Je mehr Fakten auftauchen, desto verdächtiger macht sich der Deutsche Inlandsgeheimdienst, der Verfassungsschutz: Es wird immer nur soviel zugegeben, wie bereits bekannt geworden ist, Sachverhalte werden falsch dargestellt, höchst-relevante Informationen nicht an die Polizei weitergeben und sogar des Mordes verdächtigte Mitarbeiter mit politischer Rückendeckung abgeschirmt. Die Zerstörung der Rennsteig-Akten reiht sich nahtlos ein. Höchst fraglich, wie diese Behörde ihre eigenen Verfehlungen aufklären soll, wie Politiker und Medien glauben.
1. Gab es V-Männer im NSU?
Der Verfassungsschutz klärt nicht von sich selbst aus auf, sondern informiert immer nur soviel wie gerade durch Medienberichte bekannt wurde. Dies wird insbesondere im Umgang mit der Frage sichtbar, wieviele vom Verfassungsschutz bezahlte Informanten es im NSU-Umkreis gab, um welche Personen es sich handelte – gehörten Frau Zschäpe oder die Herren Böhnhardt und Mundlos dazu?
Kurz nach dem “Doppel-Selbstmord” am 04.11.2012
Unmittelbar nachdem Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos erschossen in einem Wohnwagen in Eisenach aufgefunden wurden, erklärten Verfassungsschützer, dass sie keine Ahnung hätten, wer die beiden überhaupt seien. Das Magazin “stern” fragt, wie es dann sein kann, dass …
… Nur ein paar Tage später, nachdem Beate Zschäpe sich in Jena der Polizei stellte, […] ihnen dann plötzlich [einfällt], dass rund 20 Aktenordner zu dem Trio vorhanden sind. (stern)
14.11.2011, erste Kritik
Der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, André Schulz, äußerte sich erstaunt über den schnellen Fund der Aktenordner. Es wäre verwunderlich, wie schnell sich die Bundesanwaltschaft …
„… nach der Explosion des Hauses in Zwickau und dem Auffinden der Leichen der beiden Täter zur Gruppierung der Täter festgelegt hat und wie schnell über zwei Dutzend Aktenordner mit Erkenntnisse über die Täter präsentiert werden konnten.“
Schulz:
„Wir wissen nichts Konkretes. Aber irgend etwas stimmt hier nicht.“
17.11.2011, Bundespresse-Konferenz, Generalbundesanwalt Range
Er versichert, dass es derzeit “keine Anhaltspunkte für eine Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit der rechtsterroristischen Tätergruppe gebe.”(FAZ)
21.11.2011, Innen-Ausschuss-Sitzung des Deutschen Bundestages
Dort beantworteten u. a. der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Heinz Fromm, die stellvertretende Leiterin des Landesamtes für Verfassungsschutz (HLfV) Hessen, Catrin Rieband, und der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz TLfV, Thomas Sippel, die Fragen von Bundestagsabgeordneten.
Seitens des Verfassungsschutzes wird lediglich ein einziger V-Mann im Umkreis des Trios (Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe) bestätigt ( zg-online).
Berliner Zeitung, 16.01.2012 – erste Zweifel
Am 16.01.2012 erhielt die “Berliner Zeitung” Informationen, dass …
“… Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern mindestens fünf V-Leute (…) in der Neonazi-Vereinigung”Thüringer Heimatschutz” (THS), der auch die späteren mutmaßlichen Rechtsterroristen angehörten.” (AFP)
… gehabt hätten.
Neben des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) hätten …
“… offenbar auch mindestens drei Bundesbehörden eigene Quellen im THS gehabt (…).”
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der Militärische Abschirmdienst (MAD) und eine bis dato unbekannte dritte Behörde. (ebd)
Das Thüringer Schäfer-Gutachten, 14.05.2012
Das Erfurter Innenministerium setzte eine unabhängige Untersuchungskommission um Ex-Bundesrichter Gerhard Schäfer ein, um das Entstehen der Terrorzelle “NSU” aus dem “Thüringer Heimatschutz” aufzuklären. Sie kam zum Schluss, dass es …
“… keine Hinweise darauf [gäbe], dass ein Mitglied des TRIOs vom TLfV als Quelle geführt worden oder sonst für das TLfV tätig geworden wäre.” (Thüringer Landtag)
Frankfurter Rundschau, 16. Juni 2012 – die Enthüllung
Der Frankfurter Rundschau wurde ein als geheim eingestufter Bericht des BfV an den Generalbundesanwalt vom Dezember 2011 zugespielt. Im teilweise geschwärzten Bericht heißt es:
„Im Rahmen der operativen Zusammenarbeit des BfV mit dem LfV Thüringen und dem MAD unter der Bezeichnung „Rennsteig“ von 1997 bis 2003 hat das BfV … Werbungsfälle mit THS-Bezug eröffnet, aus denen … erfolgreiche Werbungsmaßnahmen resultierten.“
Zeitweise wären laut FR zeitweise “mindestens zehn V-Leute” im Thüringer Heimatschutz (THS) gewesen. Jedes zehnte Mitglied wäre V-Mann gewesen.
Bis dahin drang -nichts- an die Öffentlichkeit über diese Geheimoperation, namens “Rennsteig”. Reaktionen:
Der grüne Bundestagsabgeordnete Ströbele äußert sich überrascht und stellte eine Anfrage an die Bundesregierung. Er stellt fest, dass …
“… (…) uns davon (…) die Vertreter von Bundesregierung und Sicherheitsbehörden bisher kein Wort [erzählten], obwohl wir das Thema nun schon über 8 Monate intensiv parlamentarisch untersuchen.” (facebook Ströbele)
Im Schäfer-Gutachten wird diese Operation nicht erwähnt – wurde die Schäfer-Kommission etwa nicht informiert?
Auch Martina Renner (die Linke), Vizechefin des Erfurter Landtags-Untersuchungsausschusses, reagierte überrascht:
„Im Ausschuss haben wir davon noch nichts erfahren, auch wenn wir aufgrund vielerlei Indizien schon immer den Verdacht hatten, dass auch Geheimdienste des Bundes im THS operierten“. (FR)
Laut Frankfurter Rundschau wären die Rennsteig-Akten 2011 vom BfV vernichtet worden, man wisse nur nicht wann genau (ebd). Laut des Thüringer Innenministerium verfüge auch das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz über keine “Rennsteig”-Akten mehr (TA).
28.06.2012, Spiegel-Online – der Skandal
Abgeordnete des Bundestags-Untersuchungs-Ausschusses erfuhren, dass die Rennsteig-Akten am 11.11.11 vom Bundesamt für Verfassungsschutz vernichtet wurden und zwar genau …
… an jenem Freitag [als] erstmals die Verbindungen zwischen dem Zwickauer Neonazi-Trio und der Ermordung von neun Einwanderern öffentlich bekannt (…) [wurde].” (SPON)
Mehr Informationen gelangen an die Öffentlichkeit: Durch die Operation hätte man ein Vielzahl von V-Leuten gewonnen, die sich aufteilten auf das BfV (6 Personen), TLfV (2) und dem Militärischen Abschirmdienst (1) (FR).
Reaktion des Verfassungsschutzes
Am 28.06. berichtet die sueddeutsche, dass der Referatsleiter, der die Akten-Zerstörung anordnete, seine Vorgesetzten belogen hätte, indem er behauptete, dass die Akten schon im Januar 2011 zerstört worden.“Die BfV-Spitze kam den Lügen des Beamten erst am Mittwoch auf die Spur.” (SZ)
Am 30.06 berichtet der Tagesspiegel, dass der Verfassungsschutz sich gegen Kritik an der Akten-Vernichtung verwahrt. Laut einer Sprecherin wären die Informationen in den vernichteten Akten nicht verloren, für “Verschwörungstheorien gebe es keine Grundlage”, richtete eine Sprecherin aus (Tagesspiegel).
Kritik vom Datenschützern und Archivaren
Der Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar sagt, dass es keine Verpflichtung zur Akten-Vernichtung gäbe!
“… keinerlei gesetzliche Prüffristen für Akten” [gäbe]. Die Aussage, auch vom Verfassungsschutz, diese Akten hätten aus datenschutzrechtlichen Gründen vernichtet werden müssen, ist für mich völlig unverständlich. Es gibt nur die Vorschrift zur Sperrung von Akten, keine Aktenvernichtungsverpflichtung.” (FTD)
Kritik vom VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hätte für die Entscheidung des “Schredderns” von Akten “keine Zuständigkeit”. Daher drängte sich der Eindruck auf, “dass es sich bei den Vernichtungen nicht um individuelles Fehlverhalten Einzelner handelte, sondern um eine weitverbreitete, wenn nicht sogar systematische Praxis im Bundesamt für Verfassungsschutz. Damit wird der Rechtsstaat ausgehöhlt.” (VdA) Der Verband wandte sich deshalb Ende Juni 2012 an die Staatsanwaltschaft Köln, um dort prüfen zu lassen, ob die “Tatbestandsvoraussetzungen des Verwahrungsbruchs nach § 133 StGB erfüllt” wären (Quelle: VdA).
Weitere Geheimoperation lt. Verfassungsschutz-Präsidenten Fromm, 5.7.12
Fromm bestätigte im nichtöffentlichen Teil seiner Befragung durch den NSU-Untersuchungsausschuss, dass der Operation “Rennsteig” eine weitere folgte, “Operation Saphira“. Sie wäre gemeinsam mit dem Thüringer Landesamt durchgeführt worden. Fromms Behörde hätte zwischen 2003 und 2005 rund 25 Neonazis angesprochen. Nach unbestätigten Informationen wäre die “Saphira” “in mindestens zwei Fällen” erfolgreich gewesen. Fromm sagte außerdem aus, dass sein Bundesamt im Zuge der „Operation Rennsteig“ auch eine Tarnfirma in Thüringen betrieben habe. “Diese Firma habe unter anderem der Steuerung von V-Leuten gedient. Unklar ist, ob darüber auch die Spitzel finanziert worden waren.” (FR)
Man muss davon ausgehen, dass die Abgeordneten keine Akten von “Saphira” während ihres Besuchs beim Verfassungsschutz zu sehen bekamen. Die Engels-Geduld der Abgeordneten gegenüber dem Verfassungsschutz erscheint fast naiv.
Die Strategie des Verfassungsschutzes, immer nur genau soviel zu informieren, wie sowieso bereits bekannt ist, zeigt sich auch am Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission Sachsens: Sie sollte u. a. den sächsischen Verfassungsschutz untersuchen. Die Kommission erhielt aber teilweise erst dann Unterlagen, nachdem sie in den Medien über Sachverhalte informiert wurde.
“Die PKK hat ihre Arbeit ausschließlich auf das vorstehende Material gestützt. Die kontrollierten Stellen haben nach dem Eindruck der Mehrheit der Mitglieder der PKK die vorhandenen Unterlagen vollständig vorgelegt. Soweit die PKK die Einsichtnahme in Unterlagen ausdrücklich gewünscht hat, sind diese Unterlagen zeitnah und vereinbarungsgemäß vorgelegt worden. Teilweise wurde die PKK erst nach Medienberichten über bestimmte Vorgänge informiert.” PKK-Bericht
2. Falsche Darstellung von Sachverhalten
Das Schäfer-Gutachten weist den befragten Verfassungsschützern in folgenden Bereichen Falsch-Aussagen nach:
Warnung von V-Männern vor polizeilicher Verfolgung
Der Verfassungsschutz würde Informanten im NSU-Umkreis vor Polizei-Maßnahmen warnen. Diesen Vorwurf Thüringer Polizisten weisen Verfassungsschützer zurück. Jedoch werden die Vorwürfe selbst von einem V-Mann bestätigt, so dass die Kommission zur Überzeugung kam, …
“… dass es im genannten Zeitraum solche Warnungen gegeben hat.”
Ausdrücklich weist die Kommission darauf hin, dass polizeiliche Mitteilungen an den Verfassungsschutz nicht an die Zielperson weitergegeben werden dürfen:
… Dass grundsätzlich zulässige Mitteilungen bevorstehender Ermittlungsmaßnahmen nicht dazu dienen dürfen, Quellen oder sonstige Informationszuträger vor Maßnahmen der Strafverfolgung zu warnen und zu schützen, folgt aus dem Strafgesetzbuch (§ 258 StGB).
Verfassungsschutz gibt Informationen nicht an die Polizei weiter
Thüringer Polizisten bezeichnen die “Zusammenarbeit” mit dem Verfassungsschutz als “Einbahnstraße”. Informationen wären von der Polizei zum Verfassungsschutz geflossen. Ein führender Thüringer Verfassungsschützer weist dies zurück, “sämtliche Quellenerkenntnisse” wären an die Polizei weitergeben worden. Die Kommission kommt jedoch zum klaren Ergebnis, dass …
…. “(…) lediglich in Ausnahmefällen eine Weitergabe von Informationen zum TRIO, die das TLfV überwiegend durch Quellenmitteilungen, aber auch aus Observationen und sonstigem Schriftverkehr erlangt hatte, dokumentiert ist.”
Die Kommission stellt klar:
“Das TLfV wäre von Rechts wegen verpflichtet gewesen, seine Erkenntnisse an das TLKA weiterzugeben.”
Dieses “Nicht-Informieren” wird übrigens auch durch den Leiter der Sonderkommission Bosporus, Wolfgang Geier, bestätigt. Man hätte beim Verfassungsschutz um Informationen “betteln” müssen (Focus). Geier:
“Warum haben wir nie aus Thüringen erfahren, dass da drei Verdächtige fehlen, die möglicherweise zu unserer Serie passen?” (Zeit)
3. Schutz eines des Mordes verdächtigten Verfassungsschutz-Mitarbeiters
Der Verfassungsschutz-Mitarbeiter Andreas T. war während des “Ceska-Mordes” an Halit Yozgat zur Tatzeit am Tatort, ein Internet-Cafe, anwesend. Er trug während seiner Jugendzeit den Spitznamen “Kleiner Adolf”.
Ende November 2011 erklärte vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestags die stellvertretende Leiterin LfV Hessen Catrin Rieband bezüglich dieses kurzzeitig festgenommenen Verfassungsschützers:
Ich darf also noch einmal darauf hinweisen:
Es gab hier letztlich keine Verbindungen zu den Tatorten, keine Verbindungen des Mannes in die rechte Szene. (zg-online)
Am 29.06.2012 erklärte Hermann Schaus, innenpolitischer Sprecher der Linken im Hessischen Landtag, dass der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU) vor dem hessischen Innenausschuss “noch in der letzten Woche” dargelegt hätte:
“… der Anfangsverdacht gegen Andreas T. habe sich in keiner Weise erhärtet. Es hätten sich keine Spuren zur Mordserie finden lassen und T. hätte deshalb einen „Freispruch erster Klasse“ erhalten. Hierüber habe zwischen allen Behörden Einigkeit bestanden.”(Linksfraktion Hessen)
Diese behördlichen Darstellungen entsprechen offenbar nicht der Wahrheit, wenn man die Aussagen des ermittelten leitenden Kriminal-Polizisten berücksichtigt:
Gerald Hoffmann (GH) ist 56 Jahre alt, Leitender Kriminaldirektor des Polizeipräsidiums Nordhessen. Er leitete die SOKO Café, welches den Mord an Yozgat aufklären sollte. Hoffmanns Aussagen sind deutlich:
GH: Er [der Verfassungsmitarbeiter] hätte den Schuss hören müssen. Er hätte die Leiche sehen müssen.
Untersuchungsausschuss (UA): Sie sind bei Ihren Ermittlungen behindert worden, in einem Ausmaß, wie man es nie vermuten würde.
GH: Das Landesamt für Verfassungsschutz sagte, „wir haben es doch nur mit einem Tötungsdelikt zu tun. Können Sie sich vorstellen, was es für T. bedeuten würde, seinen Schutz aufzuheben?“.
UA: Ich fasse zusammen. Sie bekommen zu hören: „Für so ein banales Delikt wie Mord müssen wir nicht mit Ihnen kooperieren“.
GH: Wir wollten Herr T.s Quelle verhören. Er war Mitglied in einer Kameradschaft und in einer rechtsorientierten Eishockeymannschaft aktiv. Da es sich um einen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes handelte, wussten wir, dass es besondere Regelungen gab.
UA: Niemand hätte Sie daran hindern können, die Quelle zu observieren oder zu vernehmen. Sie war in der Neonaziszene aktiv und polizeilich aufgefallen.
GH: Innenminister Bouffier [CDU] hat damals entschieden: die Quellen von Herrn T. können nicht vernommen werden. Als Minister war er für den Verfassungsschutz verantwortlich.
UA: Er war doch auch Ihr Minister! Ist Ihnen das nicht komisch vorgekommen? Jedes Mal wenn gegen V-Männer ermittelt wurde, kam einer vom Landesamt für Verfassungsschutz vorbei, stoppte die Ermittlung mit der Begründung, der Schutz des Landes Hessen ist in Gefahr. Aus den Akten geht eine Bemerkung hervor, die meint, dass man erst eine Leiche neben einem Verfassungsschützer finden müsste, damit man Auskunft bekommt. Richtig?
GH: Selbst dann nicht.
UA: Bitte?
GH: Es heißt, selbst wenn man eine Leiche neben einem Verfassungsschützer findet, bekommt man keine Auskunft. (FR)
Hermann Schaus fasst die Aussage Hoffmanns wie folgt zusammen:
“Kriminaldirektor Hoffman ferner ausgesagt, Andreas T. sei nicht nur dringend tatverdächtig gewesen. Vielmehr hätten sich während der Ermittlungen die Verdachtsmomente weiter erhärtet und Spuren zur Mordserie klar ergeben. Andreas T. habe in Vernehmungen offenkundig nicht die Wahrheit gesagt. Dann jedoch habe sich das Landesamt für Verfassungsschutz eingeschaltet, Andreas T. Ermittlungsinformationen zugespielt und begonnen ihn abzuschirmen. Die Kassler Ermittler hätten auf Führungsebene dagegen interveniert um »die feststellbare Unterstützungshaltung LfVH-Verantwortlicher für den Tatverdächtigen aufzuheben.« Der Hessische Verfassungsschutz hätte dies abgelehnt mit den Worten »wir haben es hier doch nur mit einem Tötungsdelikt zu tun« und »selbst wenn einer unserer Mitarbeiter neben einem Toten aufgefunden wird, kriegt ihr keine Infos«. Der Direktor des Landesamtes habe Gesprächsersuchen mit den Ermittlern abgelehnt mit den Worten »das ist nicht meine Ebene.
Daraufhin sei beim damaligen Innenminister Bouffier interveniert worden und zwar auch mit der Frage, nach welchen Kriterien im Landesamt Mitarbeiter und Quellen geführt und gestützt würden. “Zum Wohle des Landes Hessen” habe Bouffier die Ersuchen der Ermittler abgelehnt. Die anschließende Vernehmung durch das Landesamt selbst sei dann erst ein halbes Jahr später den Ermittlern mitgeteilt und dabei keine der offenen Fragen beantwortet worden.” (Linksfraktion Hessen)
Es gibt weitere Beweise:
Am 01.06. veröffentlichte das Magazin “Freitag” Informationen aus einem Ermittlungsbericht der Staatsanwaltschaft Kassel. Der Bericht wurde bereits am 4. Januar dem Generalbundesanwalt übersandt. Das Schreiben wurde “Freitag” zugespielt. Es beinhaltet die jahrelangen, ergebnislosen Bemühungen der Fahnder, Yozgats Mördern auf die Spur zu kommen.
Freitag fasst die Informationen zusammen:
“Ein Verfassungsschützer hielt im Umfeld der Morde immer wieder Kontakt zur rechten Szene. Die Polizei erfuhr davon nicht.”
Er soll “im unmittelbaren zeitlichen Umfeld” dreier “Ceska-Morde” mit seinem V-Mann aus der Neonaziszene telefoniert haben (Freitag). Etwa telefonierte er um 13:06 erst mit dem V-Mann, einem Kasseler Neonazi, und begibt sich danach in das Kasseler Internetcafe. Um 16:51 ruft er dort eine Datingagentur auf. Um 17.01 Uhr schließt er das Seitensprungportal schon wieder. In genau diesen zehn Minuten wird der Besitzer des Internetcafes, Halit Yozgat, erschossen (Freitag) – unbemerkt vom Verfassungsschützer, angeblich.
Fazit:
Angesicht dieser verheerenden “Bilanz” ist es nur schwer zu verstehen, dass weiterhin Politiker dem Verfassungsschutz Aufklärungswillen zutrauen. Ende Juni 2012 forderte der CSU-Innenexperte Stephan Mayer allen Ernstes den Verfassungsschutz-Präsidenten Fromm auf, Aufklärung zu betreiben und versicherte gleichzeitig, dass …
“… (…) es bisher noch keine Anhaltspunkte [gäbe], dass eine Zusammenarbeit zwischen Terroristen und den Sicherheitsbehörden stattfand.” (n24)
Je nach politischer Ausrichtung, glauben sicher noch genug Politiker, dass der Verfassungsschutz das Richtige tut bzw getan hat. Meiner Meinung nach hat dieser Geheimdienst aber seine Daseinsberechtigung längst verwirkt.