Die Parallelen sind doch verblüffend. Mit Beginn des 30jährigen Krieges im Jahre 1618 endete für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation die längste Friedensperiode seiner Geschichte. Auslöser waren die Streitigkeiten zwischen Protestanten und Katholiken in Böhmen, welche am 22. Mai 1618 im Fenstersturz zu Prag, und danach in einem gewaltsamen Aufstand der böhmischen Protestanten gipfelten, welcher deren Streitmacht bis vor den Kaisersitz nach Wien führte. Was der erzkonservative katholische Kaiser Matthias bzw. sein designierter Nachfolger Ferdinand, – zu diesem Zeitpunkt bereits König von Böhmen und damit Kurfürst in eigener Sache -, unmöglich hinnehmen konnten.
Bis 1618 hatte der Augsburger Religionsfrieden von 1555 gehalten, welcher das friedliche Zusammenleben von Protestanten und Katholiken im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation ermöglichte. Der Kompromiss wurde aber noch zwischen kriegerfahrenen Verhandlungspartnern vereinbart -, und diese alten weis(ß)en Männer gab es 1618 kaum mehr.
Die heutige Lage weist frappierende Parallelen auf. Einerseits hat der Konflikt zwischen Impfbefürwortern und Gegnern quasi religiöse Züge angenommen, vollzieht sich weitestgehend losgelöst von wissenschaftlichen Fakten und ist damit für den Großteil der Menschen zu einer reinen Glaubensfrage verkommen. Gleichzeitig hat die längst Friedensperiode in der Geschichte Deutschland dafür gesorgt, dass maßgebliche Ämter oder Funktionen ausschließlich mit Personen besetzt sind, welche die Schrecken des Krieges nicht am eigenen Leib erfahren haben und die deswegen meinen, fundamentalistische Positionen in Sachen Impfpflicht nicht nur vertreten, sondern auch mit Gewalt durchsetzen zu dürfen.
Wir sitzen also auf einem Pulverfass, welches dem von 1618 gleicht. Nach meiner Auffassung kann nur die strikte Abkehr von jeder Form der Gewalt einen Flächenbrand verhindern. Damit sind vor allem die Spaziergänger und sonstigen Protestler gemeint, welche in täglich wachsender Zahl gegen Impfpflicht und sog. Eindämmungsmaßnahmen auf die Straße gehen, und dort oft auf repressiv und bürgerfeindlich agierende Polizisten treffen. Niemand sollte sich der Illusion hingeben, es hätte 1989 eine friedliche Revolution ohne Zustimmung der Machthaber in Ost und West gegeben und dergleichen wäre heutzutage problemlos wiederholbar. Jegliche Gewalt, – und sei sie emotional auch noch so nachvollziehbar -, ist zu unterlassen. Sonst Gnade uns Gott!