Trotz des klaren Ausgangs des Referendums schasste Alexis Tsipras kurz darauf seinen Finanzminister Yanis Varoufakis. Am 12.07.2015 gab Varoufakis ein Interview, bei der er die Hintergründe seiner Entlassung und der anschließenden Kapitulation darstellte. Es gab eine Richtungsentscheidung: Auf die Schließung der Banken durch die Europäische Zentralbank hätte die Regierung genauso “aggressiv” und “energisch” reagieren müssen. Er schlug dem Kabinett vor, die Kontrolle über die griechische Zentralbank zu übernehmen, eigene Schuldscheine auszugeben und einen Schuldenschnitt vorzunehmen. Er hätte jedoch “nie geglaubt, wir sollten direkt zu einer neuen Währung übergehen.” Das Problem war jedoch, dass er niedergestimmt worden wäre.
In dem ganzen Interview ist kein Wort über eine umlaufgesicherte Parallel-Währung zu finden, wie sie wiederholt Freiwirte in der Vergangenheit Griechenland vorschlugen.
“In “Expressgeld statt Euroaustritt” (chiemgauer) zeigen Christian Gelleri und Thomas Mayer, wie die europäischen Süd-Staaten dieses “Express-Geld” einführen könnten, durch Staatsausgaben. Die Hortung des neuen Geldes würde abgestellt, indem es jährlich 8% an Wert verliert. Es heißt “Umlaufsicherungs-Gebühr”. Es ist möglich, dass Geldbesitzer ihr Geld in Euro zu 1:1 umtauschen, jedoch ist dafür eine “Abflussgebühr” fällig.”
Das Beispiel Wörgl zeigt, dass Griechenland damit volkswirtschaftlich die jüngste Eskalation mit der Schließung der Banken zumindest hätte überstehen und die erpresste Kapitulation hätte vermieden werden können.
HL: Richtig. Also gab es zwei Möglichkeiten, soweit ich sehen kann – einen unmittelbaren Grexit, oder Schuldscheine drucken und die Kontrolle über die Bank von Griechenland übernehmen [möglicher-, aber nicht notwendigerweise einen Grexit vorwegnehmend]?
YV: Sicher, sicher. Ich habe nie geglaubt, wir sollten direkt zu einer neuen Währung übergehen. Meine Sicht war – und das habe ich der Regierung vorgetragen – dass wir, wenn sie es wagen sollten, unsere Banken zu schließen, was ich für einen aggressiven Zug unglaublicher Größenordnung hielt, wir aggressiv antworten sollten, aber ohne den point of no return zu überschreiten.
Wir sollten unsere eigenen Schuldscheine ausgeben, oder zumindest verkünden, dass wir unsere eigene auf Euro lautende Liquidität herausgeben würden; wir sollten die griechischen Papiere von 2012, die die EZB hält, einem Schuldenschnitt unterwerfen oder zumindest verkünden, dass wir es tun würden; und wir sollten die Bank von Griechenland unter unsere Kontrolle bringen. Das war das Triptychon, die drei Dinge, mit denen wir meiner Meinung nach antworten sollten, wenn die EZB unsere Banken schließt.
… Ich habe das Kabinett gewarnt, dass das passieren wird, einen Monat lang, um uns in eine demütigende Übereinkunft zu zwingen. Als es geschah – und viele meiner Kollegen konnten es dann nicht glauben – wurde meine Empfehlung, „energisch“ zu antworten, sagen wir mal, niedergestimmt.
HL: Und wie knapp davor war es zu passieren?
YV: Nun, lassen Sie mich sagen, von sechs Leuten waren wir eine Minderheit von zwei… Sobald das nicht geschah, bekam ich meine Anweisung, die Banken in Übereinstimmung mit der EZB und der Bank von Griechenland zu schließen, wogegen ich war, was ich aber machte, weil ich ein Mannschaftsspieler bin, ich glaube an kollektive Verantwortung.
Und dann fand das Referendum statt, und das Referendum gab uns einen faszinierenden Schub, einer, der diese Art energischer Antwort auf die EZB gerechtfertigt hätte, aber dann entschied die Regierung in eben dieser Nacht, dass der Wille des Volkes, dieses widerhallende „Nein“ nicht sein sollte, was diesen energischen Ansatz befeuert.
Statt dessen sollte es zu größeren Konzessionen der anderen Seite führen: das Treffen des Rats der politischen Führer, in dem unser Premierminister die Vorgabe akzeptierte, gleich was
geschieht, gleich, was die andere Seite tut, wir werden nie auf eine Art antworten, die sie herausfordert. Und das bedeutet im Grunde kapitulieren… Man hört auf, zu verhandeln.” (parkschützer)
Die deutschen Wirtschaftsnachrichten bestätigen, dass die griechische Links-Regierung keinen “Plan B” hatte:
“Die BBC zitiert einen griechischen Banker mit den Worten: „Es hat absolut keine Gespräche mit den Autoritäten gegeben, was wir tun werden, wenn wir den Euro verlassen – keine technischen Vorbereitungen, wir haben nichts dergleichen wahrgenommen.“ Es hat keine Gespräche zwischen der griechischen Zentralbank, den Banken oder der Bankenaufsicht gegeben, was zu tun sei, wenn eine neue Währung eingeführt werden soll. Der Wirtschaftskorrespondent der BBC, Robert Peston nennt dieses Verhalten „erstaunlich, einige würden sogar sagen, es ist ziemlich nahe an einem kriminellen Verhalten“. (dwn)
Der Griechenland-Blog berichtete über ein Interview mit dem ehemaligen griechischen Finanzminister Varoufakis, dort charakterisiert er “die Eurogruppe als Ort für Psychopathen und die Finanzminister als Schäubles Marionetten.”
Mein Kommentar:
“Insbesondere Varoufakis versagte: Um sich auf die Auseinandersetzung einzulassen, hätte er einen Trumpf in der Hinterhand haben müssen: Die Einführung einer umlaufgesicherten Parallelwährung! Als der Euro-Umlauf durch Hortung und Banken-Schließung zusammenbrach, riss dies auch die Volkswirtschaft in den Abgrund. Da schlug Varoufakis, die Einführung von Schuldscheinen vor. Aber Varoufakis betont gleichzeitig, das er nie “direkt” in eine eigene Währung zurückwollte.
Statt monatelanger Verhandlungen, hätte er lieber die Parallelwährung konkret vorbereiten müssen. Mitglieder der griechischen Regierung geben jedoch zu, dass es keinen Plan B zum Euro gab.
Ich würde einen solchen inkompetenten Politiker nicht mein Vertrauen aussprechen, der dann das Land in einen Krieg führt, den es mangelnds Waffen verlieren muss. Stattdessen sieht sich Varoufakis als Opfer. ”
Kommentar geschrieben hier: http://www.griechenland-blog.gr/2015/12/verhandlung-ueber-rettung-griechenlands-war-ein-putsch/2136533/comment-page-1/#comment-83677