Die Rolle des Polizeidirektors aus Gotha, Michael Menzel, erscheint zunehmend dubios. Dank seines Einsatzes wäre nach einem Banküberfall die terroristische Kleinstzelle “NSU” am 04.11. zerstört worden. Die Zelle wäre so geheim gewesen, dass Uwe Mundlos erst am 05.11.11 identifiziert werden konnte, Uwe Böhnhardt sogar erst noch später. Doch es kam ein Vermerk von Herr Merten vom Kommissariat 22 der Kriminalpolizeiinspektion Chemnitz zum Vorschein. Sein Protokoll widerspricht Menzels Darstellung: Schon am 04.11.11 telefonierte Merten mit dem Leiter des Zwickauer Raubkommissariats, Herr Leucht. Dort wurde Merten über die bereits identifizierten Böhnhardt und Mundlos informiert.
Merten sprach vor den Parlamentariern des Bundestags, dass er nach dem Banküberfall in Eisenach von seinem Kollegen in Gotha, Herr Wötzel, kontaktiert worden wäre. Dieser Kontakt könnte am 04.11. oder “spätestens” am 05.11. stattgefunden haben.
“Zeuge Jens Merten: Ich bin sicher, dass wir am selben Tag oder spätestens einen Tag später dann noch mal miteinander telefoniert haben.”
Binninger fragt, was Wötzel ihm sagte. Mertens antwortete, dass beide Namen genannt wurden: Mundlos und Böhnhardt.
“Zeuge Jens Merten: Ja. Der Fakt, dass die beiden im Wohnmobil liegen und dass wir sie nur zu all den Taten nicht mehr vernehmen können. Und dann kam – das war so das Grobe erst mal -, dass es auch Personalien gibt natürlich, und die erste Frage von mir natürlich: Namen? Ist ja klar, weil man natürlich sofort in die Rückschau geht: „Wo sind die möglicherweise schon mal aufgetaucht?“ und ich für mich gleich abhaken konnte in dem Sinne: Die Namen habe ich nie gehört in all den zwölf Jahren.”
Interessanterweise verschiebt Clemens Binninger das Gespräch “relativ bald nach 04.11”. Binninger zitiert sinngemäß aus dem Aktenvermerk von Merten: „Zwei Täter, der eine heißt Mundlos, der andere heißt Böhnhardt“.
Clemens Binninger (CDU/CSU): Hat der Herr Wötzel Ihnen am Telefon dann relativ bald nach dem 04.11. sagen können: „Zwei Täter, der eine heißt Mundlos, der andere heißt Böhnhardt“?
Als Antwort bringt Merten jetzt einen Kollegen Leucht aus Zwickau ins Spiel. Er, Merten, wisse nicht, ob der oder Wötzel ihm das gesagt hätte. Auf alle Fälle hätte Wötzel mit ihm, Mertens, spätestens am 05.11. telefoniert.
Zeuge Jens Merten: Ich bin jetzt nicht sicher, ob er es mir gesagt hat oder ob es mir der Kollege Leucht aus Zwickau gesagt hat, weil wir so ein bisschen einen Dreierkontakt hatten. (…) Und es ist nicht auszuschließen, dass auch der Herr Leucht der war, der mich dann umfassend darüber informiert hat, dass die Namen zumindest Mundlos und Böhnhardt waren; das kann durchaus sein. Aber mit dem Herrn Wötzel habe ich definitiv dann mindestens einen Tag später auch telefoniert.(…)
Jetzt stellt der Abgeordnete Kurth fest: Die Namen kamen von Herrn Leucht! Merten weder dementiert noch bestätigte.
Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Ja, ja. Also, Sie haben zuerst mit Herrn Leucht gesprochen. Und Herrn Leucht kannten Sie auch schon?
Zeuge Jens Merten: Den kannte ich vorher. Wir haben also seit dem ersten Zwickauer – Andersrum: Wir hatten vorher schon, vor der Überfallserie, ab und zu dienstlich miteinander zu tun, weil er der Kommissariatsleiter vom Raubkommissariat in Zwickau war und es immer mal irgendwelche Parallelen gegeben hat, wo wir Hand in Hand zusammengearbeitet haben mit den Zwickauer Kollegen. Aber ganz explizit haben wir seit dem ersten Zwickauer Überfall ganz direkt im schnellen Kontakt zusammengearbeitet, richtig.
Herr Kurth stellt nochmal klar, dass die von Binninger zitierte Aussage am 04.11. gefallen ist. Denn der Aktenvermerk wurde am 04.11. erstellt, sogar wahrscheinlich vor 15:00. Denn die Explosion von Beate Zschäpes Wohnung wurde nicht erwähnt.
Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Können Sie noch sagen, wann er Sie an dem Tag angerufen hat? Das würde mich interessieren.
Zeuge Jens Merten: Also, wenn ich dazu einen Aktenvermerk geschrieben habe, dann steht es ganz konkret drin. Dann habe ich garantiert geschrieben: „am heutigen Tage“ oder „am Soundsovielten“.
Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Nein, „am heutigen Tage“.
Zeuge Jens Merten: Ja. Und dann muss ja oben rechts ein Datum stehen.
Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Ja, am 04.11.; aber nicht, wann. Kurz vor der Abendpause oder so oder wann? Das ist schwer zu sagen.
Zeuge Jens Merten: Sorry, daran kann ich mich jetzt nicht mehr erinnern. (…)
Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Also, der Herr Wötzel hat den Herrn Leucht angerufen, und der Herr Leucht hat Sie dann angerufen –
Zeuge Jens Merten: Ja. (…)
Clemens Binninger (CDU/CSU): Mit dem hatten Sie ja Kontakt am 4. November 2011, ja?
Zeuge Jens Merten: Ja.
Clemens Binninger (CDU/CSU): Weil Sie waren sich vorhin nicht mehr ganz sicher, ob der –
Zeuge Jens Merten: Im Aktenvermerk steht es ja so drin, ja. (…)
Clemens Binninger (CDU/CSU): – dass er gesagt hat: „Wir haben jetzt dort den Banküberfall, und hier bei uns ist gerade ein Haus in die Luft geflogen“? Das löst ja auch einen Polizeieinsatz aus.
Zeuge Jens Merten: Ich sage mal so: Es muss ja ungefähr – weil ich vorhin auch nach der Zeit gefragt wurde, nach der Uhrzeit – irgendwas um den Nachmittag gewesen sein. Möglicherweise hat den Herrn Leucht diese Nachricht mit dem brennenden Haus auf der Frühlingsstraße zu dem Zeitpunkt noch gar nicht erreicht. Ich weiß es aber nicht.
Clemens Binninger (CDU/CSU): Das Haus war 15 Uhr und der Banküberfall, das Ende, war 12 Uhr.
Zeuge Jens Merten: Ja, richtig. Also, es kann ja durchaus sein – – Wir haben jetzt um 14 Uhr schon telefoniert; da konnte der Herr Leucht das mit dem Haus ja noch gar nicht wissen. Ich bin sicher, ich hätte es sonst mit reingeschrieben, so wie ich alles andere auch reingeschrieben habe.” (Bundestag)