Der Weg vom inneren zum äußeren Frieden erscheint mir in der Reihenfolge als der Richtigere. Einen paradiesischen Frieden gibt es auf Erden nicht, hier ist wohl der Wunsch der Vater des Gedankens. Und so muss der innere Friede im Herzen jedes Einzelnen entstehen, ausstrahlen und auf einen äußeren Frieden hinwirken. Wie die Liebe, so kann man auch ihn nicht anordnen oder befehlen. Haben wir ein Recht auf äußeren Frieden, wenn wir dazu unseren Beitrag – den inneren Frieden – verweigern?
Wer sich nicht fortwährend um den eigenen inneren Frieden bemüht, wem es am guten Willen mangelt, dem bleiben der innere wie auch der äußere Friede versagt. In sich zu gehen, die festgefahrenen Alltagsstrukturen zu überdenken, den ernsthaften Versuch zu unternehmen, mit sich ins Reine zu kommen, das erfordert Zeit, Ruhe, Muße und Stille.
Fürchten wir uns also nicht vor der Einsamkeit, die uns zu uns selbst führen will. Kein Geringerer als der Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse hat diese lebensphilosophische Erkenntnis ausgesprochen. Wer die Einsamkeit nicht oder nicht mehr ertragen will oder kann, wird irgendwann zum hoffnungslosen, armseligen Menschen. Und weil er so nicht zu sich selbst findet, lebt er im Unfrieden mit sich, den Menschen und der Welt. Er vergeudet die Lebenszeit, indem er materiellen Werten als Ersatzglück nachjagt, die sich später, oft nicht mehr korrigierbar, als wertloser Plunder erweisen.
Im tatenlosen Warten auf die Geschenke von Frieden und Liebe durch die Mitmenschen ist das Unzufriedensein vorprogrammiert. Im Erkennen von Unfrieden stiftenden Lieblosigkeiten liegt der Wendepunkt und erste Schritt zu einer friedvolleren Welt. Inneren Frieden aussenden, ausstrahlen, das kann nur, wer sich ernsthaft und nachhaltig den Frieden erarbeitet und ihn fest und dauerhaft im Herzen trägt – das ist der zweite und entscheidende Schritt zum äußeren Frieden.
Das Leben lehrt uns, dass alles seinen Preis hat; nichts gibt es letztlich umsonst – nur den Tod, und der kostet ja bekanntlich das Leben. Um Gutes, Positives, Aufwärtsstrebendes zu
schaffen, ist immer eine persönliche Leistung erforderlich. Nebendem Gebot der Nächstenliebe ist das Friedenschaffen und-erhalten ein wichtiger Beitrag für ein gedeihliches Neben- und Miteinander der Menschen, Völker, Nationen und im weitesten
Sinne der ganzen Schöpfung.
Der äußere Frieden erwächst aus dem inneren Frieden jedes Einzelnen. Und dieser bietet wiederum den guten, empfangsbereiten Boden für den Samen des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe. Wenn seine Zeit da ist, wird er reiche Frucht bringen.
Im inneren Unfrieden verharrend und unversöhnt mit den Menschen und Gott aus dieser Welt zu scheiden, kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Diese Schuld würde für jeden zu schwer wiegen!
Josef Sanftl