Wann wurde NSU-Bekennerfilm fertiggestellt? 2007 oder 2011?

Harald Dern war ein Ermittler des BKA, der das Bekennervideo des NSU analysierte. Während seiner Aussage vor dem Baden-Württemberger NSU-Ausschuss sagte er zwei Mal, dass der Film erst im “November 2011” fertiggestellt worden wäre. Dann verbesserte er sich auf 2007.

“Dann haben wir lange Zeit nichts. Und im November 2011 können wir dann nachweisen, dass zu diesem Zeitpunkt das vertonte Video fertig ist. Zu diesem Zeitpunkt wird die Eingangsfolie eingefügt, und es wird die Endfolie eingefügt.”

“Das heißt: Wir können einen Erstellungsprozess zumindestens über diese Zeitstempel der Videodateien, die uns vorliegen, nachvollziehen, der vor allem den Mai/Juni 2006 umfasst, also kurz nach Beendigung der Ceska-Serie, der seine entscheidende Phase im Februar/März 2007 hat und praktisch seine Endbearbeitung – aber auf einem arbeitstechnisch deutlich kleineren Niveau – im November 2011 hat.”

Auf Nachfrage des grünen Abgeordneten Jürgen Filius verbesserte er sich auf November 2007! Er hätte sich “versprochen” und bittet das “zu entschuldigen”.

“Abg. Jürgen Filius GRÜNE: So habe ich das richtig verstanden. Aber es sind dann nochmals Nachbearbeitungen – 2010 und 2011, sogar im November, also – –
Z. H. D.: Nein, im November 2011 – 2007, Entschuldigung. Dann habe ich mich eben versprochen.
Abg. Jürgen Filius GRÜNE: Okay.
Z. H. D.: Dann hätte ich mich versprochen, und dann bitte ich das zu entschuldigen.
Abg. Jürgen Filius GRÜNE: Okay. – Aber auch noch mal 2010?
Z. H. D.: Das ist aber nur ein Ausdruck. Das heißt, da ist das Ding offensichtlich noch mal als Image irgendwo gedruckt worden. Das heißt, es ist keinerlei Veränderung vorgenommen worden.”

Es gibt jedoch zwei Anhaltspunkte, dass der Film später hergestellt wurde:

Erst ab April 2008 lebte Beate Zschäpe in der Zwickauer Frühlingsstraße. Es gibt jedoch eine Filmszene, die nahelegt, dass Paulchen Panther sich auf diese Straße bezieht:

Panther findet einen Faden und folgt ihm. Am Fadenende ist eine Bombe, die explodiert: „Aber als die Bombe er erblickt, dann ist er weniger entzückt. Sie explodiert, jawohl, es kracht, und hat den Frühling mitgebracht.“ Tatsächlich explodierte am 04.11. die Wohnung in der Frühlingsstraße. 

Zum zweiten steht auf dem Cover der DVD “Frühling”.

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“DVD der “NSU”. (© picture-alliance/dpa)”, Quelle: bpb

Am 21. Januar 2016 hätte Harald Dern vom Gericht vernommen werden sollen. Es wäre eine Gelegenheit gewesen, der Sache auf den Grund zu gehen. Anhand der nsu-watch-Protokolle gelang das jedoch kaum. Als Dern über die Vorgängerversion des Filmes sprach, entsprang sich ein seltsamer Disput. Die Befragung wurde unterbrochen, offenbar gänzlich abgebrochen. Es erscheint, also ob die Verteidigung der Angeklagten mutwillig einen Streit vom Zaun brach. Beispielsweise beantragte die Wohlleben-Verteidigung “prozessuale Maßnahmen“: Sie stellte einen “unverzüglich zu stellenden Antrag”. 

“De. habe dann begonnen auszuführen, dass auffällig sei, dass Teile des NSU-Briefes sich im Laufband des zweiten Bekennervideos wiederfänden und insbesondere, dass auch im Video die Parole „Taten statt Worte“ verwendet werde. RA Heer habe sinngemäß gesagt, dass das so nicht gehe. Dann habe RA Nahrath den Mikrofonknopf betätigt und das Mikrofon sei von der Richterbank eingeschaltet worden. RA Nahrath habe dazu angesetzt, Götzl aufzufordern den Zeugen zu veranlassen, keine Beweiswürdigung vorzunehmen. Daraufhin habe Götzl Nahrath unterbrochen, bevor dieser seine Ausführungen habe substantiieren können. Nahrath habe gefragt, ob er ausreden dürfe. Götzl habe darauf mit deutlich erhobener Stimme gesagt: „Nein, ich habe Ihnen das Wort noch nicht erteilt. Also bitte mit der Ruhe. Wir haben das bisher im Verfahren noch nicht so gehandhabt. (…)

Um 13:20 Uhr geht es dann tatsächlich weiter. RA Nahrath verliest ein Ablehnungsgesuch Wohllebens gegen Götzl. Bei der Befragung des Zeugen De. habe dieser nicht nur mehrfach Wertungen in seine Aussage einfließen lassen, sondern habe diese auch einer eigenen Beweiswürdigung unterzogen. Daraufhin hätten RA Heer und RA Stahl mehrfach Blickkontakt mit dem Vorsitzenden aufgenommen, um zu verdeutlichen, dass der Zeuge zu lenken sei. Es habe den Anschein gemacht, dass Götzl die nonverbalen Beanstandungen aufnehme, aber Götzl habe nicht reagiert. Dann habe De. geäußert, dass es ich bei dem ersten Video um eine Collage mit unterlegter Musik handele, worin der NSU anhand der Taten Şimşek und Probsteigasse einen „ersten Befähigungsnachweis “ vorlege. Das habe Heer förmlich beanstandet und Götzl gebeten, den Zeugen anzuhalten, keine eigenen Wertungen vorzunehmen. Daraufhin habe der Zeuge gesagt: „Okay.“ Götzl sei dem Begehren Heers nicht nachgekommen. Nachdem De. wiederum angefangen habe, die Videodateien einer Beweiswürdigung zu unterziehen und das Video als „bedrohlich“ zu werten, habe Heer erneut beanstandet. Daraufhin habe Götzl gesagt, dass „wir das Video kennen“ und der Zeuge von seinen Ermittlungen berichten solle.”  (nsu-watch)

Andere bei der Analyse beteiligte Beamte nannten im Senat 2007 als letzten Zeitpunkt der Bearbeitung: 

Ellen Ha., Kriminalbeamtin beim BKA. Sie war für die Auswertung der Festplatte aus der Wohnung zuständig.

“Das Video selbst sei einmal unter „Aktuelle Version 11/07“ und an einem zweiten Speicherort als „Aktuelle Version Stand 14/01/08 zum Brennen auf DVD“ abgespeichert gewesen.” (nsu-watch)

Ronny Bo. (Kriminalbeamter, Auswertung einer DVD aus Brandwohnung in Zwickau)

“Bo. sagt zu Beginn gebe es ein Menü, die DVD sei eine richtige DVD, die in jedem Player abspielbar sei. Sie sei am 22. Dezember 2007 entstanden oder zumindest gebrannt worden oder wenigstens sei da das Image zum Vervielfältigen entstanden.”

Auch in den Ermittlungsakten wird der 20. November 2007 genannt!

“Die Datei pistolelohneton.avi ist ein Ausschnitt aus der Aktenzeichen XY-Sendung Mai 2007 ohne Tonspur. Das Erstellungsdatum, Änderungsdatum und letzter Zugriff deuten darauf hin, dass am 20.November 2007 diese Datei vermutlich aus einer anderen Erstellungsquelle auf den Sicherstellungsrechner kopiert wurde.” (nsu-leaks)

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