Nach dem heilbronner Polizistenüberfall leitete die Polizei Fahndungsmaßnahmen nach den Polizistenmördern ein. Es bestehen Zweifel an dem behaupteten zeitlichen Ablauf. Die Sonderkommission (Soko) “Parkplatz” klärte die Widersprüche in den Aussagen der heilbronner und neckarsulmer Polizisten nicht auf. Diese Artikelserie fragt: Welcher Polizist gab erste Hilfe und leitete Rettungs- und Fahndungmaßnahmen ein? Sicherten Kollegen die Dienstwaffen und Ausrüstungteile der überfallenen Polizisten?
Die Ungereimtheiten habe ich bereits in einer früheren Artikelserie erklärt und werden hier kurz herausgestellt:
Der Anwohner Peter S. radelte gegen 14:08 von der Theresienwiese (TW) zum Bahnhof und berichtete dem Taxifahrer Mustafa K. von zwei erschossenen Polizisten. Mustafa K. glaubte ihm im ersten Moment nicht und rief daher erst um 14:12:24 beim Polizeirevier an. Dort gab es wieder Kommunikationsprobleme. Daher wurde die Meldung erst um 14:18 im Polizeirevier verbreitet. Aber schon mehrere Minuten davor, um 14:12 (Funkuhr des Polizeiführers in Stuttgart) bzw. 14:15 (Aufzeichnung Polizeipräsidium Heilbronn), wurde die Ringfahndung ausgerufen, und eine Hubschrauberstaffel gerufen. Laut des Ermittlungsberichtes trafen die Notärzte vom heilbronner Klinikum schon um 14:22 ein. Wie ist das möglich? Die offizielle Version kann keine plausible Erklärung bieten:
Der Abgeordneten Patrick Kurth (FDP) sprach den Leiter der Soko-neu Axel Mögelin auf diese Ungereimtheit an: Wie könnte es sein, dass die Fahndungsmaßnahmen schon um 14:15 ausgelöst wurden, bevor die ersten Polizisten am Tatort eintrafen? Mögelin antwortete, dass der Kollege, der die Erstmeldung annahm, die Fahndung „einfach schon mal”1 ausgelöst haben könnte. Davon berichtete allerdings der wachhabende Polizist nichts: Er nahm den Anruf an und gab die Meldung um 14:18 weiter. Der ehemalige Soko-Chef könnte die Frage außerdem „aus der Ferne” nicht beantworten.
Dagegen bietet meine alternative Hypothese und Rekonstruktion eine plausible Erklärung: Nachdem die neckarsulmer Zivilpolizisten Steffen B. und Daniela B. gegen 14:10 zum Tatort kamen, in einem mit beiger Taxifarbe getarnten Zivilauto, informierte Steffen B. telefonisch das heilbronner Polizeirevier. Sie leisteten erste Hilfe und sicherten die Dienstwaffen ihrer überfallenen Polizisten. Um 14:12 wurde die Ringfahndung ausgerufen, um 14:14 funkte das Revier als Dora 5/31 „über angeschossene Kollegen auf der Theresienwiese“2. Dann verließen sie gegen 14:15 den Tatort und fahndeten im Wertwiesenpark nach den Tätern.
1Bundestag, NSU-UA, 29. Sitzung, 13.09.12, S. 29: „Das kann ich Ihnen jetzt so aus der Ferne nicht sagen. Es ist so, dass die Bestätigung – – Vielleicht hat der Kollege vor Ort einfach gesagt – ohne Bestätigung -: Ich löse das einfach schon mal aus. Wobei ich auch sagen muss: Es gab in den Uhrzeiten – drei Minuten -: Da gab es verschiedene Displays, Ableseprobleme bzw. unterschiedliche Uhrzeiten von den Funkuhren. (…)”
2O. 2, S. 494, Kripo-Vermerk vom 01.05.07: „Am 30.04.2007 wurde durch die LPD Stuttgart mitgeteilt, dass nach dem dortigen Einsatzkalender bereits um 14.12 Uhr „Ring 30″ ausgelöst wurde. (…) Demnach wurde um 14.14 Uhr„Dora 5/21″ (FLZ PD Heilbronn) von „Dora 5/31″ (Polizeirevier Heilbronn) über angeschossene Kollegen auf der Theresienwiese informiert.“