Archiv der Kategorie: Anfangen mit Frieden: Freiwirtschaft

Unsere Gesellschaft wird re-feudalisiert durch Grund- und Bodenspekulation

Im Blog “arbeit.wirtschaft” veröffentlichte Andreas Maschke am 9.Oktober 2014 eine interessante Grafik. Sie zeigt, wie extrem ungleich der Immobilienbesitz in Österreich verteilt ist. 50% der Bevölkerung haben keine eigenen Immobilien. Der durchschnittliche Wert des Immobilienbesitzes der obersten 5% hingegen liegt bei über 1 Mio. Euro. Wenn diese Entwicklung so weitergeht, dann werden wir eine mittelalterliche Ständeordnung wiederhaben, mit Feudalherren, die auf ihren Feldern Leibeigene für sich arbeiten lassen. Wer dies nicht glaubt, soll einmal “Monopoly” spielen.

grund-und-boden-besitzQuelle: arbeit-wirtschaft

Der Wert einer Immobilie hängt entscheidend vom Grund- und Bodenpreis ab, nicht vom Gebäude. Die Allgemeinheit und der Staat investierten in die Infrastruktur, die den Bodenwert erst schafft.

Der Professor für Steuerlehre an der Fachhochschule Trier, Dr. Löhr, errechnete, dass in den letzten Jahren die Vermögen dank steigender Grund- und Bodenpreise weiter eskalieren konnten. Großunternehmen investieren gezielt in Grund und Boden und sind wahre “Landbanken“. Die Bodenrente (ökonomische Renten) ist der Gewinn, den der Grundbesitzer aufgrund der steigenden Bodenwerte und entstehenden Möglichkeiten einstreicht. Prof. Löhr:

“Stattdessen stiegen die ökonomischen Renten, was sich sowohl in den Gewinnen der Großunternehmen [7] wie auch in den Bodenrenten bemerkbar machte: Sowohl das operative Ergebnis nichtfinanzieller börsennotierter Großunternehmen als auch die Mieten in Großstädten wie München, Hamburg, Frankfurt oder Berlin stiegen zwischen 2005 und 2013 um ca. 30 % an [8].

Die Werte von Unternehmen und Boden stiegen während der Niedrigzinsphase also, weil diese sich in wachsenden Erträgen niederschlug. Die niedrigeren Zinsen verhinderten zwar weitere offene oder verdeckte Steuererhöhungen (v.a. zu Lasten der Arbeitnehmer). Dies hat den dargestellten Trend in der Einkommensverteilung aber nur abgeschwächt und nicht etwa umgekehrt.” (Rent-Grabbing)

“Den steigenden Anteil der Bodenrente am Volkseinkommen stellt Abbildung 2 dar. (…)

Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen


Beispielsweise hat ein Gasthaus direkt am Marktplatz deshalb großen Erfolg, weil viele Touristen die historische Stadt besuchen und am Marktplatz zusammenströmen. Der Monopolist profitiert mit seinem Gasthaus von der Existenz der jahrhunderte-alten Gebäude und der Geschichte (für die er aber nichts beigetragen hat). Je weiter ein anderes Gasthaus vom Marktplatz wegliegt, desto weniger profitiert dieser Unternehmer davon. Eine Erhöhung der Fiskalsteuern würde diesen benachteiligten Unternehmer wesentlich empfindlicher treffen als den Unternehmer mit dem Gasthaus am Marktplatz. Im schlimmsten Fall müsste der benachteiligte Unternehmer wegen der Steuererhöhungen dichtmachen.

Je höher die Fiskalsteuern steigen, desto mehr ökonomische Renten werden dadurch zerstört. Mit Steuern erschlägt der Staat das Pferd auf dem er reitet. Dagegen schöpft eine bodenwertbasierte Grundsteuer zielgerichtet die ökonomische Rente des Grundbesitzers ab und belastet nicht die Unternehmen. Es wäre eine “neutrale” Steuer.

Da dem Grund- und Bodenbesitzer keine Kosten für die Bodenrente entstehen, kann er ohne Pleite zu gehen auf sie verzichten. Die Bodenrente ist sozialer Überschuss. Sie ist der Rest des Gewinnes, der übrigbleibt, wenn die unternehmischen Kosten für Kapital und Arbeit vom Gewinn abgezogen werden.

Wenn der Grund- und Bodenbesitzer jedoch die bodenwertbasierte Grundsteuer auf die Miete, Pacht oder seinen Preisen aufschlagen würde, dann würde er Mieter und Pächter verlieren oder die Nachfrage nach seinen Angeboten würde zur Konkurrenz ausweichen, zur Not in der Randzone, weit ab vom Schuss. Der erzielbare Preis am Markt wird von dem Grund- und Bodenbesitzer bestimmt, der “gerade noch kostendeckend” wirtschaftet (Grenzkosten).

Auf das Beispiel mit dem Gasthaus am Marktplatz bezogen, heißt das, dass der Grundbesitzer keine Pächter finden würde, wenn er die Pacht um die bodenwertbasierte Grundsteuer heraufsetzen würde. Es würde sich einfach für den Pächter nicht mehr lohnen, dort ein Gasthaus zu betreiben. Der Grund ist, dass die Touristen nicht bereit wären, für das Schnitzel mit Pommes den doppelten Preis zu bezahlen.

Professor Dirk Löhr begründet bodenwertbasierte Grundsteuer

Dr. Dirk Löhr ist Professor für Steuerlehre und ökologische Ökonomie an der Fachhochschule Trier. Er veröffentlichte eine ganze Reihe von interessanten Artikeln in seinem Blog “Rent-Grabbing“. Vor kurzem stellte er im Internetportal “Telepolis” “Die beste von allen schlechten Steuern” vor: Eine reformierte Grundsteuer, deren Höhe sich am Bodenwert orientiert. Überraschenderweise kritisierten die meisten Kommentatoren den Vorschlag scharf. Auf diese Kritik wird hiermit eingegangen, indem aus verschiedenen Blogbeiträgen Löhrs zitiert wird. Professor Dirk Löhr begründet bodenwertbasierte Grundsteuer weiterlesen

Mit welcher Wirtschaftstheorie kann die ungleiche Vermögensverteilung überwunden werden?

Papst Franziskus prangert die ungleiche Vermögensverteilung und den Kapitalismus an, “diese Wirtschaft tötet”. Der französische Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty wies dementsprechend nach, dass Kapitalrenditen stärker als die Gesamtwirtschaft wachsen. Dies wird darin sichtbar, dass es im Kapitalismus mehr und mehr Super-Reiche und Arme gibt. Gleichzeitig herrscht zunehmend wirtschaftliche Stagnation oder Depression. Welche Wirtschaftstheorie kann das Problem der Ungleichheit und Stagnation lösen? Mit welcher Wirtschaftstheorie kann die ungleiche Vermögensverteilung überwunden werden? weiterlesen

Von Minus-Zinsen würden 90% der Bevölkerung profitieren

Die Legende vom guten Zins ist in den Köpfen fest etabliert worden, ansonsten würde die momentante mediale Propaganda gegen Minus-Zinsen in den Leserforen nicht auf solche Zustimmung stoßen. Dabei ist die Ausbeutung durch den Zins gerade beim Beispiel der 3. Welt gut ersichtlich und auch bekannt. Von Minus-Zinsen würden 90% der Bevölkerung profitieren weiterlesen

Gab es in Villa Gesell eine Bodenreform nach Silvio Gesell?

Die Stadt “Villa Gesell” an der argentinischen Atlantikküste ist nach dem Geld- und Bodenreformer Silvio Gesell benannt. Sein Sohn Carlos Gesell kaufte kurz nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1930 einen 20 Quadratkilometer großen Küstenstreifen und pflanzte mit Familienmitgliedern auf den Sanddünen Sträucher und Bäume. Damals finanzierte er den Aufbau der städtischen Infrastruktur mit dem Verkauf der begrünten Grundstücke. Heute dagegen fehlen Investitionen sowohl in Villa Gesell, wie auch in ganz Argentinien, trotz steigender Bodenpreise. Wie kann das sein? Einst finanzierten in Villa Gesell die Grund- und Bodenbesitzer den Aufbau der städtischen Infrastruktur, jetzt fehlen Investitionen. Können sich heute die Besitzer von Grund- und Boden der Finanzierung entziehen (wie in Deutschland) und ihre Gewinne durch Immobilienspekulation privatisieren?

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Auf den Spuren von Silvio Gesell in Argentinien

An der Atlantikküste Argentiniens, 12.000 km von Deutschland entfernt, befindet sich die Kleinstadt „Villa Gesell“. Sie ist nach Silvio Gesell benannt, dem Begründer der sogenannten “Freiwirtschaftslehre”. Die Stadt befindet sich 300 km süd-östlich von Buenos Aires. Viele Argentinier kennen „Villa Gesell“, da hunderttausende an ihren kilometerlangen Sandstränden die Sommerferien verbringen. Viele besuchen das Stadt-Museum, dass über den Geldreformer, die Familiengeschichte und den Aufbau der Stadt informiert.  Auf den Spuren von Silvio Gesell in Argentinien weiterlesen

Die erdrückende Last des Zinses im Kapitalismus

Nur für die obersten zehn Prozent ist der Zins ein positives Geschäft. Alle anderen Bürger zahlen im Kapitalismus drauf. Damit läuft eine gewaltige Umverteilung zu den Reichen. Die Belastung für die Bürger wird immer größer.

Der Gastbeitrag des Zinskritikers und Autors Helmut Creutz erschien am 13. / 14. September 2014 in der Frankfurter Rundschau. Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung von Helmut Creutz.

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Kennt Heiner Flassbeck keine Umlaufsicherung, nur Schuldgeld?

Es kam zu einem bemerkenswerten Schlagabtausch zwischen dem Börsenexperten Dirk Müller und dem Wirtschaftswissenschaftler Heiner Flassbeck während einer Fernseh-Diskussion im “ORF” “Griechenlands Wahl, Europas Qual”. Müller zeigte sich gegenüber freiwirtschaftlichen Vorschlägen immer offen. Flassbeck folgt dagegen streng keynesianischen Grundideen.  Kennt Heiner Flassbeck keine Umlaufsicherung, nur Schuldgeld? weiterlesen