In Finnland lautet das gesellschaftlich anerkannte Motto: „Keiner darf zurückbleiben!“ Jeder hat das gleiche Recht auf Bildung. Wenn ein Schüler Probleme beim Lernfortschritt hat, wird eine Art Schlechte-Schüler- Feuerwehr aktiviert. Jedem Schüler werden dann die für seine Situation besten Ressourcen und Lehrer zur Verfügung gestellt, um die Rückstände aufzuholen. Das Arbeitsethos der Lehrer ist nicht von Effizienz bestimmt, sondern von Fürsorge. Kein Schüler wird allein-gelassen. Später sind die Finnen viel weniger korrupt als etwa Deutsche (Quelle: Stern) – hängt es damit zusammen, was man in der Schule erlebte?
Anders in Deutschland: Hier werden schlechte Schüler für ihr Versagen selbst verantwortlich gemacht. Letztlich enden sie in der beruflichen und persönlichen Sackgasse Sonder- oder Hauptschule. Mitmenschlichkeit wird per Ellbogen entfernt. Finnland kommt ohne solche (unchristlichen) Strafen aus. Im Gegenteil: Oftmals erhält der Lernschwache Einzelunterricht und ein Sonderpädagoge geht mit ihm Fußball spielen (Quelle: SPON)
Trotz allem verteidigen konservative Politiker das so genannten drei-gliedrige Schulsystem (Hauptschule – Realschule – Gymnasium), obwohl die zurückgetretene bayerische CSU-Bildungsministerin Monika Hohlmeier ihre eigenen Kinder dann doch lieber in die nicht-staatliche anthroposophische „Waldorfschule“ schickt.
Hintergründe des finnischen Erfolgs
Laut des Hirnforscher Gerald Hüther hätten “alle Kinder (…) das Zeug zum Überflieger.” (Quelle: SPON) Das Problem ist, dass “die meisten Lehrer [nicht] wissen, wie sie das Genie aus ihren Schülern herauslocken sollen.” Hüther bezeichnet die heutige Schule als “Erbsensortieranlage”, in der …
“… nach wie vor wird Begabung mit einer guten Schulnote verwechselt [wird], nach wie vor stellen wir die analytisch-kognitiven Fähigkeiten in den Mittelpunkt. Der eigentliche Schatz, den wir fördern müssten, ist die Begeisterung am eigenen Entdecken und Gestalten, das Tüftlertum, die Leidenschaft, sich mit etwas Bestimmtem zu beschäftigen. All das wird bei den Pisa-Tests gar nicht gemessen.”
In Zukunft bräuchte man neben einem anderen Schulsystem auch Lehrer, die …
“… nicht primär Wissen (…) vermitteln, sondern die in den Kindern steckenden Talente zur Entfaltung (…) bringen.”
Hüther spricht sich für eine “Potentialentfaltungskunst” in der Schule aus, denn “es braucht jemanden, der ihnen nichts eintrichtern, sondern etwas aus ihnen herausholen will.”
Demokratische Schule Summerhill
Zoë Readhead ist Leiterin der berühmtesten alternativen Schule der Welt: Summerhill. Vor 90 Jahren “als einzige ihrer Art” gegründet, sind es inzwischen etwa 200 sogenannte demokratische Schulen weltweit. Dort entscheiden Schüler in einem Schüler-Parlament über wichtige Schul-Fragen selbst. Darüber-hinaus sind sie nicht gezwungen, in den sogenannten “offenen Unterricht” zu gehen.
Immer wieder wird dem Schultyp mit Skepsis begegnet, obwohl laut Readhead “aus den Schülern etwas wird.” (Quelle: sz-magazin). Darüberhinaus lernten die Schüler für ihr späteres Leben, “demokratische Grundsätze Tag für Tag” zu leben. Demokratiekompetenz.
Jedoch bezweifelt sie, dass diese demokratischen Schulformen “reif für den Mainstream sind.” Denn …
“Die Menschen trauen den Kindern nicht! Sie haben Angst. Über so viele Generationen war es immer nur Ziel, mehr und mehr zu erreichen. In demokratischen Schulen geht es aber darum, wer du bist, was deine Wünsche sind und wie man mit anderen zusammenlebt.”
Readhead Vater sagte, “wenn ein Schüler von Summerhill Premierminister werden würde, müsste er sich fragen, was er falsch gemacht hat.” Seine Tochter bestätigt:
“Ja, es ist schwer vorstellbar, dass einer unserer Schüler sich in die Welt der Politik stürzt mit all der Korruption und dem ständigen Konkurrenzkampf. Andererseits: Ein Premierminister aus Summerhill wäre wunderbar für das ganze Land!”