Mein sind die Himmel und mein ist die Erde; mein sind die Völker, die Gerechten sind mein, und mein sind die Sünder; die Engel sind mein und die Mutter Gottes ist mein und alle Dinge sind mein, und Gott selbst ist mein und für mich, denn Christus ist mein und mein Einundalles für mich. Was ersehnst und suchst du also noch, meine Seele? Dein ist all dies, und alles ist für dich. Johannes vom Kreuz, Gebet einer verliebten Seele
Religionen bieten Möglichkeiten, existenzielle Herausforderungen zu meistern, etwa in Form von Andenken, Gebeten, Meditationen oder Liedern.
Herausforderungen:
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Böse Verhaltensweisen in der bedingungslosen Liebe der Herzensgüte verzeihen, jedoch im Alltagsleben erst dann, wenn der Mensch darum bitten.
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Übeltäter in der bedingungslosen Liebe immer Verständnis für ihr asoziales Verhalten entgegenbringen, jedoch nicht im alltäglichen Zusammenleben.
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Menschen bedingungslos lieben, im „wirklichen“ Leben jedoch nicht Alles „lieben“ (nicht alles tolerant und geduldig ertragen).
Ihr habt gehört, dass es im Gesetz von Mose heißt: “Wer jemand am Auge verletzt, soll selbst am Auge verletzt werden. Und wer anderen einen Zahn ausschlägt, soll selbst einen Zahn dafür einbüßen.” Ich aber sage: Wehrt euch nicht, wenn euch jemand Böses tut! Wer euch auf die rechte Wange schlägt, dem haltet auch die andere hin. Wenn ihr vor Gericht erscheinen müsst und euer Hemd wird euch abgenommen, gebt euren Mantel noch dazu. Wenn jemand von euch verlangt, eine Meile weit mit ihm zu gehen, dann geht zwei Meilen mit ihm. Mat 5,39
Religionen bieten Wege, dass Einzelne diese Herausforderungen meistern, in der Einsamkeit des Mensch-Seins die Kraft zum Guten, zu Gott zu finden. Eine wahre Gottes-Erfahrung heilt den Menschen von seinem Hass, lässt die Wunden des Einzelnen schließen – durch das Mittel der Vergebung und der Feindesliebe.
Aber wie macht Gott das?
Die bedingungslose Liebe, dieser Hauch Gottes ist in jedem Menschen vorhanden; sie ist allumfassend und kennt keine Grenzen. Sie ist ein Geschenk.
Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. 1. Mose 1, 31
Doch kommt der Mensch hilfebedürftig und unbewusst zur Welt. Das Kind macht sich auf den schwierigen Weg ins Leben. Kinder sind liebes-bedürftig und offen – doch andererseits auch verletzlich und manipulierbar. Je bewusster die eigene Göttlichkeit im Laufe der Zeit wird, desto mehr können die Grenzen des normalen Ich-Verstandes ausgeweitet werden. Der Nächste wird zur Schwester oder zum Bruder. So können Probleme gelöst werden, die der kleinkarierte Intellekt für unlösbar hält.
In dieser „allumfassenden“ Liebe in mir spüre ich, dass ich nicht alleine bin. Gott, alles Leben und ich sind untrennbar miteinander verbunden. In mir ist Gott und in Gott bin ich.
Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. 1 Joh 4,16
Das ist Gott- und Urvertrauen. In der allumfassenden Liebe ist der Mensch Teil der Göttlichkeit. Gott ist die Liebe und verschenkt sich in jedem Lebewesen aufs Neue. Gott will in mir gelebt werden.
Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist. Mat 5, 48
Einsichten:
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Wenn ich Gott liebe, dann liebe ich mich selbst.
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Wenn ich meinen „Feinden“ vergebe, dann vergebe ich mir auch selbst.
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Wenn ich Mitmenschen Heilung wünsche, dann heile ich mich selbst.
Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben. Mat 6, 14-15
Du sollst lieben Gott, deinen HERRN, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte.” Dies ist das vornehmste und größte Gebot. Das andere aber ist ihm gleich: “Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.” In diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten. Mat 22, 27 ff
In der allumfassenden Liebe gibt es kein Gut und Böse – im Gegensatz zur „realen“ oder „wahren“ Welt. Hier im Diesseits gibt es böse Verhaltensweisen, genauso wie den persönlichen Gott, der in Beziehung steht zu mir. Gott ist sowohl eine Persönlichkeit wie auch die „unpersönliche“ allumfassende Liebe.
Keiner ist heilig wie der HERR, denn keiner ist außer dir; und kein Fels ist wie unser Gott.
1. Samuel 2,2
Das Böse in der „realen“ Welt ist da, um es in der allumfassenden Liebe aufzulösen. Wir machen schlechte Erfahrungen, um dies zu lernen. Es ist meine Überzeugung, dass Menschen auf der Welt sind, um die bedingungslose Liebe Gottes zu vertrauen; das Licht in sich zu finden, anzunehmen und zu folgen.
Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden; wird auch nicht sagen: Siehe hier! oder: da ist es! Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch. Luk 17,20
Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden darum kämpfen, dass ich … nicht überantwortet würde … Joh 18, 36
Aus diesem Reife-Prozess resultiert der Weg zum äußeren Frieden, in die Nachhaltigkeit der Welt.
Darum sollt ihr sie an ihren Früchten erkennen. Nicht jeder, der zu mir sagt: «Herr, Herr», wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut. Mat, 7, 20
Lieber Georg Lehle,
ich lese schon seit längerem Ihr Blog mit Gewinn. Aber – als Agnostiker dürfte mich “Gottes Liebe”, von der Sie hier schreiben, eigentlich nicht weiter interessieren.
Das Gegenteil ist der Fall: Ihr Text zeigt mir ein menschliches Verständnis von Religion, das ich nicht nur “toleriere”, sondern hoch achte!
Wenn alle Gläubigen ihre Religion in einem solchen Sinn auffaßten, hätte die Menschheit gewiß ein paar Riesenprobleme weniger.
Jedenfalls: herzlichen Dank – ich werde den “friedensblick” weiterlesen!