Demokratie

Die Demokratie mit ihrer freiheitlichen Grundordnung ist bedroht. Zwar sind die meisten Menschen für ein friedliches Europa, soziale Absicherung und Gerechtigkeit sowie ökologische Reformen, sie können jedoch durch gleich-geschaltete Medien-Kampagnen manipuliert werden. So wendet sich die Mehrheit des Volkes gegen seine eigenen Interessen und wählt Politiker, die das Gegenteil machen von dem, was die Wähler -eigentlich- wollen.

Der Psychologe Rainer Mausfeld betont in seinem Vortrag “Warum schweigen die Lämmer?”, dass die “abendländische Ideengeschichte” angefangen von den griechischen Philosophen “durchzogen ist” von einer tiefen “Demokratie-Feindlichkeit”:

Der Staat müsste den Interessen der Reichen dienen, denen aber nur 10% der Bevölkerung angehören. Wie könnte dies trotzdem geschafft werden?

James Madison (1751-1836) war der vierte US-Präsident und einer der Gründerväter der US-Verfassung:

Die wichtigste Regierungsverantwortung ist, die “Minderheit der Reichen gegen die Mehrheit zu schützen.” (“to protect the minority of the opulent against the majority.” Constitutional Convention, 26. Juni 1787)

Sein Lösungsvorschlag war eine “repräsentative Demokratie”, durch die sich geeignete oligarchische Strukturen zur Sicherung der Eigeninteressen der Reichen etablieren lassen.

Für den US-Philosophen Reinhold Niebuhr (1893-1971) gehört der Begriff “Demokratie” zu den notwendigen Illusionen, welche von der herrschenden Eliten erzeugt werden müssten, um eine Stabilität des gegenwärtigen Zustandes zu gewährleisten. Die herrschenden Eliten können demokratische Strukturen auf eine für das Volk unsichtbare Weise erodieren.

“Die USA wird von 200 Familien regiert und zu denen wollen wir gute Kontakte haben.” Arndt Oetker, Vorstandschef der Atlantik-Brücke, Berliner Zeitung, 17.04.2002

Die Wissenschaftler Gilens & Page veröffentlichten 2014 eine Studie, in der sie aufzeigen, dass die politische Meinung der normalen Bürger nur einen verschwindet kleinen Einfluss auf die Regierungspolitik hat. Die unteren 70% auf der Einkommens- und Besitzskala haben mit ihrem Wahlverhalten “überhaupt keinen Einfluss auf politische Entscheidungen.”

Das “Wall Street Journal” schrieb Ende Februar 2013, dass Italiener bei den Parlamentswahlen zwar das neoliberale Programm der Euro-Zone abwählten, das könnte jedoch nicht dazu führen, dass sich etwas am Kurs ändern würde (“Yet economic policies have changed little in response to one electoral defeat after another.”).

Die demokratisch gewählte Regierung Griechenlands ließ sich seitens ihrer Gläubiger entmachten, nachdem sie sich erst lange weigerte, die fehlgeschlagene neo-liberale Wirtschaftspolitik fortzuführen.

Der Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedmann ist der geistige Ziehvater des Neoliberalismus, der die Euro-Politik heute bestimmt. Er sagte 1990 im “Newsletter of the Mont Pelèrin Society”, dass eine “demokratische Gesellschaft, einmal etabliert, eine freie Wirtschaft zerstört.” Das wäre unzulässig.

Demokratie kann nur funktionieren, wenn die Meinung gelenkt wird

Harold D. Lasswell (1902-1978) sagte 1930, dass Meinungsmanagement “billiger als Gewalt, Bestechung oder andere Kontrolltechniken” sei. Demokratie mit Meinungsmanagement wäre eine optimale Regierungsform.

Edward L. Bernays (1891-1995) schrieb 1928:

“Die bewusste und intelligente Manipulation der Verhaltensweisen und Einstellungen der Massen ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften.

Organisationen, die im Verborgenen arbeiten, lenken die gesellschaftlichen Abläufe. Sie bilden eine unsichtbare Regierung, welche die wahre Herrschermacht unseres Landes ist.”

Wie wird das Wahlvolk auf weitere Bankenrettungen und einschneidende Sozial-Kürzungen reagieren? Die Mächtigen sind sich trotz gleichgeschalteter Massenmedien unsicher:

Die konservative Regierung Spaniens plant beispielsweise aus Furcht vor Massen-Demonstrationen und General-Streiks drakonische Repressalien: Laut eines spanischen Gesetzesentwurfes können künftig auch friedliche Demonstrationen oder Protestlager als “Anschlag auf die Staatsgewalt” geltenDer Innenminister der Autonomieregierung Kataloniens verteidigt diesen Entwurf mit den Worten:

“Wir brauchen ein System, das den Demonstranten Angst macht.”(SZ)

Wie wird man in Europa auf solche “Anschläge auf die Staatsgewalt” reagieren?

Im EU-Vertrag ist zwar in der Charta der Grundrechte zugesagt, dass “niemand zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden darf,”jedoch steht im “Kleingedruckten”:

“Eine Tötung wird nicht als Verletzung des Artikels betrachtet,”

… wenn es erforderlich wäre, …

“… einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen.” (EU-Vertrag stoppen)

Elga Bartsch von der US-Investmentbank “Morgan Stanley” teilt offen mit, dass die kommenden Wahlen in Europa “Sorgen bei den Investoren (…)” auslösen würden (BZ).

Peter Thiel steht laut einer Liste des “Manager-Magazins” auf dem 21. Platz der reichsten Deutschen weltweit. Der mehrfache Milliardär sitzt “im Lenkungsausschuss der mächten und öffentlichkeitsscheuen Bilderberger” und ist “Anhänger der neoliberalen “Österreichischen Schule”. (Hintergrund, das Nachrichtenmagazin, 1/2014, S. 14)

“Die Abscheu des gebürtigen Deutschen vor den Massen geht so weit, dass er offen zugibt, Demokratie und unternehmerische Freiheit mittlerweile für unvereinbar zu halten. Die Öffentlichkeit, so Thiel, unterstütze nämlich keinen unregulierten Kapitalismus.” (heise)

Ein anderer kritischer Geist ist der Multi-Milliardär Nicola Berggruen, der nach Angaben des “Forbes Magazins” 2011 zu den 20 reichsten Männern der Welt zählt.

“Die von manchen Medien verbreitete Erzählung, es handele sich bei dem Milliardär (…) um einen Linken ist ein Märchen.” (Hintergrund, das Nachrichtenmagazin, 4/2013, S. 65)

Er besitzt einen deutschen und US-amerikanischen Pass und betreibt “Denk-Fabriken” (“think-tanks”). Dort werden Auswege aus dem (angeblich existierenden) Problem diskutiert, dass Regierungen abgewählt werden können, wenn die Mehrheit der Bevölkerung sie nicht mehr stützt. So stört beispielsweise Bergruen, dass Gerhard Schröder nicht wiedergewählt wurde, nachdem er Hartz IV und die Agenda 2010 durchsetzte. Der Nachteil der Demokratie sei eben, dass …

“… Veränderungen nur sehr langsam oder gar nicht möglich sind.” Daher fordert er: “Wir müssen Institutionen aufbauen, die von der politischen Arena getrennt sind und die langfristigen Ziele im Auge haben.” (…)

Auch soll der Bevölkerung in den großen gesellschaftspolitischen Fragen “ein größeres Mitspracherecht in Form einer direkten anstelle einer repräsentativen Demokratie” verwehrt bleiben – denn:

“Welcher Rentner wäre bei einer Volksabstimmung denn dafür, seine eigene Rente zu beschneiden?”

In den Diskussionen seiner Think-Tanks geht es darum, ein Regierungssystem zu finden, das gegen solche “Sonderinteressen”, wie sie vom einfachen Volk eingefordert werden könnten, immunisiert wäre und zugleich das für heutige politische Systeme erforderliche Maß an Legitimation erhielte.” (ebd)

Angela Merkel bestätigte am 16.06.2005 solche Überlegungen, eine “marktkonforme” Demokratie wäre notwendig. Es gäbe keinen “Rechtsanspruch” auf Demokratie.

„Wir leben ja in einer Demokratie und sind auch froh darüber. Das ist eine parlamentarische Demokratie. Deshalb ist das Budgetrecht ein Kernrecht des Parlaments. Insofern werden wir Wege finden, die parlamentarische Mitbestimmung so zu gestalten, dass sie trotzdem auch marktkonform ist, also dass sich auf den Märkten die entsprechenden Signale ergeben.”  (SPD)

…. oder Zitat Merkel …

“Politik mit Mut – das ist heute erneut gefragt. Denn wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit. Unsere Werte müssen sich auch im Zeitalter von Globalisierung und Wissensgesellschaft behaupten. Und wenn sie sich behaupten sollen, dann müssen wir bereit sein, die Weichen richtig zu stellen. Auch da sind wieder Widerstände zu überwinden.” (CDU)

Diese Merkel-Aussage führte zu einer bemerkenswerten Wut-Rede des Kabarettisten “Erwin Pelzig”. Er möchte unter anderen 

“… gerne mal wissen, ob der Terrorismus nicht ein riesiges Geschäft ist für ein paar wenige, die sich die Taschen voll-stopfen … und ich möchte wissen, warum ich mir wegen der nur 3,5 Millionen Aktienbesitzer jeden Tag, im Radio jede Stunde, im Fernsehen unentwegt, irgendeinen Scheißdreck vom DAX erzählen lassen muss (…) und ich möchte endlich wissen, was genau, aber ganz genau, wo eigentlich der Unterschied sein soll zwischen einem jugendlichen Plünderer in London und den Gewinnzielen der Deutschen Bank ” (youtube)

Was würde passieren, wenn die Mehrheit der Menschen nicht mehr in einer marktkonformen Demokratie leben will, sondern in einem demokratiekonformen Markt?

Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer sprach im Jahr 2010 über die geheime Untergrund-Truppe “Gladio” der NATO. Sie war 1967 bei der Beseitigung der griechischen Demokratie beteiligt. Um die Nation vor einer “kommunistischen Übernahme” zu retten, ermordeten rechts-gerichtete griechische Obristen allein im ersten Monat 8.000 als “links” verdächtigte Menschen (wiki). Dazu der Historiker Danielle Ganser:

„Die Operationen zielten immer darauf ab, unter der Bevölkerung möglichst viel Angst zu schüren. Das reichte von Bombenmassakern in Eisenbahnen und auf Märkten (Italien) über die Anwendung systematischer Folterung von Regimegegnern (Türkei), die Unterstützung rechtsradikaler Staatsstreiche (Griechenland und Türkei) bis hin zur Zerschlagung oppositioneller Gruppen (Spanien und Portugal)“. (Themen der Zeit)

Scheer forderte in seinem Todesjahr, 2010, Aufklärung über eine mögliche Beteiligung deutscher Einheiten. Er warnte: “Der Feind sitzt innen – heute mehr denn je.” (youtube)

Der ehemalige (sozialdemokratische) Ministerpräsident von Großbritannien Tony Blair lehnte es ab, den Militärputsch in Ägypten gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Mursi zu verurteilen.

Er wäre zwar ein starker Befürworter der Demokratie, aber Demokratie ist kein Ersatz für effektive Regierungsentscheidungen. Es müsste jemand Dinge zum Laufen bringen. “Das wird harte, unpopuläre Entscheidungen bedeuten. Es wird nicht leicht.” Das ägyptische Militär hätte eine Wahl zwischen “Chaos und Intervention” gehabt. (Guardian) Der ägyptische Putischsten-Führer Hazem el-Beblawi verteidigte das Vorgehen mit dem Schutz für Investoren (al jazeera).

Der heutige konservative Ministerpräsident Großbritanniens David Cameron sagte:

“Für zu lange sind wir eine passiv-tolerante Gesellschaft gewesen, die zu ihren Bürgern sagte: Solange Du die Gesetze befolgst, werden wir Dich in Ruhe lassen.”

Ein anderes Beispiel der Missachtung demokratischer Grundregeln ist, wie Politik und Medien den Putsch gegen den demokratisch gewählten ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch Ende Februar 2014 rechtfertigten und unterstützten. Der kritische Journalist Paul Schreyer schreibt im Internet-Portal “telepolis”:

Der Putsch, der keiner sein darf

Die Gefahr einer Diktatur ist real! Im Moment ist Demokratie billiger als eine Diktatur, weil die Mehrheit des Wahlvolkes sich medial noch manipulieren lässt.