Die Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König veröffentlicht in ihrem Blog “Haskala” Protokolle von Zeugenaussagen aus dem thüringer parlamentarischen NSU-Untersuchungsausschuss. Zum zweiten Mal legt sich jetzt ein Schatten über diese Aktivitäten. Eine wichtige Information wurde nicht wiedergeben.
Dank ihrer Protokolle konnte ich von den Aussagen des Feuerwehrmannes Frank Nennstiel, Anfang Juni 2015, zeitnah berichten. Nennstiel betrat mit als Erster überhaupt das Wohnmobil mit den darin liegenden Böhnhardt, Mundlos.
Im Protokoll von König werden offenbar Teile seiner Aussagen anders wiedergegeben, als sie in Wirklichkeit waren: Laut ihr wäre Mundlos “im Heckteil an den Schränken”, am “Möbel” gesessen.
“Ich bin dann auch einmal rein, habe nachgeschaut. Der eine lag direkt neben mir, in Fahrzeugrichtung rechts, die Füße direkt neben mir (…) der Zweite saß [am] Möbel, Kopf nach unten, sie haben alle nicht schön geschaut” und starke Verletzungen im Kopfbereich aufgewiesen.”
“Er habe beide Leichen gesehen, die zweite saß “im Heckteil an den Schränken”.
Inzwischen sind Protokolle von ihrer Internetseite “Haskala” zurückgezogen. Professor Hajo Funke spiegelte sie jedoch auf seinem Blog, so dass obige Zitate dort weiter nachzulesen sind.
Schon das private Wortprotokoll von “Querläufer” zeigte Differenzen zu Königs Protokoll: Mundlos “saß im Heckteil”, dort wo die “Möbel” und “Schrank” eingebaut waren, und: In seinem Wortprotokoll steht, dass die hintere Türe geschlossen war.
“Bin dann einmal rein und hab einmal nachgeschaut, der eine lag direkt neben mir in Fahrtrichtung rechts die Füße zuerst und der zweite saß im Heckteil von hinten. Möbel die da eingebaut sind so eine Art Schrank oder was das war da saß der auf dem Boden mit dem Kopf nach unten. Beide schlimm aus geschaut??? Mehr kann ich nicht sagen.”
“König: Das ist der Tisch.
Nennsteil: Wenn ich mich richtig erinnere, lag die eine Leiche da und die andre dort. Die eine Türe war zu, und da saß der andere dort???? Ich kann mich nicht erinnern das Brandschutt auf den Leichen war. “
Brisanz erhält die Angelegenheit jetzt, weil im Wortprotokoll des thüringer Landtages die Differenzen zu Königs Protokoll schwerwiegender werden:
Der Blogger “fatalist” erhielt die Wortprotokolle des thüringer Landtages und veröffentlichte gestern [leider nur] Auszüge von Nennstiels Aussagen:
“Abg. König:
Das ist der Tisch – vielleicht so?
Herr Nennstiel:
So wie ich das eigentlich einschätzen konnte, war es eher weiter hier vorn, weil hier dann auch obendrüber das Dach kaputt war. Von diesem Bild jetzt aus gesehen, lag hier in diesem Bereich die eine Leiche und der andere so hinten, hier diese Tür war meines Wissens zu. Der saß so in etwa vor der Tür.“
Es findet sich im Protokoll von Katharina König kein Hinweis auf die geschlossene Badezimmer-Tür! Dabei ist diese Aussage höchst relevant:
Die Tatortfotos zeigen diese Türe stets offen. So konnten Polizisten die Nasszelle des Wohnmobils betreten und die Dienstwaffe des überfallenen Polizisten Martin Arnold von dort bergen. In den Ermittlungsakten gibt es lediglich ein Foto dieses Tatortfundes.
Von der Leiche Mundlos ist dort nichts zu sehen, obwohl ein Fuß in den Tatortfotos in der Nähe der Türschwelle zu sehen ist. Auch die gelbe polizeiliche Nummerntafel erscheint nachträglich eingefügt.
Das Schadensbild an Türrahmen und Türe legen nahe, dass die Türe zur Nasszelle während des Brandes geschlossen war, siehe …
NSU-Wohnmobil: War die Türe zur Nasszell geschlossen gewesen?
Es gibt ein weiteres Beispiel, wo in Königs Protokoll eine wichtige Information fehlt – auch hier zugunsten der Polizei.
NSU: Polizei vernichtete eigene Handydaten vom Einsatz gegen Böhnhardt/Mundlos
Es wäre höchste Zeit, dass der thüringer NSU- Untersuchungsausschuss die Wortprotokolle der Befragungen zeitnah veröffentlicht. Weitere Überprüfungen wären angebracht und eine kritische Befragung Königs durch den Ausschuss.
Zäumen wir das Pferd von hinten auf.
Klar ist, wegen der Auffindeorte der beiden Grosshirnanteile dass M. und B. umgelagert wurden, nach den Morden, bei B. mindestens der Kopf.
Klar ist auch, dass die Füsse von M. ausserhalb der geöffneten Baderaumtüre auf den Tatortfotos sind, bedeckt von Brandschutt.
Wenn die Baderaumtür tatsächlich geschlossen war als Nennstiel als erster das Wohnmobil betrat, dann muss irgendwer nach Nennstiel über den B. gelaufen und M. erneut umgelagert haben um die Badezimmertüre zu öffenen und M. neu zu plazieren.
Das ist sehr unwahrscheinlich und auszuschliessen.
vgl.
hxxp://file.arbeitskreis-n.su/nsu/Wohnmobil_Tatortbefund/Bd4-1-9ObjTatbefundWoMo-Komplex1.4.pdf
Allerdings sind die Brandspuren an der Aussenseite der Badezimmertüre erklärungsbedürftig und sprechen für einen zusätzlichen (?) (Vorbereitungs) Brand im Innenraum des WoMo.
Das König nicht objektiv ist, dürfte jetzt nicht wirklich verwundern. Pragmatisch muss man aber sagen, würde sie keine Protokolle machen, hätten wir gar nichts.
Der AK-NSU veröffentlicht ja die Wortprotokolle auch nicht.
Der Nutzen überwiegt also, solange man Königs Protokolle mit Misstrauen liest.
Die Relevanz der Position der Badtür wäre dann auch noch zu klären. Ich kann nicht recht erkennen, was eine offene oder geschlossene Badtür beweist.
Die interessantere Frage ist doch, was für eine Pistole liegt da überhaupt. Ist es denn gelungen, aus dem Foto mit Hilfe technischer Nachbearbeitung wenigstens den Waffentyp abzuleiten?
Der NSU-Ausschuss Erfurt soll endlich seine Protokolle veröffentlichen. Ganz offiziell, wie es der Bundestag auch getan hat. Oder das Ländle.
Das muss das Ziel sein.
Die Aussage Nennstiels 2011 war sowieso völlig anders als die von 2015, siehe:
Als die Retter der Berufsfeuerwehr die unverschlossene Tür öffnen, bietet sich ihnen ein grausiger Anblick. Ein Täter habe am Tisch gesessen, “mit einem großen Loch in der Stirn”, beschreibt ein Zeuge die Szene. Eine zweite Leiche liegt im Gang des Wohnmobils, ebenfalls mit Schussverletzung, wahrscheinlich im Oberkörper.
Wer sass/lag wo?
Und warum jetzt “Möbel” statt “Tisch”?