Verbreiteten Bereitschaftspolizisten die Pausenlegende erst nach dem Polizistenmord?

Aus den Befragungen wird klar: Während der vergangenen Einsätze pauste die erschossene Polizistin Michele Kiesewetter (MK) nicht auf der Theresienwiese (TW). Genauso ist zweifelhaft, ob ihre Kollegen es taten. In der Bereitschaftspolizei (Bepo) erzählten bestimmte Polizisten erst nach dem Mord, dass sie den Ort zum pausen nutzten. Ein gutes Beispiel ist Jochen S. vom taktischen Einsatzzug (TEZ 514).

Für ihn war die TW „definitiv nur Pausenparkplatz“, „zwischen 13:30 und 14:30“. Der Tatort wäre gezielt ausgewählt worden, weil dort regelmäßig, fast täglich und oft mehrmals täglich ein Streifenwagen von uns parkte (…).“1 Es kam auch vor, dass „an einem Tag zweimal dort Pause gemacht“ wurde. „Fast jeder“ hätte den Ort gekannt. Die Mörder hätten die Polizisten ausgeraubt, weil „die Gegenstände als Trophäe geeignet sein könnten“.

Jochen S. war am Tattag in Heilbronn eingesetzt gewesen. Nach der Schulung wollte er zur TW fahren, um dort zu pausen, also genau in der Zeit, als der Überfall passierte. Es hätte allerdings eine Diskussion in seiner Gruppe gegeben, und er wäre überstimmt worden: „(…) darüber schon schockiert, weil ich an der Stelle von Michèle gewesen sein könnte. Ich denke aber, dass die Tat nicht auf eine bestimmte Person gerichtet war und es somit jeden von uns hätte treffen können.”2 So ging es stattdessen in die Weinberge. Die anderen Mitglieder seiner Gruppe dementierten allerdings eine Diskussion oder Abstimmung über den Pausenort. Darüberhinaus wies Matthias G. ausdrücklich darauf hin, dass die Pausenerzählung von Jochen S. erst nach dem Überfall in die Welt gesetzt wurde.3

Am 26. Juni 2007 erstellte die Soko-alt die Übersicht „Ermittlungsübersicht Vernehmungen von Angehörigen der BFE 523 und EZ 514“4. Darin werden die Antworten von fünfzehn Polizisten sinnhaft zusammengefasst, ob ihnen die TW als Pausenort bekannt gewesen sei. Mehrheitlich war die Antwort ein Ja. Ausgerechnet die am Tattag eingesetzten Manfred E., Natascha T. sowie die drei Zivilkräfte Matthias G., Janette R. und Cecille R. (TEZ 514). hätten den Pausenort bestätigt!

Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten 523 und 522 (BFE 523, 522)

Auch die vernommenen Beamten in der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) 522 sind sich einig: Die TW war zur Tatzeit als Pausenort unbekannt, z. B.: Yvonne M. kannte die TW nicht als Pausenort und glaubte sogar, dass in ihrer BFE 522 Einheit keiner davon wusste”.5 Immer wieder wiesen befragte Polizisten ausdrücklich auf die nachträgliche Legendenbildung hin. Yves S. (Gruppenführer BFE 522) schilderte etwa, dass sie davon „erst am Abend des Tattages erfahren [hätte], als wir mit Kollegen zusammen saßen und diese erzählt haben, dass sie dort öfter Pause gemacht haben.”6 Von Interesse sind also diese Polizisten, die die Pausenlegende verbreiteten: Das sind ausgerechnet zwei Polizisten der Gruppe, die am 25. April in Neckarsulm eingesetzt war: Gruppenführer Thomas K. und Jochen R.. Jochen R. nahm bis März an der zentralen BFE-Fortbildung teil, zuvor war er bei der TEZ 514 gewesen.7 Da sie dort gepaust hätten, wurde laut Jochen R. der Tatort „nicht zufällig gewählt.“

Ein Sonderfall ist Einheitschef der BFE 523 Thomas B.: Erst bestätigte er 2007, er hätte den Ort als Pausenort gekannt, im Jahr 2010 jedoch nicht mehr. Bei dieser Darstellung blieb er auch 2015 im bw UA.8 Genauso der am Tattag eingesetzte Uwe B. – in seinen Zeugenaussagen widerspricht er sich im Laufe der Jahre:

2007: „Ich habe dort noch nie Pause gemacht. Als Pausenplatz ist die Theresienwiese bei uns schon bekannt.”9 2011: „Ich kenne mich dort auch aus, die Theresienwiese hat mir vor der Tat schon etwas gesagt, war mir aber weder als Pauseparkplatz noch als Kontrollort bekannt.”10 2015: Frage: „Das war Ihnen bekannt? Z. U. B.: Ja.”11

Der aus Thüringen stammende Olaf M. (BFE 523) war mit MK am 19. und 20. Februar, am 19. und 20. März sowie am 03. April in Heilbronn für „sichere City“ unterwegs. Er wurde ebenfalls bei der ZAT eingesetzt und lernte Arnold „bei seinem zentralen Fortbildungslehrgang im März“ kennen. Er sagte, dass sie am späteren Tatort „öfter unsere Pausen verbracht“12 hätten. Laut der Soko-neu nutzte MK am 20. Februar „zusammen mit Koll Olaf M. (BFE 522) das spätere Opferfahrzeug“13. Ermittler hielten ihm vor, am 03. April mit MK auf der TW gepaust zu haben. Seine Antwort: „Das kann sein, speziell erinnere ich mich daran nicht.“14 Der Pausenort sei ihm von einem „Volker” gezeigt worden, der „sehr gute Ortskenntnisse“ hatte. Handelt es sich hier um Volker G.? In der Einheitsliste der BFE 523 gibt es nur eine Person mit dem Vornamen Volker, Volker G.! Der verneinte allerdings, den Platz als Pausenstandort gekannt zu haben.

Der heilbronner Kriminalpolizei (Kripo) vernahm Volker G. noch am Tattag um 16:35 Uhr im Polizeirevier Heilbronn. Er brachte ins Spiel, dass „sich die beiden etwas zum Essen oder Trinken geholt hatten und daher auch den Dienstwagen rückwärts dort abstellten.“15 Während seiner Befragung durch die Soko-neu im Jahr 2011 betonte er, dass er nur aus Presseberichten erfahren hätte, dass Kollegen dort pausten, und: „Ich selber habe dort nie Pause gemacht, habe keinen Kollegen dort jemals beim Pausemachen gesehen und mir war es vorher nicht bekannt, dass es so sein soll.“16 Wie kam er dann 2007 darauf, dass die Opfer zum Pausemachen zum Trafohaus fuhren? Nur deshalb, weil sie rückwärts einparkten?

Heilbronner Streifenpolizisten bestätigen Theresienwiese als Pausenort nicht

(Fast) Unisono sagen die vernommen heilbronner Streifenpolizisten, dass sie nicht bemerkten, dass die TW als Pausenort genutzt wurde. Timo P. sagte beispielweise, dass ihm das „noch nie aufgefallen“17 ist,„dass dort Kollegen gestanden sind.“ Er wies ausdrücklich darauf hin, dass er „seit 1992“ beim Polizeirevier ist.

Der heilbronner Kriminalpolizist Dieter A. verfasste am 11. Mai 2007 einen Vermerk über die Aussagen der Kollegen. Dort steht, dass der Pausenort „einigen wenigen Kollegen bekannt“18 war. Er stützte sich dabei auf Aussagen von Polizisten der „A-Schicht“, die zur Tatzeit Dienst hatten. Es würde sich um Kerstin K., Patrick R., Michael K. und Tobias S. handeln. Es gibt jedoch keine Wortprotokolle, die diese Aussagen belegen würden. Stattdessen gibt es nur handschriftliche Notizen einer unbekannten Person, an deren Wahrheitsgehalt gezweifelt werden muss, aus folgendem Grund:

In seiner Vernehmung durch die Soko-neu im Jahr 2010 antwortete Tobias S. auf die Frage, ob der Ort als Pausenort bekannt gewesen sei, mit einem klaren Nein: „Nein. Mir ist erst nach der Tat zu Ohren gekommen, dass die Kollegen der Bepo auf der Theresienwiese Pause machten.“19 In der Aufstellung von Dieter A. steht davon kein Wort. Das ist keine Ausnahme: Keiner der heilbronner Streifenpolizisten gab in seinen Aussagen bei der Soko an, den Ort als Pausenort zu kennen.

Als Zeugin im Prozess gegen den national-sozialistischen-Untergrund (NSU) bestätigte ausgerechnet die Ersthelferin und Polizistin Kerstin K. den Pausenort: „Ja, wir haben da selbst mal ein Eis gegessen.”20 Der Erstfinder Peter S. bestätigte dem baden-württemberger (bw) Untersuchungsausschuss (UA) ebenfalls den Pausenstandort Trafohaus: „Zehn Jahre zuvor habe ich da schon Polizisten stehen sehen, immer wieder an der tupfengleichen Stelle, also an der genau gleichen Stelle, exakt die gleiche.“21

Was machte das Wohnmobil am Trafohaus?

Am 24. April 2007 bemerkte der Schausteller (auf der TW wurde gerade ein Volksfest aufgebaut) Josef L. beim Wasserlassen, dass dort auf der anderen Seite des späteren Tatorts ein Wohnmobil stand.“22 Eventuell stand es noch am 25. April am Tatort, da war er sich nicht mehr sicher. Die Frage ist, warum keiner der befragten Bereitschafspolizisten das Wohnmobil in den Befragungen erwähnte. Am 24. April machten beispielsweise Elke S. und Patrick He. (TEZ 514) am späteren Tatort eine “Pause. Auf die Frage, ob ihm „keine Fahrzeuge aufgefallen“ waren, etwa ein Wohnmobil oder ein beiger Mercedes, antwortete Patrick He.: „Nein, daran kann ich mich in keiner Weise erinnern.“23 Daher verwarf die Soko-neu die Aussage des Schaustellers. Der Pressesprecher des bw Landeskriminalamtes (LKA) Ulrich Heffner informierte am 18. November 2011, dass es „keine Hinweise auf ein Wohnmobil“ gegeben habe!24 Aber so klar ist es nicht: Zwei Polizisten bestätigten ein „Gefährt“ in der Nähe des Tatortes:

Als Uwe G. (BFE 522) vom Überfall hörte, fuhr er mit seiner Gruppe nach Heilbronn. Er sah bei der Anfahrt zum Tatort ein „Geschäft” eines „osteuropäischen Schaustellers”! „Gerade der” stellte sich vor ihr Zivilauto und blockierte die Weiterfahrt, obwohl sie sich deutlich als Polizisten zu erkennen gaben. Der Schausteller hätte doch wissen müssen, was passierte, „sein Geschäft [war] ja direkt neben dem Trafo-Häuschen”25! Auch als Uwe B. (BFE 523) zum Tatort kam, sah er zwei Streifenwagen nebeneinander und links einen „Schaustellerwagen“26.

Ein weiterer Zeuge sah das verschwundene Wohnmobil

Am 27. April meldete sich Heinz H. bei der Polizei: Ihm fiel gegen 13:15 Uhr eine Landfahrergruppe in Tatortnähe auf. Er radelte direkt am Trafohaus vorbei und fuhr in Richtung Otto-Konz-Brücke. Hinter dem Trafohaus sah er vier Männer an zwei Wohnwägen oder Wohnmobilen stehen. Er schätzte sie als gut gekleidete Russen ein.27

Die Soko-neu wendete sich intensiv dem Zeugen zu: Am 20. Mai 2009 erstellte er gemäß seiner Erinnerungen Phantombild Nummer 6. Die Ermittler hatten Luftaufanahmen des Tatortes, die Hubschrauber zwischen 15:00 – 17:25 Uhr anfertigten. Es verließen in dieser Zeit keine Fahrzeuge die TW. Ermittler legten Heinz H. die Luftaufnahmen vor: Er wies „aufgeregt” darauf hin, “dass die Wohnwagen nicht mehr da seien.”28

Warum sollten Kollegen lügen?

Staatsraison

Falls eine Geheimaktion stattfand, dann dürften die beteiligten Polizisten darüber nichts aussagen, geschweige denn den Fall aufklären. Dies gilt vor allem, wenn US-Interessen berührt sind, die der deutsche Staat schützen muss. Der Historiker Prof Dr. Foschepoth betonte, dass auch nach 1990 Deutschland nicht voll souverän ist. Vieles ist „sacro sankt geblieben, bis heute.“ Die US-Armee betreibt beispielsweise noch immer mit Besatzungsrecht ihre Militärstützpunkte in Deutschland.

Professor Ernst von Beling (1866-1932) war einer der führenden Strafrechtswissenschaftler seiner Zeit. Er definierte 1903 in seiner Antrittsvorlesung an der Universität Tübingen „Beweisverbote als Grenze der Wahrheitsforschung im Strafprozess“. Es gäbe Barrieren, die ein Staat bei der Aufklärung von Straftaten nicht überschreiten könne: Dazu zählten an erster Stelle das Staatswohl und an zweiter die Rücksichtsnahme auf Interessen der Herrscherhäuser, sowie die Wahrung von Geheimnissen. In diesem Fall würden den Ermittlungen „Beweisverbote“ bzw. Schranken gesetzt.

Es wäre naiv zu glauben, dass sich daran heute etwas geändert hätte.

Prof Dr. Foschepoth betont: Wenn deutsche Beamte im Auftrag des Staates Gesetze brechen, dann dürfte der Beamte sein Wissen und seine Beteiligung gar nicht zugegeben, sondern müsste alles ablügen: „(…) und da hilft unser Beamtenverständnis weiter, denn der Beamte ist aufgrund seiner Treue zum Staat, zum Dienstherrn verpflichtet, Schaden abzuwenden, und wenn der Staat sagt „Das ist Schaden für den Staat“, dann macht ein guter Beamter auch alles in der Regel, um diesen Schaden abzuwenden, auch wenn das Grundgesetz dagegenspricht.“30

Angst vor dem Täterkreis

Bezüglich des „Blizzard“ dürften die eingesetzten Polizisten mit Angst reagiert haben, auch mit Selbstvorwürfen die Opfer nicht geschützt zu haben. Es wäre verständlich, wenn sie mit der Schutzbehauptung „Trafohaus war Pausenstandort“, sich aus der Schusslinie bringen wollten.

1O. 11, S. 359, A. a.12.10.10

2Polizeiordner (O.) 11, S. 361, Aussage (A.) a. 12.10.10

3Vgl. O. 10, S. 77, A. a. 24.11.2010: „Theresienweise als Pausenparkplatz kann ich heute ergänzend hinzufügen, dass mir der Kollege S., Jochen irgendwann nach meiner Vernehmung einmal erzählt hat, dass er dort häufiger Pause gemacht hat.“ „Ob die Theresienwiese als Pausenparkplatz bekannt war, weiß ich nicht. Ich selber habe dort nie Pause gemacht.“

4O. 9, S. 306

5O. 11, S. 146, A. a. 16.12.10

6O. 11, S. 493, A. a. 27.10.10

7Vgl. O. 11, S. 263, A. a. 14.10.10

8Landtag Baden-Württemberg, NSU-UA, 30. Sitzung, 19.10.15, S. 140: „War Ihnen denn die Theresienwiese als Pausenort bekannt? Z. T. B.: Nein.”

9O. 9, S. 383, A. a. 05.05.07

10O. 9, S. 393, A. a. 25.05.11

11Landtag Baden-Württemberg, NSU-UA, 31. Sitzung, 26.10.15, S. 77

12O. 11, S. 58, A. a. 09.12.10

13O. 10, S.133, Vermerk am 06.11.10

14O. 11, S. 57, A. a. 09.12.10

15O. 10, S. 100, A. a. 25.04.07

16O. 10, S. 114, A. a. 26.06.11

17O. 11, S. 176, A. a. 04.05.07

18O. 30, S. 278

19O. 11, S. 427, A. a. 22.12.10

20Annette Ramelsberger (…), „Der NSU-Prozess. Das Protokoll“, 2019, S. 272

21Landtag Baden-Württemberg, NSU-Untersuchungsausschuss (UA), 31. Sitzung, 26.10.15, Wortprotokoll, S. 65: „Vorsitzender Wolfgang Drexler: Also, wenn man Sie fragen würde, wo Polizeibeamte Pause machen, dann würden Sie sagen, wenn man Sie fragt: auf der Theresienwiese? Z. P. S.: Auf der Theresienwiese, an dem Häusle – ja, so ungefähr.“

22O. 3, S. 464, Vermerk vom 15.04.09: „Nachdem die Wahrnehmung von keinem anderen Zeugen bestätigt wurde, muss der angegebene Zeitpunkt des J. Lagerin angezweifelt werden. (…) Spur wird mit diesem Stand abgeschlossen.“

23O. 10, S. 192, A. a. 07.10.10

24Neckar-Chronik, „Landeskriminalamt: Hinweise auf Täter und Fahrzeug lagen nicht vor“, 18.11.11, „Doch die Polizei wusste zu jenem Zeitpunkt überhaupt nicht, nach wem sie eigentlich suchen sollte. „Wir hatten keine Hinweise auf ein Wohnmobil“, erklärte der LKA-Sprecher, „wir hatten auch überhaupt keine Hinweise auf die Täter.“ https://www.neckar-chronik.de/Nachrichten/Landeskriminalamt-Hinweise-auf-Taeter-und-Fahrzeug-lagen-nicht-vor-170907.html

25O. 10, S. 126, A. a. 06.10.10: „Wir haben dann die Theresienwiese über den Festplatz angefahren. Daran kann ich mich genau erinnern, da sich ein osteuropäischer Schausteller von unser Fahrzeug stellte und uns auch auf Aufforderung nicht durchlassen wollte. Wir waren mit zivilen Autos unterwegs, haben uns aber mit der Kelle als Polizeibeamte zu erkennen gegeben. Diese Reaktion ist für mich bis heute nicht erklärbar. Die Schausteller müssen doch mitbekommen haben, was passiert war. Gerade der hatte sein Geschäft ja direkt neben dem Trafo-Häuschen, also neben dem Tatort.”

26Landtag Baden-Württemberg, NSU-UA, 31. Sitzung, 26.10.15, S. 75: „Im hinteren linken Bereich Schaustellerwagen, der Streifenwagen mit der Kollegin daneben. Ich meine, es waren zwei Streifenwagen, die dort danebenstanden, und sehr, sehr wenige Passanten, die dort in dem Bereich waren.“

27Vgl. O. 3, S. 543, A. a. 16.08.07

28O. 34, S. 354, Vermerk vom 14.06.10

29Bundestag, NSU-Untersuchungsausschuss (UA), 34. Sitzung, 18.10.12, Wortprotokoll, S. 9 ff.

30Youtube, Prof. Foschepoth, Josef Foschepoth, Rede auf dem 30. Chaos Communication Congress in Hamburg, online: https://www.youtube.com/watch?v=rd7-Z_X809A, 27:00

Ein Gedanke zu „Verbreiteten Bereitschaftspolizisten die Pausenlegende erst nach dem Polizistenmord?“

  1. „Warum haben die Behörden geschlafen?“
    Das war meistens der Höhepunkt an Kritik in den Mainstream-Medien, die im übrigen das offizielle NSU-Narrativ brav durchwinken und keine tieferen Gründe für allerlei Absurditäten sehen wollten.

    „Warum ausgerechnet auf der Theresienwiese, die zumindest unter einheimischen Polizisten nicht als Pausenplatz bekannt war?“
    Mit dieser Frage im gedruckten Heft 50/2014 – erneut online gestellt im April 2017 zeigte der STERN (seit 2011 zum wiederholten Male) ein deutlich kritischeres Nachhaken – so wie man das vor Urzeiten eigentlich mal kannte beim inzwischen ehemaligen Nachrichtenmagazin SPIEGEL.

    Der STERN selber weist zu Beginn auf die (vermutlich unveränderte) Neu-Veröffentlichung hin und dadurch indirekt auf ein typisches (meist schamhaft verschwiegenes) Merkmal des dubiosen NSU-Prozesses insgesamt:
    Vom Aufwand her gigantisch und hyperaktiv, kam er hinsichtlich echten, belastbaren Aufklärungs-Ergebnissen so gut wie nicht vom Fleck. Denn in den fast zweieinhalb Prozess-Jahren, die von der ersten bis zur zweiten Veröffentlichung vergangen waren, blieben so gut wie alle Artikel-Fragen aktuell, sprich: offen.

    Zum Beispiel solche wie:
    – „Was machte die Polizei an diesem Tag in Heilbronn?“
    – „Und was ist mit den blutverschmierten Männern?“
    – „Was war so wichtig in Heilbronn?“ (=für die Uwes)
    – „Warum lockten sie nicht irgendeine Streife über den Notruf 110 in irgendeinen weniger öffentlichen Hinterhalt?“
    – „Warum weisen die Tatwaffen zwar unbekannte DNA, aber keine der toten Täter auf?“
    – „Wieso ist die Jogginghose mit den Blutspritzern viereinhalb Jahre lang nicht gewaschen worden? (…) In Zwickau haben ausgerechnet diese Beweise das Feuer unversehrt überstanden.“

    Oder das unerklärte Entlasten von Tatverdächtigen:
    – „Jahrelang gehen die Ermittler von bis zu sechs Tätern aus.“
    – „Dass mehrere blutverschmierte Menschen vom Tatort flüchten, aber angeblich nichts damit zu tun haben.“

    https://www.stern.de/politik/deutschland/mord-an-mich%C3%A8le-kiesewetter–rekonstruktion-eines-mysterioesen-falls-3252628.html

    „Aufklärung unerwünscht?“ – so titelte der STERN 2016 u.a. zum Umstand, dass wichtige Dokumente amtlich geheim gehalten werden und es weiter unklar sei, „ob die junge Polizistin wirklich ein Zufallsopfer war, weil die Neonazis es auf ihre Waffe abgesehen hatten“,
    https://www.stern.de/politik/deutschland/nsu-mord-an-mich%C3%A8le-kiesewetter–aufklaerung-unerwuenscht–7053036.html

    Bei so viel aufrechtem Gang der STERN-Reporter fragt man sich, wie korrupt eigentlich die der anderen Medien die zähen fünf Prozessjahre über waren? Dazu liefert der STERN eine Anekdote:
    „Zuschauer des NSU-Prozesses klauen für tausende Euro Essen“,
    https://www.stern.de/politik/deutschland/nsu-prozess–beobachter-klauen-fuer-tausende-euro-essen-7037286.html

    Der (heikle) Clou kommt dann erst im Artikel-Text:
    „Weil in den vergangenen Monaten am Rande des Prozesses Snacks im Wert tausender Euro gestohlen wurden, stellte der Caterer mit sofortiger Wirkung seinen Imbissverkauf ein, wie das Oberlandesgericht am Donnerstag mitteilte. Zuschauer und Prozessberichterstatter haben sich offenbar über einen längeren Zeitraum einfach an dessen Waren bedient, ohne dafür zu zahlen.“

    Klauende „Zuschauer UND Prozessberichterstatter“ – kein Wunder, dass letztere über diesen Umstand (sprich: über sich selbst) nicht so gerne ausführlich berichten wollten.
    Vielleicht wird die Nachwelt die mediale Ausstrahlung „eines der teuersten Verfahren der Geschichte“ irgendwann mal so in die Geschichtsbücher übernehmen:
    Gauner berichten über ein Gaunerstück.

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