikel 20GG?

    1. Polemik macht deinen Denkfehler nicht besser.
      Es ist schlicht eine Tatsache, dass dein Anspruch, Machtmissbrauch des Rechtsstaates mit dem Rechtsstaat zu korrigieren, in der BRD nicht vorgesehen ist.

      Was hast du am Prinzip des GVG §146 nicht verstanden?

      Deine sympathischen und engagierten Staatsanwälte werden bei Gefahr abgeschaltet. Sie erhalten die Weisung, die Ermittlungen wegen Staatswohl einzustellen.
      Das haben die weder zu diskutieren noch zu hinterfragen.

      Deine couragierten Strafanzeigen funktionieren also nicht, wenn der Rechtsstaat funktioniert, sondern höchstens, wenn er nicht funktioniert.
      Es Bedarf eines Fehlers in der politischen Kontrolle der Ermittlungen!
      Nur da liegt deine Chance.

      Das du das nicht sehen willst oder kannst, ändert nichts an der Tatsache, das es so ist.
      Dein Engagement ist für das NSU-Märchen objektiv völlig ungefährlich.
      Es ist unter rechtlich korrekter Kontrolle derer, die du überführen willst. Und das fängt oben an.
      Der Bundesminister der Justiz hat das im §147 verbriefte Recht auf Leitung und Aufsicht des Generalbundesanwaltes.

      Schlussfolgerung daraus für Berufssieger, die angreifen um zu gewinnen.
      Die Staatsanwaltschaft muss vor dem politischen Zugriff geschützt werden.
      Das gelingt nur, wenn der Politik die Hände gebunden werden.
      Das wiederum geht nur über Herstellen einer Öffentlichkeit, die von einem Staatsversagen überzeugt, Aufklärung will. Tarnkappe Staatswohl geht dann nicht mehr. Die Verteidigung geht dann nur über Bauernopfer. Das erste wäre Maas, denn mit § 147 hat er auch die Verantwortung gehabt. Um den würde es schlagartig einsam werden, glaube mir … 😉

  10. Neben Anweisungs- (§ 146) bzw. Aufsichts- und Leitungsrecht (§ 147) gibt es noch weitere Eingriffsrechte:
    Nach § 145 können die „ersten Beamten der Staatsanwaltschaft bei den Oberlandesgerichten“ bei allen Gerichten ihres Bezirks nach Belieben (Bedingungen stellt das Gesetz keine!) entweder den zuständigen Staatsanwalt austauschen oder Verfahren („Amtshandlungen“) an sich ziehen, d.h. selber bearbeiten.

    Für alles, was politisch wichtig sein könnte, darf der Generalbundesanwalt sich nach § 142a zuständig fühlen.
    Können „die Beamten der Staatsanwaltschaft eines Landes und der Generalbundesanwalt sich nicht darüber einigen, wer von ihnen die Verfolgung zu übernehmen hat, so entscheidet der Generalbundesanwalt“. Damit sein Eingriffsrecht ihn nicht ungebührlich belastet, kann er ein Verfahren an die Landesstaatsanwaltschaft abgeben, wenn es Straftaten „von minderer Bedeutung“ zum Gegenstand hat. (Hierfür gilt nur als weitere Bedingung, dass er es bereits „vor Einreichung einer Anklageschrift“ tun muss.)

    Dass es unter diesen Rahmenbedingungen nur knapper mündlicher Andeutungen bedarf, um den vorauseilenden Gehorsam zu wecken, dürfte nachvollziehbar sein. Wer dann trotzdem in einer brisanten Sache von seinem Chef eine förmliche Anweisung verlangt oder ohne Rücksicht auf (allenfalls mündlich geäußerte) Erwartungen einfach sein Ding durchziehen will, der muss wissen, dass er sich nicht nur gegen irgend einen altbackenen Korpsgeist stellt, sondern gegen ein gesetzlich verankertes Tabu. Er darf sich nicht wundern, wenn er in naher Zukunft statt spannender Fälle z.B. nur noch Ladendiebe, prügelnde Ehemänner und Drogendelikte auf dem Tisch hat und (als Ausgleich für die Einfachheit dieser Fälle) er die Zuständigkeit für eine kräftig erhöhte Stückzahl von Neufällen aufgedrückt bekommt.

    1. Na ja, während wir noch theoretisch orakeln, haben uns die Thüringer unter die Arme gegriffen … 🙂
      http://www.pi-news.net/2019/04/der-skandaloese-staatsanwalt-von-gera/

      Auch wenn der Staatsanwalt auf den ersten Blick mit Kanonen auf Spatzen schießen wollte, es waren linke Spatzen. Die stehen unter Artenschutz, und nach kurzem Knurren der Linken per Anfrage im Landesparlament, hat der Innenminister die Einstellung der Ermittlungen befohlen.

      Frau König hat sich via Twitter bei ihm bedankt und verlautet, jetzt könne man die Sektkorken knallen lassen.

      w.z.b.w. … 😉

      1. In der Tat ein schönes praktisches Beispiel nach all der Theoretisiererei. Links und rechts sind übrigens austauschbar; wichtig war nur: Ermittelt wurde gegen jemand, der sich das nicht bieten lassen muss, weil seine Gesinnungsgenossen an der Macht sind.

        Wer wie hier als Staatsanwalt aus der Reihe tanzt, statt vorauseilenden Gehorsam zu liefern, der wird irgendwann das dringende Bedürfnis verspüren, „auf eigenen Wunsch“ versetzt zu werden. Nicht aus Angst, Reue oder als vorweggenommene Strafe, sondern nur zum eigenen Schutz und nur vorläufig. Denn seine Vorgesetzten und deren Gesinnungsgenossen werfen ihm natürlich nichts vor – es geht nur um „medial gegen ihn erhobenen Vorwürfe“.

        Das mit der Vorläufigkeit und der endgültigen Klärung ist kaum formelhaft ausgesprochen, da juckt es den Minister schon nicht mehr. Er lobt die Einigkeit mit den zwei Hierarchen, die unter ihm und über dem geschassten Staatsanwalt stehen (Stichwort vorauseilender Gehorsam!) und dass damit „dieses Verfahren endlich abgeschlossen werden“ kann. Denn die Reihen sind wieder geschlossen und gegen die „selbstgewählte Verbannung“ des Abweichlers meckert keiner seiner Kollegen.

  11. “Dass es unter diesen Rahmenbedingungen nur knapper mündlicher Andeutungen bedarf, um den vorauseilenden Gehorsam zu wecken, dürfte nachvollziehbar sein. ” Zitat Ende

    Warum solche Pauschalurteile? Natürlich gibt es vorauseilenden Gehorsam. Nicht nur bei Beamten, sondern in allen Hierarchien. Nehmen Sie ein beliebiges Forum im Netz, die Kirche, einen mittelständischen Betrieb, eine politische Partei. Wir kennen alle die Arschkriecher die sich dort tummeln.

    Aber die Vermutung, dass der größte Teil der Beamten dieses Staates Morde in vorauseilendem Gehorsam mitträgt, halte ich gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte nicht für gerechtfertigt. Immerhin geht es hier um den Verdacht, dass Böhnhardt und Mundlos unter tätiger Mithilfe der Polizei ermordet wurden. Ein wahrlich ungeheuerlicher Vorwurf, der aber so schlecht nicht begründet worden sein kann. Ich sehe hier keine Möglichkeit, dass das Auswechseln von Beamten oder “vorauseilender Gehorsam” irgend etwas ändern sollte. Auch kann es sich wohl kaum um Staatsgeheimnisse oder ihren Schutz handeln, wenn dazu offizielle Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sind. Sie können getrost von einem schnöden und ganz unpolitischen Verbrechen ausgehen. Der Gesamtstaat ist deswegen sicher nicht gefährdet.

    Wie wenig vorauseilender Gehorsam die Ermittlungsverfahren beeinflusst, können Sie auch am Bearbeitungsstand der neu hinzugekommen Verfahren sehen. Es wurden gleichzeitig 3 Strafanzeigen gestellt. Gegen den 6. Senat, die Zschäpe-Verteidigung und BAW Diemer. Eingestellt wurde hingegen – bis jetzt – nur das Verfahren gegen den 6. Senat. Das deutet eher darauf hin, dass die Argumentation, mit welcher man das Verfahren gegen den 6. Senat eingestellt hat, für die anderen beiden Verfahren nicht greift. Wäre hier irgendeine Art von Willkür oder vorauseilender Gehorsam im Spiel, dann wären alle drei Verfahren gleichzeitig nach § 152 Abs. 2 StPO eingestellt worden.

    Meiner Meinnung nach gibt es nur eine Möglichkeit, das Ermittlungsverfahren gegen die Zschäpe-“Verteidigung” einzustellen. Indem das ursprüngliche Mordermittlungsverfahren eingestellt wird, um danach behaupten zu können, man habe bereits im Strafprozess gewusst, dass an der Sache nichts dran ist und sei deswegen nicht noch einmal in die Beweisaufnahme eingetreten. Vorauseilender Gehorsam oder das Auswechseln von Staatsanwälten wird hier allerdings überhaupt nicht bewirken, sondern nur die sachliche Auseinandersetzung mit den Tatvorwürfen.

    1. “Warum solche Pauschalurteile? Natürlich gibt es vorauseilenden Gehorsam. Nicht nur bei Beamten, sondern in allen Hierarchien. Nehmen Sie ein beliebiges Forum im Netz, die Kirche, einen mittelständischen Betrieb, eine politische Partei. Wir kennen alle die Arschkriecher die sich dort tummeln.” Zitat Ende

      Nur damit das nicht wieder bewusst missverstanden wird. Die “Arschkriecher”, welche sich in Hierarchien mittels vorauseilendem Gehorsam nach oben buckeln, stellen nach meiner Auffassung lediglich eine kleine Minderheit dar. Der übergroße Teil der Mitglieder solcher Strukturen verfügt über genug Selbstbewustsein und Stolz, um die ihm zugeteilten Aufgaben aus sich selbst heraus zu bewältigen.

    2. So schön schematisch wie einheitlich kann keine Argumentation greifen gegen Angezeigte mit unterschiedlichen Aufgaben und Pflichten :
      Richter haben andere als Ankläger und Verteidiger nochmals andere. Entsprechend unterscheiden sich die möglichen, anzeigbaren Pflichtverletzungen.
      Und weil jede Einstellung auch sorgfältig – d.h. unbedingt individuell – begründet werden muss und daher zeitraubend ist, kommt eine gleichzeitige Einstellung von gleichzeitig eingegangenen Anzeigen kaum in Betracht. Sehr gut mögich ist aber ein gleiches, zurückweisendes Ergebnis, denn die „Verspätung“, die Sie als erhöhte Erfolgsaussicht deuten, ist einfach der Gründlichkeit geschuldet, die Sie den Staatsanwälten ja bestimmt nicht absprechen wollen.

      Niemand hat übrigens behauptet, „dass der größte Teil der Beamten dieses Staates Morde in vorauseilendem Gehorsam mitträgt“. Beim VS-Beamten Temme in Kassel wie beim Polizeichef Menzel in Eisenach-Stregda geht es aber um ein hochwahrscheinliches Mit- bzw. Vorauswissen von Morden und um die Verstrickung in deren Ausführung und Vertuschung.

      So sehr Menzels Hintermänner und deren Hierarchie im Dunkeln bleiben, so klar hatte und hat Temme von Anfang an einen kurzen Draht zu seinem obersten Chef und dessen eisern verlässliche Rückendeckung. Minister(-Präsident) Bouffier zeigt gerne Stärke wie sein Vorgänger Roland Koch, der mit der Absicht zu „brutalstmöglicher Aufklärung“ gerade dann prahlte, wenn er das genaue Gegenteil im Schilde führte. Temme wurde 2006 und 2011 für ein Schauspiel eingesetzt, das von vorneherein als „limited hang-out“ angelegt war.

      120 Jahre Aktensperre zeigen einereits, dass da deutlich mehr als nur „Pannen“ zu verbergen sind. Andererseits ließ man sich 10 Jahre Zeit, bis diese Aktensperre kam! Bestimmt nicht „der größte Teil der Beamten dieses Staates“, aber so mancher verlässliche, der „Morde in vorauseilendem Gehorsam mitträgt“.

  12. Zur fehlenden Unabhängigkeit bzw. politischen Maniplierbarkeit der deutschen Staatsanwaltschaften mal die nicht ganz unwichtige europarechtliche Sicht:

    „Für die EuGH-Richter bleibt ein Restrisiko, dass die deutsche Staatsanwaltschaft beim EU-Haftbefehl durch die Politik beeinflusst werden könnte. In rund 5.600 EU-Fällen braucht es einen neuen Haftbefehl. Richterverbände fordern Gesetzesreform“,
    https://www.lto.de/recht/justiz/j/eugh-europaeischer-haftbefehl-deutsche-staatsanwaelte-nicht-unabhaengig/?fbclid=IwAR3FGlLhGJBkvEee0J0fyyemx7bCHhkk0pocZRAHibnWM6JfVc9GrcpRJTU

    „Die deutschen Staatsanwaltschaften bieten keine hinreichende Gewähr für Unabhängigkeit gegenüber der Exekutive, um zur Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls (EuBH) befugt zu sein. Das hat die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) am Montag entschieden, (Urt. v. 27.05.2019, Az. C-508/18).“

    1. danke bekir für diese Klarstellung und den link.
      Dieses Urteil des EuGH schreit doch förmlich nach Reform des deutschen Justiz Systems bzw. der Forderung nach Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften!

  13. Zum Thema Unabhängigkeit der Justiz bzw. wer entscheidet, ob Staatsanwälte ermitteln sollen / dürfen oder nicht bzw. wer versteckt sich hinter staatsanwaltlichen Entscheidungen …
    gibt es neues Anschauungsmaterial vom Breitscheidplatz / Berlin.

    „Die Abschiebung des Amri-Freundes Ben Ammar geschah auf Geheiß von zwei Bundesministerien.“ Formal wartete man einen Abschiebe-Antrag aus Sachsen ab, wo er registriert war (und bejubelte dann in einer BMI-internen Mail, dass dieser Antrag endlich da war).

    Ein Ministerialrat im BMJ (der jetzt für die Regierung im Amri-Ausschuss sitzt) gab „Rückmeldung“ an die Bundesanwaltschaft. Und während in normalen Behörde der Kleine einen Entwurf macht, den ein Großer dann absegnet, läuft es hier umgekehrt: Ein Bundesanwalt fertigt die Abschiebeverfügung, beauftragt aber einen ihm unterstellten Oberstaatsanwalt mit der Unterzeichnung.
    Als habe er als der Größere selber keine Unterschriftsbefugnis. So tarnt man Befehlsketten – und zeigt, dass man diese Tarnung nötig hat.

    Dabei müsste nicht nur beim Ministerialrat (Amri-Ausschuss) in Sachen Ben Ammar das Aufklärungs-Interesse eigentlich das Abschiebe-Interesse überwiegen: Der Bundesanwalt ist innerhalb der BAW für das Breitscheidplatz-Verfahren verantwortlich und der Oberstaatsanwalt unter ihm „fungiert in der Karlsruher Behörde als Hauptsachbearbeiter des Tatkomplexes Breitscheidplatz, sprich der BAO City“.
    https://www.heise.de/tp/features/Wenn-ein-Terroranschlag-nicht-aufgeklaert-werden-soll-4458025.html?seite=all

    Zur Frage, warum die Bundesregierung Ben Ammar unbedingt loswerden wollte, erwähnt Moser dann noch, dass die Bundesanwaltschaft die Generalstaatsanwaltschaft in Berlin (d.h. die Landesbehörde) auf Linie brachte:
    „Daraufhin mischte sich dort die Amtsspitze in Gestalt des Chefs (damals Ralf Rother) und des Vize-Chefs (Dirk Feuerberg) in das Verfahren, das eine Oberstaatsanwältin führte, und gab der Abschiebung Ben Ammars ebenfalls den Segen“.

    Der Zeitpunkt dieser Einmischung zeigt deutlich, dass das Aufklärungs-Interesse nicht einfach zurückstehen musste hinter ganz anderen (aber wichtigeren und damit akzeptablen) Interessen, sondern dass es ein ganz klares „Anti-Aufklärungs-Interesse“ gibt:
    „Wenige Tage zuvor hatte die Berliner Behörde noch
    einen Haftbefehl gegen Ben Ammar beantragt und bekommen“.

  14. Ich habe den Pingback nicht gesetzt, aber da er nun mal da ist, gestatte ich mir eine Anmerkung dazu,

    Im Gegensatz zur 1. Version, wurde das Ermittlungsverfahren wg. Beihilfe zum Mord, Az.: 227 Js 20232/18 noch nicht (bis zum 27. Februar 2021) eingestellt.

    Insofern ist es vielleicht von Interesse, dass die sog. “Rußlungenlüge” erst Mitte 2018 zur Strafanzeige und Eröffnung vorgenannten Ermittlungsverfahrens führte. Erst Mitte 2018 hatte ich den Sachverhalt so erforscht, dass ich die (Mit)Täter benennen konnte. Wohlgemerkt lief zu diesem Zeitpunkt das “Hauptermittlungsverfahren” gegen Herrn Menzel bereits seit eineinhalb Jahren.

    “Rußlungenlüge” verkürzt den Sachverhalt unzulässig. Der Hinweis sei gegeben. Es stellen sich gleich mehrere Fragen aus Tätersicht, u.a. warum jemand die “Rußlungenlüge “in die Welt setzen sollte, obwohl er doch als Kriminalist wissen musste, dass das Wirkliche, (hier objektive) Ergebnis der Sektionsgutachten unmittelbar nach dieser Lüge bei der Staatsanwaltschaft in Form der Sektionsprotokolle eingehen würde.

    Bei der Staatsanwaltschaft habe ich mich im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens 2018 auch dafür entschuldigt, Herrn Ziercke verdächtigt und diesen deswegen angezeigt zu haben.

    Nun ist es so, dass der Sachverhalt unter formal kriminalistischer Sichtweise recht einfach zu erfassen ist. Ein objektives (!) Mordindiz mit hoher Beweiskraft (1:10 im Verhältnis zu Unschuldigen), wurde in ein objektives Indiz für den Selbstmord eines Fahrzeuginsassen verfälscht. Bitte hier nicht von der Definition einer hohen Beweiskraft (nach Nack) täuschen lassen. Die Beweiskraft des Indizies liegt im unteren Mittelfeld, ist also nicht überzubewerten. Zumindest dann, wenn die Betrachtung so verkürzt erfolgt. (siehe Statement StA Waßmuth, welcher selbst durch die Beamten der Polizei getäuscht wurde, genauso wie Herr Ziercke)

    Das Interessante am (mutmaßlichen) Einstellungsprozederes dieses Mordermittlungsverfahrens (Az.: 227 Js 20232/18) ist also einerseits dessen Objektivität (hier u.a. Ergebnis der Obduktion), und andererseits der Umstand, dass der Sachverhalt aus nachvollziehbaren Gründen nicht vor dem Tatgericht in München verhandelt wurde. Die schablonenhafte Einstellungsbergründung der auf Weisung handelnden Staatsanwaltschaft Meiningen aus den bereits eingestellten Mordermittlungsverfahren 227 Js 22943/17 und 227 Js 9836/18, passt in diesem Fall also beim besten Willen nicht.

    Über was ist man da wohl gestolpert. Mordermittlungen gegen Herrn Menzel am 30. Dezember 2020 und gegen Herrn Lotz am 7. Januar 2021 eingestellt. Aber gegen die zwei kleinen Beamten aus der KPS-Eisenach hält man das Verfahren wg. Beihilfe zum Mord noch bis März 2021 offen? Jedenfalls ist die Black Box …
    https://parlograph.wordpress.com/2015/11/22/black-box/
    … schon lange für die Staatsanwaltschaft ausgeleuchtet.

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