Vor 13 Jahren, am 25. April 2007 schossen Unbekannte den böblinger Bereitschaftspolizisten Michèle Kiesewetter und Martin Arnold in die Köpfe. Der Tatort war ein Streifenwagen, der neben einem Trafohäuschen auf der heilbronner Theresienwiese geparkt war. Die Polizisten hätten dort eine Pause gemacht. Kiesewetter starb sofort, ihr Streifenparter Arnold überlebte schwerverletzt, die Dienstwaffen wurden geraubt.
Die Täter wären die beiden „NSU-Rechtsterroristen“ Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gewesen, das steht für Politik und Medien seit November 2011 fest. Die Stuttgarter Zeitung berichtete dagegen im Jahr 2013 aus Arnolds Umfeld, dass ihn die Frage quäle, „was wäre, wenn sein Attentäter noch frei herumlaufe?“1 Im NSU-Prozess zeigte sich allerdings sein Anwalt Walter Martinek auch überzeugt, dass Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die Schützen gewesen wären.
Die Angst Arnolds vor den Tätern war auch während der Beerdigung Kiesewetters vorhanden, obwohl die thüringer Polizei den Friedhof bewachte.2 Trotzdem legten sich Bereitschaftspolizisten kugelsichere Schutzwesten an, denn sie glaubten, „dass gleich was passiert“3. Manche Beamte machten gegenüber der Pastorin Beate Kopf fage Andeutungen, der Fall würde nie geklärt werden: „Dass sie schon damals also eigentlich ja schon Vermutungen geäußert haben, gesagt haben, also dass, es entsteht der Eindruck, das geht in Kreise hinein, das wird nie aufgeklärt werden. Weil es nicht aufgeklärt werden soll.“4 Wissen die Polizisten mehr, als sie öffentlich zu sagen bereit sind? Ist der „Pausenstandort Trafohäuschen“ einen Notlüge, um ihre damaligen Ermittlungen zu verbergen und den Täterkreis nicht nochmals zu verärgern?
Kiesewetters Einheit
Die überfallenen Bereitschaftspolizisten waren in der „Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit 523“ (BFE 523) des Standortes Böblingen. In der Einheit stechen vor allem zwei Kollegen ins Auge. Zum einen handelte es sich um den Einheitschef Thomas B., der zuvor als Präzisionsschütze in einem Sondereinsatzkommando (SEK) tätig war; zum anderen um Timo H., der die Gruppe der überfallenen Polizisten am Tattag anführte.
Thomas B. hatte Verbindungen zum Gründer des „Hannibal“-Netzwerkes
Der Bundeswehrsoldat André S. vom „Kommando Spezialkräfte“ baute ab 2016 das sogenannte „Hannibal“-Netzwerk auf, bei denen sich Elitepolizisten und -Soldaten vernetzten. Es wäre dort aber nur darum gegangen, Kontakte zu knüpfen und gemeinsam zu trainieren. Diese Aussage ist nicht die ganze Wahrheit. Teil des Netzwerkes wäre laut Recherchen der „taz“ die „Nordkreuz“-Gruppe gewesen, die „Feindeslisten angelegt und die Tötung politischer Gegner geplant“ und ein Waffenlager mit „zehntausende Schuss Munition“5 angelegt hätte.
Nach Recherchen der „taz“ stand Kiesewetters Einheitsführer Thomas B. mit Andre S. bereits ab 2005 im Kontakt, als er wegen einer Ausbildungsmission nach Libyen flog.6 Thomas B. sowie weitere Polizisten und Bundeswehrsoldaten, „insgesamt 30 Personen“7, zeigten den libyschen Kollegen Busbefreiung, Abseilen von Hubschraubern und Häuserkampf. Beteiligt war auch Jan J. von der BFE 523,8 der aus Sachsen-Anhalt kommt.
Der Staatsanwalt ermittelte zwar wegen der Ausbildungsmission, allerdings reichte laut „Juristen (…) die Beweislage nicht aus, um die Trainingstätigkeit und damit den Betrug am Staat oder womöglich einen Geheimnisverrat vor Gericht nachzuweisen.“9 Im Gerichtssaal wurde geunkt, dass die Freisprüche darauf zurückgeführen seien, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) „am Handel mit Gadhafi mitgewirkt“ hätte. Während Hausdurchsuchungen kamen jedoch bei zwei der drei bw Polizisten „Waffen beziehungsweise Munition“10 zum Vorschein, die nicht ordnungsgemäß nach Waffengesetz registiert waren. Im Dienstspind eines Polizisten lag „die stolze Menge von 407 Schuss Munition“. „Das erklärte er vor dem Böblinger Gericht so: Er habe interessierten Böblinger Polizeianwärtern Sonderschießtraining für Spezialkommandos gegeben.“11
Kannte Michael Menzel Mitglieder des „Hannibal“-Netzwerkes?
Teil des Netzwerkes war der in Eisenach geborene Jan Hendrik H.. Er hätte laut der „taz“ behauptet, in der DDR Kampfschwimmer der „Nationalen Volksarmee“ (NVA) gewesen zu sein.12 Als Polizeichef von Gotha führte der ehemalige NVA-Kampftaucher Michael Menzel am 04. November 2011 die sogenannte „Selbstenttarnung des NSU“ in Eisenach durch. Die „NSU-Terroristen“ Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos wären nach einem Banküberfall in einem Wohnmobil entdeckt worden. Einer Festnahme hätten sie sich durch Kopfschüsse mit einer Pumpgun entzogen. Im Wohnmobil lagen die geraubten Dienstwaffen, neben einem ganzen Waffenarsenal. Ende November entdeckten Ermittler noch DVD´s mit einem Comicfilm, dem sogenannten „NSU-Bekennerfilm“, in einem Rucksack, der bereits zuvor (ohne DVDs) durchsucht wurde. Außerdem wurde der Zündschlüssel des Wohnmobil ebenfalls nachgefunden.
Die Staatsanwaltschaft Meiningen ermittelt gegen Menzel seit Ende 2017 wegen des Verdachts der Ermordung von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos13, die Staatanwaltschaft Erfurt ermittelt wegen des Verdachts falscher uneidlicher Aussage.14 Kriminaldirektor Menzel ist Referatsleiter im SPD-geführten thüringer Innenministerium.
Ungeklärte Waffendepots mit Bezug auf “NSU-Verbrechen“
Es gibt eine Verbindung zwischen 2009 gefundenen Waffendepots und der Ceska-Mordserie: Der Obdachlose Michael Krause kam am 25. Mai 2008 bei Bayreuth in eine Polizeikontrolle. Polizisten fiel auf, dass er verdächtig an einem Fahrrad herumgemacht hätte. Als sie ihn kontrollieren wollten, kam es zur Schießerei. Krause wäre von sechs Projektilen getroffen worden. Es gelang ihm anschließend wegzurennen und sich selbst zu erschießen!
In seinem Rucksack trug er einen codierten Lageplan für 38 Erddepots in Thüringen, Bayern, Sachsen und Österreich. Die Lager waren gefüllt mit Waffen, Munition und Sprengsätzen. Darunter gab es auch NVA-Uniformteile. Aufgrund dieser Vorkommnisse stellte 2009 der Grüne Hans-Christian Ströbele eine parlamentarische Anfrage (Drucksache 16/14157): Laut Auskunft der Bundesregierung hätte es sich „um einen Einzeltäter ohne staatsschutzrelevanten Hintergrund [gehandelt]. Die Motivation des Täters zur Sammlung bzw. Lagerung der Gegenstände ist ungeklärt. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass die Depots mit Unterstützung oder durch Finanzierung inländischer oder ausländischer Nachrichtendienste oder militärischer Organisationen angelegt wurden.“
Es gibt keine Informationen, die auf eine Verbindung zwischen Michael Krause und André S. hinweisen. Die offene Frage ist allerdings, wie Krause an die Waffen kam und die Depots alleine hätte anlegen sollen. Die Version der Bundesregierung, Krause wäre ein verwirrter Einzeltäter gewesen, ist schwer vorstellbar.
Verbindungen zu “NSU-Verbrechen”
Der SPIEGEL berichtete Ende 2016, dass die DNA von Michael Krause sich am Unterhemd von Enver Simsek befand.15 Simsek war das erste Opfer der Ceska-Mordserie, welche ebenfalls dem NSU zugeschrieben wird. Ermittler bewerteten die Beweiskraft der DNA-Spur als „gering“, offenbar weil es sich nur um eine Teilspur handelte. An dieser Einschätzung muss mehr als gezweifelt werden. In einem Waffendepot von Krause lag eine blau lackierte Bombe, die vom Aussehen her an die Keupstraßen-Bombe erinnert, die im sogenannten „NSU-Bekennerfilm“ gezeigt wird.
Attacke unter falscher Flagge, „false flag“
Mitglied einer süddeutschen Gruppe des „Hannibals“ Netzwerkes war der Bundeswehroffizier Franco A.. Ihm wirft die Bundesanwaltschaft vor, „als Syrer getarnt Terroranschläge“16 verübt haben zu wollen. Nachdem Franco A. „wegen einer auf dem Flughafen Wien versteckten Waffe 2017 aufgeflogen war“, geriet auch „Hannibal“ ins Visier der Ermittler. Er könnte allerdings als „Auskunftsperson des Militärischen Abschirmdienstes (MAD)“ vor Durchsuchungen vorab gewarnt worden sein, so dass er Beweismaterial zur Seite schaffen konnte.17
„Hannibal“ gründete 2016 den Verein „Uniter e.V.“
Ab 2016 bietet der Verein „Uniter“ militärtaktische Ausbildungen und Sicherheitsdienstleistungen an. Laut der „taz“ wäre bei „Uniter e. V“ ein ehemaliges Mitglied der BFE 523 beteiligt gewesen: Der in Eisenach geborene Ringo L., auch Thomas B. war indirekt beteiligt: „Auch der damalige Einheitsführer der BFE 523, Thomas B, hat Verbindungen zum Verein Uniter. Über eine Stuttgarter Sicherheitsfirma, dessen Gesellschafter er ist.“18
Tatverdächtiger Mann mit Tattoo “Kreuz mit Hügel”
Gegen 14:30 sah ein Zeuge einen blutverschmierten Mann in einen blauen Audi einsteigen, südlich der Theresienwiese. Auf seinem Arm war ein „Kreuz mit Hügel“ eintätowiert. Das Kreuz hatte die Form eines Schwertes.19 Das Wappen der „Uniter e. V.“ zeigt eine gewisse Ähnlichkeit: Ein Schwert als Teil eines Kreuzes, wo am unteren Ende ein runder Eichenlaubkranz hängt.
Warum waren Sondereinsatzkräfte sehr früh am Tatort?
Der Bereitschaftspolizist Volker G. (BFE 523) war am Tattag mit Kiesewetter in der gleichen Gruppe eingesetzt gewesen. Kurz nach dem Überfall, gegen 14:15, traf er an der Zufahrt zur Theresienwiese auf Kräfte des mobilen Einsatzkommandos (MEK) Karlsruhe.20 Die Ermittlerin Sabine R. schilderte dem baden-württemberger Untersuchungsausschuss folgende Zeugenaussage: Es wurde ein „flüchtender Mann auf Bahngleisen mit Waffe“21 gesehen, der sich als Mitglied eines Sondereinsatzkommandos (SEK) herausstellte. „Später konnte man feststellen: Das ist ein Kollege vom MEK oder SEK oder so ähnlich.“ Der Journalist Thomas Moser berichtete, dass der „Uniter e.V.“ eine Vorgängerorganisation gehabt haben könnte, die bis ins Jahr 2007 zurückreichen könnte.22
Gruppenführer Timo H. war beim Ku-Klux-Klan
Viele Mitglieder der BFE 523 schnitten sich Glatzen. Ob das bei Timo H. der Fall war, ist unbekannt. Er war allerdings 2002, mit einem weiteren Bereitschaftspolizisten, kurzzeitig Mitglied des Ku-Klux-Klans (KKK), seine Begründung: Er hätte neue Freunde gesucht.23 Das KKK-Erkennungsmerkmal sind Personen, gewandet in langen weißen Gewändern, ihre Gesichter von langen Hüten vermummt, sowie in Brand gesteckte Kreuze. Ausgerechnet Timo H. führte Kiesewetter BFE-Gruppe am Tattag, dem 25. April 2007.
Der Ku-Klux-Klan ist in Deutschland nicht verboten und wird vom Geheimdienst, dem sogenannten „Verfassungsschutz“, beobachtet. Die Organisation „europäische weißen Ritter des Ku-Klux-Klans“ (White Knights of the Ku-Klux-Klan) kam 2000 in Deutschland auf und existierte bis Anfang 2003. Sie hatte ungefähr 20 Mitglieder aus verschiedenen Bundesländern. Achim S., ein Informant des Landesamtes für „Verfassungsschutz“ in Baden-Württemberg, war Gründer und Anführer. Ein weiteres Gründungsmitglied war Thomas Richter, Deckname „Corelli“, der von 1997 bis 2012 Informant des Bundesamtes für „Verfassungsschutz“ war. „Corelli“ brachte 2005 eine NSU-CD in Umlauf, die allerdings keine Hinweise auf eine geplante oder durchgeführte Verbrechensserie beinhaltet.24 Kurz bevor er über die CD befragt werden sollte, wäre er 2014 an einer bislang unerkannten Diabetes 1 verstorben. Ende 2004 verfassten Unbekannte in allgemein verfasstes „NSU-Manifest“25, welches aber ebenfalls keine Andeutung auf Rechtsterrorismus enthält. Wurde dem NSU verschiedene Verbrechen untergeschoben? War der sogenannte „NSU-Bekennerfilm“ eine vom Täterkreis gelegte Trugspur auf Rechtsterrorismus?
Im Jahr 2012 berichtete die „Berliner Zeitung“, dass es laut „Corelli“ drei weitere Polizisten in der KKK-Gruppe gegeben hätte, „darunter auch eine Polizistin aus Stuttgart (…), die im Rauschgiftdezernat tätig war.“26 Diese Aussage bezeichnete das Innenministerium als „nicht belegbar”.
Der Fall Florian Heilig
Es gab nachgewiesenerweise einen Polizisten, der zumindest indirekte Verbindung zum Ku-Klux-Klan hatte: Der “Sicherheitschef” der KKK-Gruppe Steffen B. hatte einen Bruder, Jörg B., der Polizist war. Laut der Stuttgarter Nachrichten stellte Jörg B. 2001 den Kontakt zwischen seinem Bruder Steffen und den zwei böblinger Bereitschaftspolizisten her.27
Jörg B., machte genau an dem Tag ein Praktikum im Bereich „Brandermittlungen“, als der 19-jährige NSU-Zeuge Florian Heilig am 15. September 2013 in seinem Auto verbrannte, vollgepumpt mit einem tödlichen Cocktail verschreibungspflichtiger Medikamente. Daher sprach der Gerichtsmediziner Dr. med Dipl. Phys. Heinz-Dieter Wehner von einem fragwürdigen „Doppel-Selbstmord“. Der zuständige Staatsanwalt Dr. Stefan Biehl, später aufgestiegen zur Bundesanwaltschaft, sah dagegen keinen Grund für weitere Ermittlungen. Er verfügte noch während der Obduktion am Todestag das Ende der Mordermittlungen!28 Das war eine unglaubliche Entscheidung auch angesichts seines Todeszeitpunktes: Just am Todestag hätte Florian Heilig vom Landeskriminalamt vernommen werden sollen.
Just Jörg B. roch noch vor Ort Benzin29, im Gegensatz zu den Feuerwehrleuten30 und anwesenden Zeugen. Er führte im Anschluss auch nachträgliche Ermittlungen durch, die überhaupt erst zum amtlichen Ergebnis „Selbstverbrennung“ führten. Florian H. hätte sich mit Benzin überschüttet und in seinen Auto angezündet. Am Tattag ergaben die Ermittlungen in Heiligs Umfeld noch keine Hinweise auf eine Selbstmordabsicht, der Polizist Robert M. fasste zusammen: „Das war alles negativ.“31
Florian Heilig war in der heilbronner Neonazi-Szene aktiv und in der organisierten Kriminalität beteiligt. Er kam Mitte 2011 in ein Aussteigerprogramm und wurde seitdem bedroht. Er erzählte bereits im Jahr 2010 in seinem Ausbildungsbetrieb, dass für den Mord an Kiesewetter Rechtsextremisten verantwortlich gewesen wären. Auf die Nachricht der „Selbstmorde“ von Böhnhardt/Mundlos reagierte er laut seiner Mutter folgendermaßen: „Das war alles ganz anders. Die Presse lügt doch nur. Das wurde von höherer Stelle organisiert. Ihr könnte Euch gar nicht vorstellen, wie viele Beamte und hochgestellte Rechtsanwälte, ja sogar Politiker in diese Sache verwickelt sind.“ Und er meinte damit nicht Politiker der NPD.“32
Zwei Wochen nach ihrer Vernehmung im baden-württemberger Untersuchungsausschuss starb 2015 Heiligs damalige 20-jährige Freundin Melisa Marijanovic an einer Lungenembolie, im Jahr darauf erhängte sich ihr Freund Sascha Winter. Auch hier berichten die Opfer von Drohungen. Bei den Zeugensterben könnte Fremdeinwirkung nach amtlichen Ermittlungsergebnis ausgeschlossen werden.
Warum klärt der Staat einen Polizistenmord nicht auf?
Von 2001 bis Ende 2006 war Kiesewetters Onkel Mike mit Anja W. zusammen gewesen, beide waren Polizisten. Anja W. berichtete, dass sie ihrer Nichte die thüringer Polizeibehörde nicht als Ausbildungsort empfohlen hätten, denn: „Man bekommt ja auch im Dienst mit, wie teilweise mit Kollegen umgegangen wird, mit kritischen Kollegen, mit Kollegen umgegangen wird, die noch (…) irgendwas bewegen wollen. Wir wollten das dem Mädchen nicht zumuten.“33 Verließ deshalb Michèle Kiesewetter Thüringen und ging nach Baden-Württemberg?
Ermittelte Kiesewetter/Arnold gegen kriminelle Strukturen in Baden-Württemberg?
Als der heilbronner Einsatzleiter Uwe Zeggel am Trafohäuschen ankam, fragte er sich, „warum das passiert ist. Ob sie vielleicht etwas beobachtet haben und sich jemand ertappt fühlte.“34 Ihm war unbekannt, dass Bereitschaftspolizisten auf der Theresienwiese pausen würden. Antonia S. war eine Freundin von Arnold und Bereitschaftspolizistin in Biberach. Nach dem Überfall fuhr sie in die böblinger Kaserne und wartete mit Kollegen auf Nachrichten aus dem Krankenhaus. Am 02. Mai 2007 schilderte sie, was dort erzählt worden wäre:
“Es wird behauptet, dass das Ganze bei einer Kontrollstelle passiert sei. Er sei im Fahrzeug gesessen und habe eine Abfrage machen wollen und sie sei noch draußen gestanden. Ein weiteres Gerücht besagt, dass die beiden bei einem Drogendeal zugeschaut haben. (…) Es weiß aber keiner etwas Genaues.“35
Nachdem das baden-württemberger Landeskriminalamt im Herbst 2011 kurz davor gestanden wäre, den Fall aufzuklären, kam es zur „Selbstenttarnung des NSU“. Das schreiben die Journalisten Holger Douglas und Hariolf Reitmaier.36 Sie beschreiben Baden-Württemberg als ein „Mafia-Ländle“ rund um das „schwäbische Kalabrien“ mit seinen ’Ndrangheta-Operationshauptstädten Stuttgart sowie den im Stuttgarter Speckgürtel gelegenen Orten Fellbach und Waiblingen (…).“37
Laut des Journalisten Thomas Moser bleibt für den Kiesewetter-Onkel Mike W. der Polizistenüberfall nicht aufklärt. Er würde sich die Frage stellen: “Warum kann der Staat einen Polizistenmord nicht aufklären?” Und die Antwort, die sich der Onkel des Opfers zurechtgelegt habe, ist gleichfalls eine Frage: “Wird der Mord vielleicht nicht aufgeklärt, weil der Staat beteiligt war?”38
1 Stuttgarter Zeitung, „Vermutlich mehr als zwei Täter für den Polizistenmord verantwortlich“, 29.08.13, online: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.nsu-mordattentat-von-heilbronn-was-kann-der-letzte-zeuge-beitragen-page1.449d2e78-f403-4454-9a37-323012f5a2d2.html
2 Vgl. Landtag Thüringen, NSP-UA, 56. Sitzung, 10.02.14, S. 199
3 Vgl. Polizeiordner 10, S. 327, Aussage von Danyel K. (TEZ-514): „Ich erinnere mich noch an die Beerdigung von Michèle in Sömmerda, da hatte ich auch so ein komisches Gefühl, dass gleich was passiert. Und die anderen Kollegen auch. Ich habe dort keinen Kollegen gesehen der keine Schutzweste getragen hat, der in Zivil war.“
4 ARD, „Tod einer Polizistin, Das kurze Leben der Michèle Kiesewetter“, 24.04.17, https://www.bitchute.com/video/5DR8i8B0Yfjh/
5 Taz, „Hannibal“ muss vor Gericht“, 23.09.19, online: https://taz.de/Rechtes-Netzwerk-in-Sicherheitsbehoerden/!5629140/
6 Taz, „Hannibals Reisen“, 15.03.19, online: https://taz.de/taz-Recherche-zu-rechtem-Netzwerk/!5577832/
7 Die Zeit, „Im Urlaub zum Schießtraining nach Tripolis“. 07.04.11, online: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-04/libyen-prozess-boeblingen
8 Vgl. Bild, „Prozess gegen Böblinger Beamten (…)“, 08.04.2011, online: https://www.bild.de/regional/stuttgart/polizist/trainierte-gaddafis-truppen-17306002.bild.html
9 Die Zeit, „Im Urlaub zum Schießtraining nach Tripolis“. 07.04.11, https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-04/libyen-prozess-boeblingen
10 Stuttgarter Zeitung, „Nur Bestrafungen aber keine Entlassung“, 06.04.11, https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.libyen-affaere-justizstreit-um-trainings-in-gaddafis-land-page1.eaae48a1-cdeb-4fbe-97db-b25340d7230c.html
11 Die Zeit, „Im Urlaub zum Schießtraining nach Tripolis“. 07.04.11, online: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-04/libyen-prozess-boeblingen
12 Taz, Kommando Heimatschutz, 20.12.17, https://taz.de/Terror-Ermittlungen-in-Norddeutschland/!5468003/
13 Staatsanwaltschaft Meiningen, Aktenzeichen 227 Js 22943/17, online: http://friedensblick.de/wp-content/uploads/2018/06/StA-Meiningen-beglaubigt-geloeschter-text.pdf
14 Staatsanwaltschaft Erfurt, Aktenzeichen 525 Js 40761 17-1, https://friedensblick.de/wp-content/uploads/2020/04/StA-Erfurt-525-Js-40761-17-1.pdf
15 Spiegel, „NSU: Ermittler fordert DNA-Spur im Fall Enver Simsek (…).“16.12.16, online: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/nsu-ermittler-fordert-dna-spur-im-fall-enver-simsek-nachzugehen-a-1126122.htm
16 Taz, „Hannibal“ muss vor Gericht“, 23.09.19, online: https://taz.de/Rechtes-Netzwerk-in-Sicherheitsbehoerden/!5629140/
17 Vgl. Taz, „Hannibal schaffte Computer weg“, 20.03.19 online: https://taz.de/MAD-Prozess-in-Koeln/!5582312/
18 Taz, „Umstrittener Verein Uniter e.V. (…)“, 15.03.19, online:https://www.presseportal.de/pm/42630/4219356
19 Polizeiordner 36 der Sonderkommission Parkplatz, S. 53, siehe
20 Polizeiordner 10, S. 112: „(…) dass wir die Kräfte des MEK Karlsruhe gefragt haben, was wir mit den Personen jetzt machen soll.“
21 Landtag Baden-Württemberg, NSU-UA, 30. Sitzung, 19.10.15, S. 16
22 Telepolis, Warum kann der Staat einen Polizistenmord nicht aufklären?, 09.04.19, https://www.heise.de/tp/features/NSU-Warum-kann-der-Staat-einen-Polizistenmord-nicht-aufklaeren-4365425.html?seite=all
23 Vgl. Andreas Förster, Thomas Moser, Thumilan Selvakumaran, „Ende der Aufklärung: Die offene Wunde NSU, 11.07.18
24 Thomas Richter verteilte 2002-2004 eine „NSU“-CD mit nationalsozialistischen Propagandamaterial. Dort werden jedoch nicht die Verbrechen erwähnt, die dem NSU heute zugeschrieben werden. Kurz bevor er über die CD 2014 vernommen werden sollte, wurde er höchstwahrscheinlich vergiftet.
25 In diesem Pamphlet steht nichts über eine geplante oder bereits verübte Verbrechensserie gegen Immigranten. Es scheint vielmehr, dass u. a. die politische Elite als Angriffsziel auserkoren wurde. Grundlage des NSU sei ein „Kampf dem Regime und seinen Helfern“, die „Aufgabe“ läge „in der energischen Bekämpfung der Feinde des deutschen Volkes (…)“ Eine große Aussagekraft sieht „Strafakte“ nicht, siehe Artikel namens „Deppenapostroph“ von Ende 2013. online: https://www.strafakte.de/nachrichten/deppenapostroph/ Bisher wäre „im Prozess vor dem Oberlandesgericht München nur äußerst wenig belastbares Material zutage gefördert“ worden.
26 Berliner Zeitung, „NSU V-Mann: Im Ku Klux Klan waren noch mehr Polizisten“, 12.10.12
27 Vgl. Stuttgarter Nachrichten, „Wieviel Polizei steckt im Ku Klux Klan?“, 08.06.15, https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.nsu-ausschuss-wieviel-polizei-steckt-im-ku-klux-klan.e94eabac-7409-4738-8aa2-29abc4d40dd0.html – Jörg B. distanzierte sich im bw Untersuchungsausschuss von seinem Bruder: „Klar war er in der rechten Szene aktiv, aber ich kann nichts für meinen Bruder.“
28 Landtag Baden-Württemberg, NSU-PUA, 10. Sitzung, 13.03.15, S. 174: „Z. Dr. S. B.: … während der Obduktion oder gegen Ende der Obduktion mit dem Herrn H. telefoniert, um ihm auch das Ergebnis mitzuteilen und daraufhin auch dann die Anordnung auszusprechen oder, was heißt, die Anordnung auszusprechen, die Entscheidung mitzuteilen, dass keine weiteren strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen möglich sind, weil wir hier keinen Hinweis auf ein Fremdverschulden haben und somit auch keinen Anhaltspunkt für eine strafbare Handlung.“
29 Landtag Baden-Württemberg, NSU-UA, Wortprotokoll, 10. Sitzung, 09.03.15, S. 199: „Abg. Matthias PröfrockCDU:Als Sie dort eingetroffen sind, da haben Sie Benzinge-ruch wahrgenommen? Z. J. B.:Im Fahrzeug.“
30 Vgl. Landtag Baden-Württemberg, NSU-UA, 9. Sitzung, 02.03.15, S. 187: Frage „Okay. – Können Sie sich noch dran erinnern, wonach es gerochen hat? (…) Z. C. H.: Nein. Und das bestätigt diese Eindrücke auch, dass man nichts gerochen hat, dass man keine Schlieren auf dem Boden gesehen hat im Löschwasser. Sonst, wenn Sie Diesel haben, haben Sie eine Riesensauerei auf der Straße mit Regenbogenschillern und so was. Das war alles nicht da. Diese ganzen Eindrücke haben mich glauben lassen, dass es ein Alkohol gewesen sein könnte“
31 Landtag Baden-Württemberg, NSU-UA, Wortprotokoll, 26. Sitzung, 21.09.15, S. 48
32 Compact, „Monopol-Presse bestätigt NSU-Bericht von COMPACT – nach einem Jahr!“, 02.03.15
33 ARD, „Tod einer Polizistin, Das kurze Leben der Michèle Kiesewetter“, 24.04.17, Zeitindex: 05:51
34 Polizeiordner 12, S. 314, Aussage am 12.10.10
35 Polizeiordner. 8, S. 188, A. a. 02.05.07
36 Tichys Einblick, Urteil über ein Phantom, 12.07.18, https://www.tichyseinblick.de/meinungen/urteil-ueber-ein-phantom/
37 Tichys Einblick, La Mafia non esiste, 02.03.18: https://www.tichyseinblick.de/meinungen/la-mafia-non-esiste/
38 Telepolis, NSU: “Warum kann der Staat einen Polizistenmord nicht aufklären?”, 09.04.19, https://www.heise.de/tp/features/NSU-Warum-kann-der-Staat-einen-Polizistenmord-nicht-aufklaeren-4365425.html?seite=all
Ist halt so, wenn man im ND Umfeld zu viel Staub aufwirbelt.
Das “die Uwes” sehr wahrscheinlich nicht auf der Theresienwiese geschossen haben ist durchaus gut begründbar. Die Abwesenheit von TO-Spuren dazu an den anderen TO spricht ebenfalls Bände. Wie auch die MfS-CZ deren Bestand auf unklare Weise durch die Lande geisterte. Und wie bei Rekrutierungsstrukturen die auch der Inlandsaufklärung dienen war schon bei stay behind Strukturen der Suizid vor jeder Aufklärung. Und wer will das denn noch wissen? Geheime Wafefndepots? Wozu und für wen? Zudem das braucht man gar nicht, was jedem klar ist der sich mit der Materie naäher befasst, dienstlich oder nicht.
Es ist auch gut zu erwähnen das auf dem “Bekennervideo” Lichtbildvorlagen der KT mit Klebemaßstab benutzt worden sind…