“Ignoranz ist eine Massenvernichtungswaffe”. Dass dieser Spruch zutrifft, zeigt die Eskalation im Ukraine Krieg. Nicht erst seit dem Eingreifen Russlands in den ukrainischen Bürgerkrieg, nein schon seit dem sogenannten “Maidan-Putsch” im Jahr 2014, spielen bei uns die Argumente und Interessen der Ost- und Süd-Ukrainer sowie von Russland keinerlei Rolle. Folgenden Artikel schrieb ich schon im Jahr 2014.
Nur wenn die unterschiedlichen Interessen beider Seiten gesehen und anerkannt werden, ist eine diplomatische Lösung möglich.
Folgender Spruch fasst die unterschiedlichen Interpretationen, was vor sich geht, zusammen, alle Seiten haben auf ihre Weise Recht:
Für die West- und Nord-Ukrainer ist ein Angriffskrieg,
Für den Donbass ist es ein Befreiungskrieg,
Für Russland ist es ein Verteidigungskrieg gegen die NATO-Osterweiterung,
Für die USA ist es “Big Business”.
“Der Einmarsch der Russischen Föderation in die Ukraine war illegal. Ich verurteile ihn auf das Schärfste. Außerdem war der russische Einmarsch in die Ukraine nicht „unprovoziert“, also verurteile ich die Provokateure ebenfalls aufs Schärfste. ”
Roger Waters
https://www.pressenza.com/de/2023/02/roger-waters-vollstaendige-rede-vor-dem-un-sicherheitsrat/
Zur Cancel-Culture-Hass-Kampagne gegen lästige kritische Geister wie Roger Waters, Daniele Ganser oder Anna Netrebko lieferten die NDS gestern einige aktuelle Infos,
https://www.nachdenkseiten.de/?p=93811
Die Stroer-Kampagneseite t-online diffamiert z.B. den Historiker Ganser als „Verschwörungsunternehmer“ und – weil man halt nichts Handfestes gegen ihn hat, betitelt man das Machwerk (pandemic style?) dunkel raunend mit
„Darum ist Daniele Ganser so gefährlich“,
https://www.t-online.de/region/stuttgart/id_100124494/daniele-ganser-darum-ist-er-laut-experten-so-gefaehrlich.html
Zum Artikel-Thema:
Das ständig wiederholte Mantra vom „unprovozierten Angriffskrieg“ ist eine mehrfach manipulative und daher ausführlich zu hinterfragende Floskel.
Beginnt denn nicht nur „Putins Krieg“, sondern ausnahmslos jeder Krieg als Angriffskrieg bzw. setzt sich fort in ständigen (wechselseitigen) Angriffen?
Und steht immer „der Angriff“ am Anfang der Geschichte – oder gibt es nicht doch immer eine wichtige Vorgeschichte?
US-Angriffe pflegen jedenfalls eine Vorgeschichte zu haben, wenn auch (je nach Standpunkt) oft eine sehr absurde:
Der Angriff auf Afghanistan im Oktober 2001 war z.B. angedroht für den Fall, dass die Taliban nicht sofort und bedingungslos Bin Laden ausliefern – einen ausländischen, fremdsprachigen Gast, während Afghanen selber nicht unter den 19 Attentätern waren und auch nie als Hintermänner unter Verdacht standen.
Die Taliban verweigerten nicht die Auslieferung, beharrten aber auf der vorherigen Vorlage von Beweisen.
Das war keine „Provokation“, sondern ist bei internationalen Auslieferungsgesuchen durchaus üblich und garantiert dennoch selbst bei erfolgter Beweis-Vorlage oft keine Auslieferung:
Deutschland liefert z.B. generell keine eigenen Bürger ans Ausland aus, nimmt die Strafverfolgung also in die eigene Hand (sofern das Vorgeworfene hier überhaupt strafbar ist).
Aber die Amis hatten quasi schon vorab die (zur Ungeheuerlichkeit stigmatisierte) Weigerung fest eingeplant und starteten – ohne weitere Verhandlungs-Versuche – wild entschlossen ihren „Angriffskrieg“, den sie selber aber als „Gegenschlag“ bzw. „Verteidigungs“-Maßnahme gegen den Angreifer Bin Laden und seine Komplizen verstanden wissen wollten.
Dieser „Schlag“ war (entgegen dem kraftmeierischen Vorspiel der Amis) aber nicht einmal nach den niederschwelligen US-Maßstäben („Amerika ist unter Attacke bzw. steht im Anti-Terror-Krieg“) durch die Taliban „provoziert“ worden:
Die Buchautoren Bröckers / Walther konnten 10 Jahre später, im angeblichen Jahr der Tötung Bin Ladens durch eine US-Spezialeinheit, festhalten:
„Sicher ist allerdings, dass es keine Beweise für seine 9/11-Täterschaft gibt“
Die Nicht-Lieferbarkeit von rechtsstaatlichen Beweisen gegen Bin Laden war keine bloße Behauptung herzloser Nicht-Amerikaner ohne Mitgefühl für das 9/11-Leiden der Amis:
Das Fehlen von Beweisen bestätigte bereits in der Mitte dieser 10 Jahre niemand geringerer als die oberste US-Polizeibehörde höchstselbst!
Schon 2006 wunderten sich nämlich viele, warum nach Bin Laden wegen verschiedener Verbrechen gefahndet wurde, aber ausgerechnet nicht wegen des Jahrhundert-Verbrechens, dessen Mastermind er doch angeblich gewesen sei.
Das FBI rechtfertigte sich damals ausdrücklich so:
9/11 fehle deshalb auf der Osama-Steckbrief-Seite, weil „die Ermittlungen des FBI keine konkreten Indizien für Bin Ladens Beteiligung an 9/11“ ergeben hätten!
https://www.telepolis.de/features/Exitus-per-Kopfschuss-ist-kein-Schuldbeweis-3389565.html
Nach fünf Jahren emsigen Ermittlungen eine durchaus erstaunliche Aussage! Zumal der vorschnell gestartete, aber ungerechtfertigte Angriffskrieg sich zwischenzeitlich in einen Besatzungs- bzw. Partisanenkrieg zwischen USA & Co. einerseits und Afghanen andererseits verwandelt hatte und ab 2006 nochmals weitere 15 Jahre dauern sollte …
Zu allem Überfluss hatte Bush junior noch den Verteidigungsfall nach Artikel 5 des Nato-Vertrags ausgerufen und die Nicht-Auslieferung eines einzelnen Mannes aus dem Armenhaus Asiens zum afghanischen Angriff auf das weltgrößte Militär-Bündnis aufgebauscht!
Ließen sich die Nato-Mitglieder aus Dummheit auf dieses üble Spiel ein? Oder weil sie immer noch von den 9/11-Bildern geschockt waren? Oder waren sie einfach zu feige, dem zornig auftretenden Hegemon mal ein paar klärende Vorab-Fragen zu stellen statt sofort stramm zu stehen?
Mit dem nie aufgearbeiteten Tabu-Bruch 2001 (und eigentlich schon 1999 mit der Nato-Bombardierung Serbiens) begann jedenfalls die gezielte Umwandlung der Nato als bisheriges Verteidigungsbündnisses in ein Angriffs- bzw. „Interventions“-Bündnis, in dem das große Imperium immer rücksichtsloser die Vorgaben macht und Gefolgschaft von den Vasallen verlangt.
Auch wenn egoistisch motivierte „Militäraktionen“ des Westens jetzt auf so schöne Namen wie „Interventionen“ oder „Friedensmissionen“ hören – sie bleiben Angriffskriege: z.B. die wertewestliche Zerbombung des Irak 2003 sowie Libyens und Syriens ab 2011.
Gibt es zu Putins Angrif eine driftige „Vorgeschichte“?
Wenn man unsere Narrativ-Wärter hört: nein.
Die kleine Ukraine habe nichts angestellt und könne für das große Russland doch überhaupt keine Bedrohung sein.
Klingt zunächst gut, ist aber geschichtsvergessen. Denn wer so argumentiert, soll erst mal erklären, warum Kennedy sich 1962 vom kleinen Kuba sich so bedroht fühlte, dass er todernst mit atomarem Weltkrieg drohte…
Das Vorrücken der Nato samt Aufrüstung des Nicht-Nato-Landes Ukraine ist für Moskau nichts weniger als ein „Kuba 2.0“ – eine Bedrohungslage mit umgekehrter Zielrichtung der Raketen!
Und die Aufrüster, die sich selber als harmlose „Nicht-Kriegspartei“ und „Ukraine-Beschützer“ rühmen, sollen mal erklären, warum Kiew 2014 – 2021 heuchlerisch verhandelte, aber weiter eigene, russisch-sprachige Bürger an der Grenze zu Russland bombardierte und im letzten Jahr vor Putins Einmarsch in den Donbas den ukrainischen Einmarsch dorthin massiv vorbereitete und lauthals ankündigte,
http://friedensblick.de/33188/kissinger-mahnte-schon-2014-vergeblich-brueckenbau-statt-putin-daemonisierung/#comment-11595
Wenn die wertewestlichen Narrativ-Wärter das Thema „provoziert – unprovoziert“ überhaupt näher beleuchten, dann schrumpfen sie es zum Psycho-Problem eines einzelnen Mannes, des (Zitat Henry Kissinger) „dämonisierten“ angeblichen Despoten, der einfach eroberungsgierig und landhungrig sei oder wehmütig-gewaltbereit eine verflossene Großmacht-Vergangenheit wieder auferstehen lassen wolle.
Mit diesem Zerrbild begründen die gewaltlüsternen Scharfmacher und Eskalierer, die hämischen Rote-Linien-Überschreiter und Atomkriegsgefahren-Verharmloser, die lobbyierenden Waffenliefer-Freunde und transatlantischen Vorzeige-Vasallen ihr Dogma von Putins bzw. Russlands angeblicher Verhandlungs-Unwilligkeit.
Hinter der wollen sie sich nämlich verstecken, um die eigene Verhandlungsunwilligkeit nicht offenbaren zu müssen und für einen Kampf bis zum Endsieg trommeln zu können.
Ob das Sterben im Namen des Selbstverteidigungsrechts weitergehen soll, könnte man theoretisch (wenn man schon nicht die vielen Zwangsrekrutierten oder flüchtigen Wehrpflichtigen fragen will) mal die „zu befreienden“ Ost- und Südukrainer fragen. Nach überzeugenden Berichten sprechen und fühlen die nämlich mehrheitlich russisch – haben sich aber nicht ins Land geschlichen, sondern wohnen im Land ihrer Vorfahren, was sie aber nicht verschont vorm Hass der westukrainischen Bandera-Nazis.
Putin angebliche Gier ebenso wie das gehypte Selbstverteidigungsrecht des eisern entschlossenen (in Wirklichkeit aber gespaltenen) ukrainischen Volkes beziehen sich (zumindest vordergründig) hauptsächlich auf die Interessen dieser vom Krieg und Grenzverschiebungen betroffenen Süd- und Ostukrainer.
IHR Wille, ihr Überlebens- und Selbstverwirklichungs-Interesse sollte dann wenigstens so gebührend berücksichtigt werden, wie das der Kosovo-Albaner 1999, als die Nato die Abtrennung des Kosovo herbeibombte.
Danach sieht es aber nicht aus: Das was beim Kosovo als Heilmittel angepriesen wurde (nämlich die Abspaltung), wird im Fall der Ukraine ohne lange Analyse als das Übel definiert.
Warum zweierlei Recht angewendet wird, erklärt sich von selbst: Immer gerade so, wie es dem Westen nützt, wird das passende Narrativ gebastelt.
Jeffrey Sachs, US-Star-Ökonom, erstellte einen Leitfaden für den Frieden. Dort steht an oberster Stelle: “Bei der Vermittlung geht es im Kern darum, dass alle Parteien legitime Interessen und Grund zur Klage haben.”https://www.nachdenkseiten.de/?p=91890
Die russischen Interessen spielen allerdings schon seit 2014 keinerlei Rolle in der medialen Berichterstattung bei uns, daher spielen sie bei unseren Politikern auch keine Rolle. Wie soll Diplomatie möglich sein, wenn unsere oberste Diplomatin, die grüne Außenministerin Baerbock von “Krieg gegen Russland” spricht?
Daß eine diplomatische Lösung die Anerkennung der Sichtweise des Konfliktes durch alle Konfliktparteien verlangt, ist nicht bestreitbar, aber leider ist auch ebenso klar, daß die Nato keine diplomatische Lösung will. Das erklärt sich aus ihren politischen Kriegszielen, dem des Sturzes von Putin und der Einsetzung einer prowestlichen Regierung in Rußland. Man achte mal darauf, wie energisch jetzt ein Kriegsverbrechertribunal gegen die jetzige russische Regierung gefordert wird. Ein solches Tribunal setzt aber den Sturz der russischen Regierung voraus und den erhofft man sich durch einen langdauernden Krieg.