Verursacher und Sündenböcke im offiziellen Corona-Narrativ

Corona als Zoonose, bei der ein Virus vom Tierreich auf die Menschheit überspringt, ist eine Naturkatastrophe, an der (ähnlich wie beim Klima) kein einzelner richtig große Schuld hat, höchstens die Menschheit allgemein durch ihr Umwelt- und Konsumverhalten?

Seit über einem Jahr wird das der Öffentlichkeit quasi als gesichert verkauft und was der Faktencheck der Westdeutschen Zeitung schon am 14.04.2020 verkündete, wurde seither vielfach wiederholt:
„Coronavirus aus dem Labor? Warum das nicht plausibel ist“  [1]

Gegenteilige Behauptungen wurden zwar gerne als Verschwörungstheorie abgetan, aber die WHO hatte längst vier ungeklärte, nach Wahrscheinlichkeit sortierte Hypothesen, wie Sars-CoV-2 unters chinesische Volk gekommen sein könnte:

  1. von Fledermäusen über einen tierischen Zwischenwirt
  2. ???
  3. per Tiefkühl-Importen aus dem Westen
  4. aus einem Viren-Labor in Wuhan entwichen

WHO untersucht drei Ursachen – eine vierte bleibt namenlos

Sie begann daher im Januar 2021 eine vierwöchige Recherche-Reise in China. Im dortigen Wuhan befindet sich bekanntlich sowohl der Wildtiermarkt, der als Ursprung der Pandemie gelten soll (These 1) als auch die Hightech-Labore, von denen eines alternativ als Virus-Quelle in Betracht kommen soll (These 4). Dass auf dem gründlich gereinigten Wildtiermarkt nichts mehr zu finden sein wird, muss den Reisenden eigentlich von vorneherein klar gewesen sein. Hatte man in der „westlichen“ Hälfte der paritätisch mit 17 Chinesen und 17 Nicht-Chinesen besetzten Kommission doch die heimliche Hoffnung, mehr über das Labor und seine evtl. Pannen zu erfahren?

Am 09.02.2021 berichteten der SWR („WHO-Experten: Coronavirus stammt vermutlich von Fledermäusen“) und die FAZ („Wuhan bleibt ein Rätsel. Leicht wurde es den Wissenschaftlern dabei nicht gemacht“) sehr unterschiedlich über das auf der WHO-Pressekonferenz vorgestellte Ergebnis:

Laut SWR [2] halten halten die WHO-Experten die Labor-These (Nr. 4) für weiterhin „extrem unwahrscheinlich“, während diese für die FAZ [3] nur das am „wenigsten wahrscheinliche“ der vier Szenarien war. Immerhin räumt die FAZ ein, dass diese „Theorie“ vor allem von der früheren Trump-Regierung vertreten worden sei, die ja bekanntlich immer sehr schnell und aggressiv mit Anschuldigungen (und hohen Schadensersatz-Forderungen) war. Was die chinesischen Empfindlichkeiten in dieser nicht nur wissenschaftlichen, sondern hochpolitischen Frage ein Stück weit verständlicher macht.

Und die FAZ erwähnt sogar selbst (wenn auch etwas versteckt), dass ein westliches Delegationsmitglied, der britisch-amerikanische Zoologe Peter Daszak, China in den höchsten Tönen für seine Offenheit lobte, was am Artikel-Anfang ja anders dargestellt wird:
„Leicht wurde es den Wissenschaftlern dabei nicht gemacht.“

Die Gegenanschuldigung Chinas Richtung Westen (nämlich ob das Virus auch über Tiefkühlprodukte nach China gekommen sein könnte), liegt laut FAZ auf Platz 3 der vier wahrscheinlichsten Hypothesen – und damit noch vor der These Wuhan-Labor!
Sie müsse laut SWR noch genauer untersucht werden; jedenfalls gab es „in Wuhan aber auch Ansteckungen, die nicht mit diesem Markt in Zusammenhang gebracht werden konnten“.

Tiermarkt Wuhan oder ein anderer (chinesischer) Tiermarkt – diese Frage ist ziemlich bedeutungslos, denn „Die Hypothese, das Virus sei von einer Fledermaus über einen Zwischenwirt auf den Menschen übergesprungen, landete auf Platz eins“, so die FAZ.
Leider verraten uns weder SWR noch FAZ, welche Ursachen-Hypothese eigentlich den Platz 2 belegt!

Ein chinesischer Experte „verwies mehrfach auf die Notwendigkeit, den Ursprung des Virus auch in anderen Ländern zu suchen“, was WHO-Delegationsleiter Embarek bejahte, aber sogleich auf Chinas südliche Nachbarländer und deren Fledermäuse bezog; das gehört somit ebenso zu Nr. 1 der vier Hypothesen.

Viertbeste These wird wiederbelebt, zweitbeste bleibt unbenannt

Gestern berichtete die NZZ :
„Das von Anfang an kursierende Geraune, das Virus könnte auch aus einem chinesischen Labor entwichen sein, lehnten die allermeisten Wissenschafter als blanken Unsinn und Verschwörungstheorie ab. Inzwischen hat sich der Wind gedreht. Auch namhafte Forscher wie der amerikanische Infektiologe und Präsidentenberater Anthony Fauci sprechen sich heute öffentlich dafür aus, die Laborthese nicht vorschnell fallenzulassen.“ [4]

Neben dem wenig überzeugenden Hinweis auf den eigentlich sehr umstrittenen [5] Fauci sieht die NZZ im endgültigen schriftlichen WHO-Bericht Ende März den Wendepunkt: Angeblich „löste die Beurteilung weltweit Unverständnis und Empörung aus. Denn aus westlicher Sicht war der Kommission der Zugang zu wichtigen Daten und Informationen verwehrt worden. Ein fundiertes Urteil über die Laborthese sei deshalb nicht möglich, so der Tenor der enttäuschten Forschergemeinde“.

So china-feindlich hatte sich nach der WHO-Preesekonferenz am 09.02.2021 weder FAZ noch SWR geäußert und auch der taggleiche NZZ-Bericht zur Hypothese Nr. 4 (Labor Wuhan) lautete noch:
„Eine der Thesen über den Ursprung der Pandemie kann praktisch ausgeschlossen werden, doch viel bleibt unbekannt“, [6].

Bereits wenige Tage nach der Pressekonferenz fiel allerdings WHO-Chef Ghebreyesus dem Leiter der Expertengruppe in Wuhan in den Rücken und erklärte, „alle Hypothesen würden weiterverfolgt“.
Damit war wohl These 4 angesprochen (genau genommen auch These 2, aber was man nicht weiß, macht einen nicht heiß), [7].

Immerhin nennt die gestrige NZZ einen unpolitischen Grund:
„Dass die Laborthese derzeit Hochkonjunktur hat, geht nicht nur auf die unglückliche WHO-Mission zurück. Begünstigend wirkt auch, dass die von den meisten Forschern bevorzugte Naturthese immer noch nicht bewiesen ist. Offenbar haben die chinesischen Behörden schon 80 000 Tiere auf das Virus getestet: ohne Erfolg. Bei Sars und Mers, den beiden anderen schweren Coronavirus-Krankheiten, liess sich der gesuchte tierische Zwischenwirt innerhalb von wenigen Monaten finden.“

Wenig überzeugend dagegen die NZZ-Folgerung:
„Findet eine rigorose Untersuchung keine belastbaren Beweise, wäre die Laborthese vom Tisch und der natürliche Ursprung der Corona-Pandemie breit akzeptiert.“ Soll heißen: Erst wenn ihr Chinesen die Hosen vollständig runterlasst, werden wir Hypothese Nr. 4 (Panne im Wuhan-Labor) großzügig fallen lassen und ganz fest an Hypothese Nr. 1 glauben (auch wenn nach den eigenen Ausführungen der NZZ diese sogenannte „Naturthese“ mit dem Zwischenwirt nach bisher 80 000 vergeblich untersuchten Tierarten wohl endgültig ein Phantom bleiben wird).

Hypothese Nr. 3 (nach China importierte Tiefkühlkost) scheint keinen mehr zu interessieren – aber warum erfahren wir immer noch nichts, worin die WHO-Hypothese Nr. 2 überhaupt besteht?

Auch ein ZEIT-Kommentator beißt sich an These 4 fest:
„Corona-Ursprung: Von China wird die Welt nichts erfahren –
US-Präsident Biden fordert eine unabhängige, internationale Untersuchung zum Corona-Ausbruch in Wuhan. Die wird es nie geben: Das politische System Chinas verhindert es.“

Ein Grund für das recht späte Aufwärmen der eigentlich alten Labor-These wird auch genannt:
„… warum die These in der öffentlichen Diskussion oft so spektakulär erscheint, ist, dass sie mit Verschwörungsmythen in Verbindung gebracht wird, nach der dunkle Mächte ein hausgemachtes Virus ausgesetzt hätten“, [8].

Platz 2 – eine unausprechliche Verschwörungstheorie?

Da ist sie wieder, die Abneigung gegen „Verschwörungstheorien“ – jedenfalls dann, wenn sie gegen westliche Mächtige gerichtet sind. Bei Vorwürfen gegen China will man eventuell nicht so kleinlich sein.

Die in der ZEIT etwas versteckt erwähnten Gegenvorwürfe aus China beziehen sich auf These Nr. 3 (Tiefkühlware) – und liefern vielleicht endlich einen Hinweis auf den bisher vermissten Inhalt der (WHO-)These Nr. 2:
„Beispielsweise sollen US-Soldaten das Virus 2019 nach Wuhan eingeschleppt haben oder importierte Tiefkühlware sei der Verbreitungsweg.“

Vom 18. bis zum 27. Oktober 2019 fanden in Wuhan die Militärweltspiele statt, die der Fecht-Olympiasieger Matteo Tagliariol als frühen Hotspot der Corona-Pandemie verdächtigte:
„Als wir in Wuhan eingetroffen sind, sind wir alle erkrankt. Alle sechs Personen in meiner Wohnung waren krank, auch viele Athleten anderer Delegationen (…) Ich hatte schweren Husten, viele andere Athleten hatten Fieber.“ Das Schlimmste habe ihn jedoch bei der Rückkehr nach Italien erwartet. „Ich hatte sehr hohes Fieber und konnte nicht atmen. Auch Antibiotika halfen nicht. Drei Wochen lang war ich krank und sehr schwach. Danach ist mein zweijähriger Sohn Leo erkrankt. Er hat drei Wochen lang gehustet. Auch meine Lebensgefährtin ist krank geworden, doch in leichterer Form. Als man begonnen, hat, vom Virus zu sprechen, dachte ich: Ich habe mich angesteckt. Ich erkannte die Covid-19-Symptome. Ich bin ein Sportler, mir ging es für meine Standards sehr schlecht“, [9].

Fast 10.000 Athleten (darunter 243 Deutsche) aus mehr als 140 Ländern hatten an den Militärweltspielen teilgenommen. Den Zeitpunkt Oktober 2019 fand der FAZ-Bericht (Mai 2020) „bedenklich“, verzichtete aber (da nur unter Rubrik „Sport“ laufend?) auf jegliche Rückschlüsse auf Virus-Art und -Herkunft.

Sportler und ihre schnell dementierten Krankheits-Erinnerungen

Dagegen beeilte sich die Süddeutsche Zeitung (SZ) – drei Tage nach der FAZ – der Sache den Wind aus den Segeln zu nehmen: Dem Olympia-Sieger Tagliariol sei schnell von seinen italienischen Kollegen widersprochen worden und er selber (von dem nicht bekannt sei, „dass er kuriosen Weltansichten oder gar Verschwörungstheorien anhängen“ würde), fühle sich inzwischen „missverstanden“, [10].

Über einen parallelen Fall von Wunderheilung (oder medialer Gesundbetung?) weiß die SZ aus Frankreich zu berichten:
(Tagliariols) „Zeugnis ging durch die italienischen Medien, mit den üblichen Verkürzungen. Es passte gut zum Erlebnisbericht der Modernen Fünfkämpferin Élodie Clouvel aus Frankreich. Sie erzählte, dass sie und ihr Lebenspartner, der in Wuhan als Zehnkämpfer antrat, nach ihrer Rückkehr ‘an Corona’ erkrankt seien. Tatsächlich? Das französische Verteidigungsministerium dementierte schnell. In der Delegation habe es keine Covid-19-Fälle gegeben, weder während der WM noch danach.“

Die Sicht der Chinesen: Bei Platz 2 schulden die USA Aufklärung

Dagegen hatte, ebenfalls im Mai 2020, Radio China International (CRI) die Frage nach der Rolle der USA aufgeworfen – [11]:
„Verkauf von E-Zigaretten seit 2007 in den USA:
Warum ist die ,E-Zigaretten-Krankheit’ letztes Jahr ausgebrochen?“
Der Ausbruch im August 2019 kam nämlich so urplötzlich, dass er schlecht zur offiziellen Erklärung passt, E-Zigaretten würden halt das schädliche Tetrahydrocannabinol (THC) enthalten.

Dass diese neue unerklärliche Krankheit kurz nach der Schließung des biologischen Labors von Fort Detrick im Juli 2019 ausbrach und zudem in der Umgebung des Forts, führt direkt zur Frage, ob das Labor vielleicht mehr zur neuen Krankheit beitrug als die Inhaltsstoffe der E-Zigarette und ob somit wahre Problem-Labor auch in Sachen Corona eher in den USA lag und nicht in China?

Denn „die klinischen Symptome der Patienten mit dieser Krankheit sind denen der Patienten, die an Covid-19 erkrankt sind, sehr ähnlich“ – bis hin zur Notwendigkeit der Beatmung mancher Patienten auf Intensivstationen.

Und da Fort Detrick eine Militär-Einrichtung ist, dürften doch einige der dort ab Juli / August Infizierten (samt Virus) im Oktober mit zur Militär-Olympiade nach Wuhan / China gereist sein?

CRI berichtete weiter (unter Berufung auf USA Today):
„Seit 2003 ereigneten sich in amerikanischen Laboren Hunderte von Unfällen, bei denen Menschen versehentlich mit tödlichen Mikroorganismen in Kontakt kamen.
Wenn die Menschen durch direkten Kontakt mit tödlichen Viren infiziert werden, kann sich durch diese Personen ein Virus in der Gemeinschaft ausbreiten und eine Epidemie auslösen“.

[1] https://www.wz.de/panorama/coronavirus-aus-dem-labor-warum-das-nicht-plausibel-ist_aid-50048329
[2] https://www.swr.de/wissen/who-studie-wuhan-urspruenge-des-coronavirus-100.html
[3] https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/who-corona-untersuchung-in-china-wuhan-bleibt-ein-raetsel-17189550.html
[4] https://www.nzz.ch/wissenschaft/laborthese-zur-corona-pandemie-wie-sie-zu-beweisen-waere-ld.1628166
[5] https://www.welt.de/politik/ausland/article231529081/Tausende-E-Mails-veroeffentlicht-Anthony-Fauci-im-Chaos-der-Pandemie.html
[6] https://www.nzz.ch/international/coronavirus-who-mission-in-wuhan-schliesst-laborthese-aus-ld.1600871
[7] https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/corona-ursprung-who-verwirft-wuhan-laborthese-doch-nicht-17196115.html
[8] https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-05/corona-ursprung-joe-biden-china-wuhan-untersuchung-usa
[9] https://www.faz.net/aktuell/sport/mehr-sport/militaerweltspiele-2019-in-wuhan-damals-schon-corona-faelle-16758894.html
[10] https://www.sueddeutsche.de/sport/coronavirus-militaer-wm-wuhan-1.4903275
[11] http://german.cri.cn/aktuell/alle/3250/20200513/466377.html

3 Gedanken zu „Verursacher und Sündenböcke im offiziellen Corona-Narrativ“

  1. Christian Drosten gestern zu den Herkunfts-Thesen im Interview mit einer Zeitung aus der Schweiz [1]:

    „Es gibt ja eigentlich zwei Labor­thesen. Die eine wäre Böswilligkeit, dass also jemand absichtlich ein solches Virus konstruiert hat. Die andere wäre der Forschungs­unfall, dass also trotz guter Absicht und Wissbegierde ein Experiment schief­gegangen ist. Das Böswillige, also ehrlich gesagt: Da müssen Sie mit Geheim­dienstlern drüber reden. Ich kann das als Wissenschaftler nicht beurteilen.“

    Beide Laborthesen schließt er zumindest für Wuhan aus:

    „Diese Idee eines Forschungs­unfalls ist für mich ausgesprochen unwahrscheinlich, weil es viel zu umständlich wäre. Die Idee eines böswilligen Einsatzes irgendeines Geheimdienst­labors irgendwo: Wenn überhaupt, dann käme so etwas wohl nicht aus dem Wuhan-Virologie-Institut. Das ist ein seriöses akademisches Institut.“

    Was er mit „umständlich“ im Zusammenhang mit Unfall meint, klingt seinerseits etwas umständlich:

    „Der ganze Backbone des Virus ist anders: Sars-2 ist voller Abweichungen zum ursprünglichen Sars-1-Virus. (…) Lassen Sie es mich mit einem Bild erklären: Um etwa zu überprüfen, ob Anpassungen das Virus ansteckender machen, würde ich ein bestehendes System nehmen, da die Änderung einbauen und das dann vergleichen mit dem alten System. Wenn ich wissen will, ob ein neues Autoradio den Klang verbessert, dann nehme ich ein bestehendes Auto und tausche da das Radio aus. Dann vergleiche ich. Ich baue dafür nicht ein komplett neues Auto. Genau so war das aber bei Sars-2: Das ganze Auto ist anders.“

    Das ist wohl so zu verstehen:
    Für kleine Zwischenfragen baut man nicht in einer Großaktion das komplette Virus um. Wenn die Großaktion für Wuhan zuträfe, dann hätte man dort über Jahre hinweg einen großen Fragenkatalog abgearbeitet.
    Und das wäre der weltweiten Wissenschaftsgemeinde nicht entgangen, denn bei dieser Arbeit fallen zahlreiche Studien an, die nach und nach veröffentlicht werden – jedenfalls von normalen (transparenten) wissenschaftlichen Laboren wie das in Wuhan, zu Geheimlaboren kann er ja nichts sagen.

    Sein Favorit für die Entstehung von Sars-2 sind (wie 2003 bei Sars-1) die Fledermäuse und für den nötigen Zwischenwirt:
    „Karnivoren­zucht. Die Pelzindustrie.“

    Zu den als Pelzlieferanten genutzten Karnivoren (Fleischfresser) zählen Marderhunde, Schleichkatzen und Nerze. Die werden natürlich nicht mit Fledermäusen gefüttert, aber diese „Pelz­nutztier­zuchten sind teilweise Wild­zuchten, da werden also immer wieder Wildfänge dazugetan.“

    Man müsste systematisch Stichproben in den Zuchtbetrieben von ganz China nehmen. Ob die Chinesen dies machen, dazu habe er keinerlei Informationen und auch für seine Pelzindustrie-Theorie insgesamt keine Beweise.

    Zumindest zu den „Stichproben“ scheint die NZZ einen Wissensvorsprung zu haben, die vor wenigen Tagen meldete (Link Nr. 4 im obigen Artikel):
    „Offenbar haben die chinesischen Behörden schon 80 000 Tiere auf das Virus getestet: ohne Erfolg. Bei Sars und Mers, den beiden anderen schweren Coronavirus-Krankheiten, liess sich der gesuchte tierische Zwischenwirt innerhalb von wenigen Monaten finden.“

    Da müsste die Pelzindustrie eigentlich längst mit untersucht und ausgeschlossen worden sein – sofern die chinesischen Behörden bei diesem seit jeher unrüchigen Exportschlager keine Vertuschungsstrategie fahren, was ihnen so konkret aber (von US-Hardlinern mal abgesehen) wohl auch nicht vorgeworfen wird.

    So glänzte z.B. Europa selber statt mit akribischem Untersuchungswillen mit einem panischen Schnellschuss: „Aufgrund einer Coronavirus-Mutation wurden im November auf 284 Pelztierfarmen in Dänemark Millionen Nerze gekeult. Nun will die dänische Regierung vier Millionen Kadaver wieder ausgraben und verbrennen lassen“, berichtete der SPIEGEL [2] im vergangenen Dezember. Zuvor hatten die Betriebe im „Land der toten Nerze“ Sonderprämien für besonders schnelles Töten erhalten, [3].

    Für dieses „nun wieder ausgraben“ war allerdings kein sofortiger Start vorgesehen, sondern erst der aktuelle Mai / Juni, denn die „Exhumierung soll den Angaben zufolge in sechs Monaten beginnen, wenn ein Infektionsrisiko ausgeschlossen werden kann“. So genau will man es also gar nicht wissen, wie stark die Durchseuchung war, welche Virus-Träger von woher stammten etc.

    Obwohl die dänische Pelzindustrie im eigenen Land akzeptiert war, wird bezweifelt, ob sie nach Corona wieder anlaufen wird.
    Die Politik entschied, „dass die Nerzhaltung bis zum 31. Dezember 2021 vorübergehend verboten wird. Über die letztendliche Entschädigung für die Züchter wird noch weiter verhandelt.
    Zuvor war die Regierung unter Druck geraten, weil die rechtliche Grundlage für die beschlossene Massentötung der Nerze fehlte. Regierungschefin Frederiksen hatte dies entschieden, weil sie sich nach einer Mutation des Coronavirus um die Wirkung der Impfstoffe sorgte“, [4].

    Dies passt zu einem europäischen Trend. Letzten September, also mitten in der Corona-Krise, aber noch vor der dänischen Infektions-Panik, riskierte die regierende, eigentlich erzkonservative PiS-Partei den Konflikt mit ihren Stammwählern, den Landwirten.

    Nicht Virus-Angst oder ein Infektionsschutzgesetz – nein, das neue Tierschutzgesetz gefährdete sowohl das Weiter-Bestehen der Regierungskoalition als auch die Aussichten auf einen erneuten Wahlsieg.
    Das geplante „Verbot der Aufzucht von Füchsen, Nutrias und Nerzen und bedeute einen schweren ökonomischen Einbruch für die polnische Pelzindustrie, die zu den weltgrößten“ gehöre, [5].

    Auch wer für die Pelzindustrie keinerlei Sympathien hegt, muss sich doch wundern, wie „orchestriert“ und von eisernem Willen getragen hier die „kreative Zerstörung“ einer nicht-defizitären Industrie mitten in der (allgemeinen) Krise abläuft, als würde jemand die Lehrbücher von Joseph Schumpeter samt Agenda von Bill Gates und Klaus Schwab abarbeiten.

    Nicht Hauptzweck, aber ein bestimmt nicht unbeabsichtigter Nebeneffekt dürfte sein, dass man jetzt viel besser mit dem Finger auf Chinas Pelzindustrie zeigen kann.
    Aus (berechtigten) Tierschutz-Gründen ebenso wie zur (eher fragwürdigen) Sündenbock-Suche in Sachen Corona.

    In ihren Zusammenfassungen von Drostens REPUBLIK-Interview machen das die deutschen Medien auch bereits fleißig.

    [1] https://www.republik.ch/2021/06/05/herr-drosten-woher-kam-dieses-virus
    [2] https://www.spiegel.de/wissenschaft/daenemark-will-vier-millionen-gekeulte-nerze-ausgraben-und-verbrennen-a-05fedf43-744f-4d15-8bac-ac6958bee2d1
    [3] https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/daenemarks-pelzindustrie-in-der-coronakrise-das-land-der-toten-nerze-a-d2b52301-306e-40e9-bc6a-d5b90f629725
    [4] https://de.euronews.com/2020/11/17/nerze-in-danemark-bonus-fur-massentotung-bis-donnerstag
    [5] https://www.mdr.de/nachrichten/welt/osteuropa/ostblogger/polen-pis-tierschutz-regierung-krise-100.html

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