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Bundesregierung | Pressekonferenzen | Regierungspressekonferenz vom 20. Juli szmtag

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Freitag, 20. Juli 2012

Mitschrift Pressekonferenz

Regierungspressekonferenz vom 20. Juli

Themen: Attentat auf eine israelische Reisegruppe in Bulgarien, Organtransplantationen am Universitätsklinikum Göttingen, Elektrifizierung der Südbahn zwischen Ulm und Lindau, Kritik am geplanten Jahressteuergesetz 2013, Präsidentschaftswahl in Bergkarabach, Haftbedingungen eines in China festgenommenen Deutschen, Resolution des UN-Sicherheitsrats zu Syrien, Untersuchungsausschuss "Terrorgruppe nationalsozialistischer Untergrund“, Preisdumping auf dem internationalen Markt für Solarpanele, deutsch-chinesische Regierungskonsultationen, Personalie Maaßen, Feierliches Gelöbnis im Bendlerblock beziehungsweise vor dem Reichstagsgebäude, Regierungserklärung des Bundesfinanzministers, Beschneidung von Jungen

Sprecher: StS Seibert, Albrecht (BMG), Moosmayer (BMVBS), Kothé (BMF), Augustin (AA), Teschke (BMI), Stamer (BMU), Kraus (BMWi), Paris (BMVg), Aden (BMJ)

Vorsitzende Sirleschtov eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich wollte noch einmal auf das Attentat in Burgas in Bulgarien eingehen. Der Außenminister hatte sich dazu ja schon geäußert. Ich möchte trotzdem noch einmal für die gesamte Bundesregierung die Gelegenheit ergreifen, um unser Entsetzen über dieses Attentat auf eine israelische Reisegruppe und unsere Trauer um die Toten auszudrücken. Die Bundesregierung verurteilt diese Tat auf das Schärfste. Sie spricht den Opfern und den Familien der Opfer ihr Beileid aus, und sie hofft, dass die Verletzten bald an Leib und Seele genesen werden. Unsere Hoffnung und unsere Erwartung sind, dass diejenigen, die für diese fürchterliche Tat verantwortlich sind, bald gefunden und juristisch zur Rechenschaft gezogen werden.

Albrecht: Meine Damen und Herren, ich wollte gerne zu einem Artikel Stellung nehmen, der sich heute in der „Süddeutschen Zeitung“ findet. Es geht um Vorkommnisse am Universitätsklinikum Göttingen. Meiner Information nach wird es um 12 Uhr auch eine Pressekonferenz in Göttingen geben, bei der zu diesen Vorgängen Stellung genommen werden wird. Es geht um Organspende.

Ich möchte für das BMG sagen, dass wir es als außerordentlich gut bewerten, dass die Staatsanwaltschaft jetzt ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig wird sich um die Vorgänge kümmern. Ich will im Namen des Ministers sagen, dass, wenn sich diese Vorwürfe bestätigen sollten, das zu Konsequenzen führen muss. Wir erwarten, wenn die Vorwürfe durch Eurotransplant und die DSO überprüft worden sind und wenn die Vorkommnisse und all das, was sich dort ereignet hat, ausgewertet worden sind, dass entsprechende Konsequenzen gezogen werden. Im Übrigen hat die Deutsche Transplantationsgesellschaft ‑ das ist die zuständige Fachgesellschaft ‑ heute ihrerseits schon Konsequenzen angekündigt. Sie will ein Vier-Augen-Prinzip einführen, was Lebertransplantationen angeht. Die Pressemitteilung ist bereits veröffentlicht worden.

Ich möchte noch einmal klarstellen, dass es nicht nur gesetzeswidrig, sondern aus unserer Sicht höchst respektlos und ethisch natürlich in höchstem Maße verwerflich ist, wenn Organe nicht nach medizinischer Dringlichkeit transplantiert werden. Die Bereitschaft zur Organspende ‑ wir alle wollen diese Bereitschaft ja erhöhen, insbesondere mit den neuen Gesetzen, die nun mit großer Mehrheit vom Bundestag beschlossen wurden ‑ wird durch Vorgänge, wie sie sich mutmaßlich in Göttingen zugetragen haben, massiv erschüttert. Deswegen ist es wichtig, dass hier schonungslose Aufklärung betrieben wird und dass es dann, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, auch zu massiven Konsequenzen kommt.

Frage: Ich blicke jetzt nicht ganz durch. Es gibt jetzt nach dem neuen Gesetz die Transplantationsbeauftragten. Beinhaltet das nicht schon ein Vier-Augen-Prinzip? Inwieweit haben Sie das Vier-Augen-Prinzip also schon mit dem neuen Gesetz vorgesehen? Vielleicht können Sie das schildern.

Die zweite Frage wäre: Sind vielleicht aufgrund der Vorgänge, die man so nicht gekannt hat, doch noch einmal Änderungen in den Krankenhäusern und in den Abläufen notwendig, vielleicht sogar gesetzlicher Art? Sagt man also „Wir verankern bestimmte Mechanismen wie das Vier-Augen-Prinzip etc., und zwar nicht nur freiwillig, wie die Krankenhausgesellschaft es jetzt ankündigt, sondern im Gesetz, um so etwas für die Zukunft nicht auszuschließen, aber es schwerer zu machen“?

Albrecht: Danke für die Nachfrage. Es ist ja so, dass mit dem Änderungsgesetz zum Transplantationsgesetz, das spätestens zum 1. November in Kraft treten soll, genau solche Änderungen geplant sind. Das haben wir am 25. Mai 2012 im Bundestag beschlossen. Die Entnahmekrankenhäuser werden ausdrücklich verpflichtet, den Prüfungskommissionen ‑ das sind im Übrigen auch die Kommissionen, die das jetzt auch festgestellt haben ‑ die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und auch die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die Prüfkommissionen sind ihrerseits verpflichtet, Erkenntnisse über Verstöße gegen das TPG und gegen auf Grundlage des TPG erlassene Rechtsverordnungen den zuständigen Behörden der Länder zu melden. Das ist im Übrigen auch klar: Wenn die Staatsanwaltschaft Braunschweig dabei zu Ergebnissen kommt, dann wird es natürlich Ländersache sein, diese Dinge zu ahnden. Wir haben insofern mit dem Änderungsgesetz zum Transplantationsgesetz bestehende Kontrollmechanismen verschärft, verbessert und auch transparenter gemacht.

Ich möchte auch noch einmal klar betonen, dass die Vorgänge zeigen, dass die Aufklärungsmechanismen funktionieren. Die Prüfungskommissionen sind jetzt dran ‑ es wird überprüft, sobald es offenbar wird ‑, und die Staatsanwaltschaft ist jetzt dran, um das gesetzlich zu verfolgen. Das zeigt, dass wir die nötigen Instrumente besitzen.

Frage: Herr Albrecht, sieht der Minister denn Anlass für eine flächendeckende Überprüfung der Transplantationspraxis? Soweit ich mich erinnere, ist Göttingen nämlich nicht das erste Uniklinikum, das betroffen ist. Ich glaube, Essen war auch schon betroffen. Sieht der Minister also Anlass für eine flächendeckende Überprüfung aller Transplantationskliniken auf solche Vorkommnisse?

Albrecht: Wir gehen davon aus, dass die Prüfungskommission, die DSO, aber auch Eurotransplant ‑ das sind die zuständigen Institutionen ‑ die Vorkommnisse angesichts solcher Vorkommnisse ihrerseits verschärft in den Blick nehmen werden. Von unserer Seite besteht keine Notwendigkeit, dabei Gesetzesverschärfungen vorzunehmen. Es geht darum, sich das genau anzuschauen. In der Tat haben wir dabei, wie gesagt, mit dem Änderungsgesetz zum TPG schon Vorarbeit geleistet.

Ich glaube, allen ist bewusst, dass das gemeinsame Ziel, das Spendenaufkommen zu erhöhen, durch solche Vorkommnisse, wenn sie sich denn bewahrheiten sollten, natürlich massiv infrage gestellt wird und dass alle dagegen arbeiten werden, dass dies noch einmal vorkommt. Die Erklärung der Deutschen Transplantationsgesellschaft zielt, wie gesagt, in diese Richtung. Das heißt, die betrachtenden Ärzte zeigen ihrerseits ein hohes Problembewusstsein. Wir versprechen uns von der Aufklärung dann doch auch entsprechende Erfolge.

Frage: Seit wann hat das Ministerium denn von diesem Göttinger Fall Kenntnis?

Albrecht: Wir sind darüber informiert worden, dass es dort Untersuchungen in diese Richtung gab. Wir sind rechtzeitig von den Prüfungskommissionen beziehungsweise auch von der DSO informiert worden. Aber gleichzeitig ist auch klar: In dem Moment, in dem uns gesagt wird, dass die Staatsanwaltschaft dort ihre Aufgabe übernimmt, bedeutet das für uns auch, dass die Mechanismen funktionieren. Wir aus dem Haus wirken natürlich, wenn wir informiert werden, verstärkt darauf hin, dass solche Aufklärungsarbeit vorangetrieben wird. Das passiert aber auch.

Zusatzfrage: Könne Sie „rechtzeitig“ noch etwas eingrenzen?

Albrecht: Wenn ich es richtig sehe, gab es im „Göttinger Tageblatt“ schon einmal eine Presseberichterstattung über eine Lebertransplantation; das hat sich ja jetzt ausgeweitet. Das war, glaube ich, Mitte Juni. Wir sind seit Mitte Juni sogar im Vorweg über diese Unregelmäßigkeiten, über diesen einen Vorgang informiert gewesen und haben ständig mit den zuständigen Kommissionen und Behörden vor Ort in Kontakt gestanden. Darauf, dass sich das jetzt ausweiten würde, hatten wir vor ca. zehn Tagen erste Hinweise.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesverkehrsministerium zur Elektrifizierung der Südbahn. Frau Moosmayer, können Sie mir sagen, ab wann und vor allem in welcher Höhe die Mittel zur Elektrifizierung vom Bundesverkehrsministerium bereitgestellt werden?

Moosmayer: Das kann ich Ihnen leider noch nicht sagen. Ich kann Ihnen sagen, dass die Elektrifizierung der Südbahn im letzten Investitionsrahmenplan, als die Projekte im Bedarfsplan überprüft worden sind, aus der Kategorie D in die Kategorie C hochgezont worden ist. Das heißt, sie wird innerhalb des betrachteten Zeitraums von 2011 bis 2015 realisiert werden. Jetzt ist die Bahn dabei, die Planungen für dieses Projekt voranzubringen. Wenn die Planungen abgeschlossen sind, wird man wissen, wie viel es kostet. Dann wird man eine Finanzierungsvereinbarung schließen. Land und Bund haben sich ja schon bereit erklärt, das gemeinsam zu finanzieren. Wenn die baurechtlichen Voraussetzungen 2014 vorliegen werden ‑ was passieren kann, wenn das alles sehr gut läuft ‑, dann können wir 2017 mit einem Baubeginn oder einem Abschluss rechnen. Das heißt, wir müssen jetzt erst einmal abwarten, dass die Planungen fertiggestellt werden. Dann werden wir wissen, wie viel es kostet, und dann werden wir wissen, wer wie viel zahlt.

Zusatzfrage: Rechnen Sie damit, dass die Planungen 2014 fertig sein werden?

Moosmayer: Ja, wenn alles gut läuft, kann dann das Baurecht erlangt werden. Man kann das nie so genau sagen; das hängt ja davon ab, ob noch irgendwelche Klagen oder Einsprüche gegen die Planfeststellung erfolgen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesfinanzministerium. Es gibt wohl eine semantische Änderung am Jahressteuergesetz 2013, wonach Vereinigungen, wenn sie in einem Verfassungsschutzbericht auftauchen, automatisch ihre Gemeinnützigkeit verlieren. Es gibt einen offenen Brief, den auch Organisationen wie Robin Wood und Attac unterschrieben haben und in dem sie dagegen Bedenken äußern. Warum wurde diese Regelung denn so verschärft?

Kothé: In der Tat ist die Änderung in Bezug auf das Jahressteuergesetz vorgesehen. Der Hintergrund ist einfach der, dass man der Auffassung ist, dass diese Einschätzung besser bei den Behörden aufgehoben ist und dass das eine bessere Regelung ist.

Zusatzfrage: Es gibt ja Kritiker, die behaupten, dass der Verfassungsschutz damit zum Ankläger und zugleich zum Richter wird. Ist das nicht eine rechtsstaatlich bedenkliche Regelung?

Kothé: Wir waren der Auffassung, und so wird es auch im Jahressteuergesetz vorgeschlagen, dass das die bessere Lösung ist. Diese Meinung teilen wir also nicht.

Frage: Ich hatte zwei Fragen an das Auswärtige Amt. Zum einen: Wie ist die Position der Bundesregierung zu den Wahlen, die gestern in Bergkarabach stattgefunden haben?

Augustin: Was Bergkarabach angeht, erkennt die Bundesregierung eine Republik Bergkarabach und ihre Vertreter nicht an und somit auch nicht dort durchgeführte Wahlen. Das ist auch die Meinung der Europäischen Union. Gestern hat sich Frau Ashton in entsprechender Weise noch einmal dazu eingelassen.

Zusatzfrage: Zweite Frage: Hat es eine diplomatische Reaktion aus China auf das Interview der Bundesjustizministerin gegeben, in der sie sich für bessere Haftbedingungen für Herrn Jenrich ausgesprochen hat?

Augustin: Von einer Reaktion Chinas auf das Interview der Bundesjustizministerin ist mir nichts bekannt.

Zusatzfrage: Ist die Position der Justizministerin denn auch die des Außenministers?

Augustin: Da müssten Sie jetzt einmal ein bisschen spezifischer werden.

Zusatzfrage: Setzt sich auch das Außenministerium für bessere Haftbedingungen für Herrn Jenrich ein?

Augustin: Aber ja, das tun wir ständig. Zum einen begleiten wir den Fall ohnehin konsularisch intensiv, und der Fall wurde hier in der Bundespressekonferenz ja auch schon mehrfach behandelt; Herr Schäfer hat das beim letzten Mal alles in extenso dargestellt. Diese intensive Betreuung betrifft auch die Haftbedingungen des betroffenen Deutschen. Es hat auf das Hinwirken der Botschaft hin auch schon leichte Verbesserungen gegeben, aber es ist klar, dass diese Haftbedingungen weiterhin nicht mit Haftbedingungen in Deutschland vergleichbar sind. Insofern, um die Frage noch einmal zu beantworten, ziehen wir dabei also an einem Strang. Wie sich die Justizministerin dafür einsetzt, so setzen sich ebenso also auch der Bundesaußenminister und das Auswärtige Amt dafür ein.

Frage: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

Augustin: Der Minister hat sich gestern ja zweimal geäußert, einmal vor der Resolutionsentscheidung (zu Syrien) und einmal hinterher. Hinterher hat er auch ausdrücklich gesagt, dass er diese Entscheidung, dieses Veto, bedauert. Er hat auch gesagt, dass Russland und China mit ihrer Blockadehaltung eben die Kräfte stärken, die letztlich weiter an der Spirale der Gewalt drehen. Wir bedauern dieses Veto also sehr.

Der nächste Schritt im Sicherheitsrat betrifft jetzt erst einmal die Zukunft der UNSMIS-Mission, deren Mandat eben ausläuft. Das wird ja heute Abend um 24 Uhr der Fall sein. Bis dahin muss eine Anschlussregelung gefunden werden. Die Debatten im Sicherheitsrat drehen sich im Moment um genau diesen Punkt. Es gibt also einen Resolutionsentwurf, der auch von Deutschland unterstützt wird und der eben eine Verlängerung dieser Mission um 30 Tage vorsieht. Wir hoffen natürlich, dass diese Resolution jetzt durchkommen wird.

Zusatzfrage: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

Augustin: Wir müssen da einfach am Ball bleiben, ganz einfach deshalb, weil dieser Konflikt weiter schwelt. Das unmittelbar Anstehende ist jetzt erst einmal, diese Mission weiter zu verlängern. Aber wenn sie dann verlängert sein wird, kann man natürlich nicht sagen „Dabei bleibt es jetzt. Wir lassen die Dinge vor sich hin treiben." Wir werden weiterhin versuchen, so auf Russland und China einzuwirken, dass sie sich auch ihrer Verantwortung für den Frieden in der Region und für die weiteren Ereignisse in Syrien bewusst sind. Dass die Situation sehr schwierig ist und dass wir von einer Eskalation sprechen, ist ja vollkommen klar.

Frage: Was erwarten Sie denn noch von der Beobachterkommission? Es gibt keine Waffenruhe, und die Aussichten werden sich in den nächsten Tagen nicht verändern. Ist das eher Symbolpolitik, oder welche Hoffnungen sind damit verbunden?

Augustin: Es ist erst einmal so: Eine Verlängerung der UNSMIS wäre nicht der Schlusspunkt der Entwicklung, sondern das wäre jetzt eine Etappe, nach der man dann wieder weitergehen könnte.

Ein zweiter Punkt sollte vielleicht auch noch genannt werden: Klar, diese Mission ist im Moment nicht in der Lage, ihre Funktion wirklich zu erfüllen. Aber es sind Zeugen in diesem Land. Insofern erfüllen die doch auch schon eine wichtige Funktion, indem sie in der Lage sind, aus erster Hand aus dem Land zu berichten, jedenfalls in der beschränkten Weise, in der es diesen Beobachtern möglich ist.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesinnenministerium, und zwar noch einmal zu diesem NSU-Komplex. Ich lese heute, dass angeblich auch noch im Frühjahr ‑ im April und im Mai ‑ Akten geschreddert worden sein sollen, in denen es durchaus Bezüge zu dem Umfeld dieses Terror-Trios gegeben haben soll. Vielleicht könnten Sie in dieser Hinsicht für Aufklärung sorgen.

Das Zweite wäre, dass sich der Ausschuss gestern für eine Art Schredder-Monitoring ausgesprochen hat. Was halten Sie davon, oder gibt es das schon? Welche Ministerien wären davon überhaupt betroffen?

Teschke: Lassen Sie mich zu der Meldung zunächst sagen, dass es erneute Löschungen nach dem 14. November ‑ es gab ja gestern Meldung von Löschungen am 14. November ‑ im BMI nicht gab. Seit dem 14. November gibt es bei uns zumindest einen ganz offiziellen Vernichtungsstopp. Das Ganze nennt sich Vernichtungserlass. Den gab es am 14. November. Danach gab es aber keine weitere Aktenvernichtung.

Was es gab ‑ das ist insofern etwas verwirrend ‑, sind Aktenvernichtungen im Dezember 2011 und dann noch einmal im April und Mai 2012. Allerdings wurden nur Anlagen vernichtet. Das heißt, die eigentlichen Fallakten sind nach wie vor erhalten, sodass es keinen Datenverlust gibt. Hinsichtlich der Anlagen muss man es sich so vorstellen: Es gibt einen Antrag für eine G10-Maßnahme. In der G10-Maßnahme steht dann: Wir wollen diese Maßnahme ergreifen, weil der Verdächtige bezüglich dieser und jener Schuld in Verdacht steht. Darin wird alles aufgeführt. Darin steht dann noch, dass das Nähere einer Anlage zu entnehmen ist. Im Grunde steht das, was in der Anlage steht, aber auch in dem Antrag selbst, aber so zusammengefasst, dass eindeutig zu erkennen ist, weshalb der Beklagte oder der Verdächtige untersucht werden soll. Die Anlage selbst wurde vernichtet, aber eben nicht der Antrag, sodass es keinen Datenverlust gibt.

Zu der Meldung der „Stuttgarter Nachrichten“, dass noch im Dezember 2011 im BMI Akten vernichtet wurden, kann ich sagen: Das ist falsch. Die Akten wurden vom Verfassungsschutz vernichtet, allerdings auch nicht aufgrund eines aktuellen Erlasses, sondern aufgrund eines Erlasses von 2005. Das ist jetzt verwirrend, weil es um 2005 geht und dann erst 2011 beziehungsweise 2012 gelöscht wurde. Das erklärt sich aus den unwahrscheinlichen Rückständen an Löschungen, die noch nicht vorgenommen wurden. Es wird immer wieder sukzessive gelöscht, weil das auch ganz klar den datenschutzrechtlichen Bestimmungen entspricht. Im Grunde gibt es also einen gewaltigen Rückstand an Löschungen, der immer wieder abgearbeitet werden muss. Das erfolgte dann eben sowohl im Dezember als auch im April und im Mai.

Zusatzfrage: Wenn Sie sagen, das sei jetzt gestoppt worden, heißt das mit anderen Worten, es gibt jetzt schon so eine Art Monitoring?

Teschke: Genau, das BKA hat bereits im Dezember den Stopp erlassen, keine Akten mehr zu vernichten. Wir haben das gestern noch einmal offiziell bekräftigt. Allerdings gab es im Innenministerium seit dem 14. November keine weiteren Vernichtungserlasse.

StS Seibert: Ich wollte nur ganz kurz und sehr allgemein etwas für diejenigen dazu sagen, die vielleicht nicht so tief in dieser Sache stecken: Erstens ist dieser Sachverhalt im Untersuchungsausschuss zur Sprache gekommen, und nach meiner Überzeugung ist der Untersuchungsausschuss auch der Ort, an dem dieser Sachverhalt bis ins Letzte aufgeklärt werden muss. Zweitens sind das Bundesinnenministerium und der Bundesverfassungsschutz bei dem Umgang mit Daten aus Überwachungsmaßnahmen an strengste gesetzliche Vorschriften gebunden und halten diese strengsten gesetzlichen Vorschriften auch ein. Die stehen für das Bundesinnenministerium im Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses und für den Verfassungsschutz in den einschlägigen Paragraphen des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Ich möchte das gerne noch einmal unterstreichen.

Zusatzfrage: Wenn ich da gleich noch einhaken dürfte, Herr Seibert: Was sagen Sie denn dann dazu, dass Herr Edathy gestern von nach seinem Eindruck „gezielten Vertuschungsaktionen“ sprach?

StS Seibert: Das bringt mich zum Anfang meiner Ausführungen zurück: Dies ist etwas, was im Untersuchungsausschuss zur Sprache gekommen ist und auch dorthin gehört. Dort werden jetzt die notwendigen Untersuchungen fortgeführt. Es wird alles geklärt werden, und dann werden einzelne Mitglieder sowie der gesamte Untersuchungsausschuss die Schlussfolgerungen daraus ziehen. Das halte ich für das richtige Vorgehen.

Teschke: Wenn ich das noch kurz ergänzen darf: Unser Sonderermittler hat gestern im Untersuchungsausschuss alles sehr detailliert dargestellt. Er hat auch sehr frühzeitig auf diese Datenvernichtungen hingewiesen, die dann noch einmal erfolgt sind. Das alles ist sehr klar und deutlich transportiert worden.

Das, was wir jetzt zum Teil in den Medien finden, stammt allerdings erschreckenderweise aus als geheim eingeordneten Akten. Insofern ist das eher ein Fall, bei dem man sich auch fragen kann, warum als geheim eingestufte Akten an die Presse geraten.

Frage: Herr Teschke, können Sie noch sagen, worum es in diesen Anlagen geht, die im Dezember sowie im April und im Mai vernichtet worden sind, jedenfalls im Groben? Dass Sie dazu keine Details nennen, ist klar. Aber gibt es darin einen NSU-Bezug oder nicht?

Das Zweite ist: Wer soll eigentlich glauben, dass es sechs Jahre dauert, bis der Verfassungsschutz in der Lage ist, Akten zu vernichten? Wer soll eigentlich glauben, dass Verfassungsschutz oder BMI ein halbes Jahr nach dem Auffliegen des NSU-Komplexes noch nicht auf den Gedanken gekommen sind, dass es vielleicht sinnig wäre, die Aktenvernichtung zu stoppen, um noch einmal genau nachzusehen, wo sich möglicherweise Bezüge ergeben?

Teschke: Zu den Anlagen kann ich natürlich keine detaillierten Auskünfte geben; da haben Sie vollkommen recht.

Sie müssen sich das so vorstellen: Anlagen zu G-10-Anträgen sind Beweismittel. Da steht dann meinetwegen drin: Eine Person X soll überwacht werden, weil in einem Flugblatt zum organisierten Kampf gegen die Regierung aufgerufen wird. Das steht alles in dem Antrag. Dann steht dort: Das Flugblatt finden Sie in Anlage 1. ‑ Aber in dem Antrag selber finden Sie noch einmal das, was im Flugblatt steht. Wenn die Anlage 1 jetzt vernichtet wird, wie es auch der Auftrag ist, geht im Grunde nichts an Informationen verloren, weil es im Antrag und in der Fallakte selber nachzulesen ist.

Dass es diesen Rückstand von sechs Jahren bei der Löschung gibt, erklärt sich teilweise so: Es gibt eine Widerspruchsfrist, wonach, wenn die G-10-Maßnahme eingestellt wird, entschieden wird, dass der Beobachtete oder Abgehörte informiert werden muss. Danach hat er ein Jahr Zeit, Widerspruch einzulegen und Informationsanspruch zu erheben. Wenn dieses Jahr ohne den Widerspruch und Einspruch verstrichen ist, soll die Akte gelöscht werden. Es gibt gleichzeitig aber auch eine Vorschrift, die vorsieht, diese Akte erst einmal fünf Jahre aufzubewahren. ‑ Das ist alles sehr verwirrend. Ich gebe es zu. Ich muss mir das auch jeden Tag neu aneignen.

Insofern muss nach fünf Jahren gelöscht werden. Es gibt einen Verzug von quasi ein bis zwei Jahren. Das sind immense Akten in Bezug auf Vorhaltungen, die getroffen werden. Dann sagt man: Jetzt fangen wir wenigstens schon einmal an, die Anlagen zu löschen. Die Fallakten bleiben erhalten.

Vorsitzende Sirleschtov: Die Frage der Glaubwürdigkeit war noch offen. Sie fragten, glaube ich, wer das glauben soll.

Teschke: Das ist ähnlich wie die Frage, die in der Pressekonferenz an den Minister oder an Herrn Fromm gestellt wurde: Wie belastbar sind die Zahlen? Wir haben immer belastbare Zahlen vorgelegt. Wir legen alles sehr offen, auch im Untersuchungsausschuss. Herr Seibert hat es angesprochen: Das ist ein Gegenstand, der im Untersuchungsausschuss behandelt wird. Dort wird alles transparent gemacht. Die Abgeordneten können Akten einsehen. Sie können die Inhalte noch einmal überprüfen und können sich selber ein Bild verschaffen: Gibt es einen NSU-Bezug? Gibt es keinen NSU-Bezug? Insofern sehe ich in keinster Weise die Glaubwürdigkeit erschüttert.

Zusatzfrage: Gibt es bei diesen Anlagen, die im Dezember und April/Mai gelöscht worden sind, einen NSU-Bezug?

Teschke: Bei den Anlagen, die am 5. Dezember vernichtet wurden, gibt es insofern einen NSU-Bezug, als dass sie teilweise etwas mit später Beschuldigten im NSU-Verfahren zu tun hatten. Aber es gibt keinen Bezug zu den Straftaten der NSU, sondern sie hatten Kontakt mit NSU-Mitgliedern. Es gab sozusagen Bezugspersonen zu NSU-Personen, aber keinen Bezug zu den der NSU vorgeworfenen Straftaten.

Zuruf: Und April/Mai?

Teschke: Mir liegt derzeit noch nicht vor, was genau in diesen Akten steht. Ich habe, wie gesagt, auch den Eindruck, dass das eher Gegenstand des Untersuchungsausschusses ist, als das jetzt hier öffentlich zu erzählen. Das vermag ich jetzt nicht.

Frage: Ich habe das noch nicht so ganz verstanden. Das, was Sie dort mit den Aktenlöschungen beschreiben, ist ja wohl ein Fluss, dass die Akten also fünf Jahre aufgehoben werden müssen und dann die Anlagen gelöscht werden können. Das verstehe ich natürlich alles. Wenn es eine Art Fluss wäre, dürfte es eigentlich keinen Stau geben. Wenn Sie sagen, dass nach einer bestimmten Zeit gelöscht wird, werden diese Anlagen immer nach einer bestimmten Zeit gelöscht. Das müsste ja eigentlich so verlaufen. Nach dem, was Sie gerade beschrieben haben, scheint es eine Art Stau gegeben zu haben. Gab es eine Initialzündung, die irgendwann einmal vor Jahren zu diesem Stau geführt hat?

Teschke: Nach dem, was ich selber nachvollziehen kann, ist es so: Erst 2001 wurde die Möglichkeit eingeführt, keine Mitteilung zu versenden. Bis dahin galt, dass der Betroffene nach einer abgeschlossenen G-10-Maßnahme informiert werden musste. 2001 wurde eingeführt, dass er nicht informiert werden muss. Aber wenn er nicht informiert wird, müssen die Unterlagen fünf Jahre aufbewahrt werden. Da diese Regelung 2001 eingeführt wurde, entsteht plötzlich ein Stau, weil plötzlich die Unterlagen fünf Jahre aufgehoben werden müssen und es nicht mehr eine Widerspruchsfrist von einem Jahr gibt.

Frage: Herr Teschke, es sind heute in den Medien zwei Namen aufgetaucht, die in den Abhörprotokollen vorgekommen sein sollen, die einen NSU-Bezug haben. Die Meldung der „Mitteldeutschen Zeitung“ bezieht sich, wie ich sie lese, auf die November-Löschung. Das würde Ihrer gestrigen Aussage widersprechen, dass es bei der November-Löschung keinen Bezug gab. Erste Frage.

Zweite Frage. Sie sagen, es gab nach diesem November keine Anordnung mehr des Bundesinnenministeriums für Löschungen. Es gab aber verschiedene Anlage-Löschungen in den Behörden. Seit wann gibt es einen Löschungsstopp auch in den Behörden?

Teschke: Noch einmal: Es gilt das, was ich und die Pressestelle gestern zahlreichen Kollegen gesagt haben und was auch Herr Engelke gestern nach der Sitzung des Ausschusses mitgeteilt hat. Korrekt ist: Die im November veranlassten Löschungen hatten keinerlei NSU-Bezug. Es gab eine Maßnahme oder einen Aufruf von insgesamt 124 Löschungsanordnungen. Davon waren sechs Maßnahmen, die im Bereich Rechtsextremismus gefällt wurden. Diese sechs Maßnahmen hatten nachweisbar keinen NSU-Bezug. Die Meldung ist insofern falsch, dass es einen NSU-Bezug gab.

Richtig ist: Bei den am 5. Dezember gelöschten Akten gibt es einen NSU-Bezug. Das ist dieser Bezug. Das waren Personen, die zu einem späteren Zeitpunkt Beschuldigte im NSU-Verfahren wurden beziehungsweise Kontakte hatten. Das ist richtig. Teilweise sind die Daten 14. November und 14. Dezember verwischt oder vermischt worden.

Zusatzfrage: Seit wann gibt es einen Löschungsstopp in den nachgeordneten Behörden?

Teschke: Das Bundeskriminalamt hat Mitte Dezember einen Löschstopp verhängt, das BfV Anfang Juli und wir nun offiziell ein Moratorium. Das betrifft aber alle Akten, die irgendwie etwas mit Rechtsextremismus zu tun haben. Wenn man es genau nimmt, ist das sehr, sehr weitreichend. Das hat den Hintergrund, dass die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss sagen: Egal, was jemand irgendwann einmal mit Rechtsextremismus zu tun hatte. Es könnte für unseren Untersuchungsauftrag relevant sein.

Das ist sehr weitreichend. Das machen wir jetzt. Es gab, wie gesagt, seit dem 14. November von BMI-Seite keinen Löschungsantrag mehr.

Zusatzfrage: Gestern stand die Frage im Raum, ob man bei einer so weitgehenden Nicht-Löschungsanordnung nicht eine Gesetzesänderung bräuchte. Das ist die eine Frage.

Zweite Frage. Waren bei den Anlagen, die vernichtet wurden, auch Abhörprotokolle dabei?

Teschke: Im Prinzip ist im Gesetz vorgesehen, dass die Akten erst gelöscht werden dürfen, wenn sie nicht mehr relevant sind und wenn sie keiner Verwendung mehr bedürfen. Jetzt kann man sagen: Dieser weitreichende Stopp kann insofern begründet werden, dass man sagt: Wir halten alles für relevant, das beim Thema Rechtsextremismus jemals angeordnet wurde. Insofern könnte man das Gesetz etwas ausdehnen und sagen: Ja, so müsste man es verstehen.

Zusatz: Die Frage war noch offen, ob bei den gelöschten Anlagen auch Abhörprotokolle dabei waren.

Teschke: Bei den am 5. Dezember gelöschten?

Zusatz: Generell. Ich hatte es so verstanden, als seien Anlagen immer nur die Anlagen zum Antrag und nicht zur Durchführung gewesen.

Teschke: Genau. Es sind alle Fallakten nach wie vor erhalten. Damit kann jeder Fall nachvollzogen werden. Teilweise sind auch Anlagen wiederhergestellt worden, sodass die Abgeordneten auch diese einsehen können und sich ein umfangreiches Bild machen können.

Zusatzfrage: Sind die Protokolle gelöscht?

Teschke: Meines Wissens nach wurden nur Anlagen gelöscht. Damit würde ich im Umkehrschluss sagen: Es wurden keine Protokolle gelöscht. Wenn meine Information ist, dass nur Anlagen gelöscht wurden, sind keine Protokolle gelöscht worden.

Frage: Herr Teschke, können Sie noch einmal sagen ‑ vielleicht ist mir das durchgerutscht, vielleicht haben Sie es auch nicht gesagt ‑, wann die Anordnung zur Löschung dieser Akten im Dezember und April/Mai ergangen ist.

Zweite Frage. Sie sagten gerade noch einmal mit Blick auf die Löschung vom November, es gebe keinen NSU-Bezug. Ein Ausschussmitglied ‑ namentlich Herr Wieland ‑ hat gestern nach der Sitzung gesagt, es gebe sehr wohl personelle und inhaltliche Klammern. Was verstehen Sie genau unter NSU-Bezug?

Dritte Frage. Die Löschungsfristen sind mir noch nicht ganz klar. Wenn man in das G-10-Gesetz schaut, steht dort ein Passus, dass Abhörprotokolle am Ende des Folgejahres gelöscht werden müssen. Wenn 1999 eine Abhörmaßnahme stattgefunden hat, muss also spätestens Ende 2000 gelöscht werden. Gleichzeitig sprechen Sie von dieser Frist von fünf Jahren. Diese bezieht sich, glaube ich, nur auf Verfassungsschutzakten im Allgemeinen. Können Sie noch einmal genau sagen, was wie gilt?

Teschke: Insgesamt würde ich noch einmal auf das verweisen wollen, was Herr Seibert gesagt hat: Das sind Themen, die hier angesprochen werden, die die Parlamentarier im Untersuchungsausschuss untersuchen und nicht Gegenstand einer Regierungspressekonferenz sein können.

Zu dem, was Sie ansprachen: Nein, die sechs Akten, bei denen veranlasst wurde, dass sie im November gelöscht werden, hatten keinen NSU-Bezug. Wie definieren wir NSU-Bezug? Den definieren wir dadurch, dass es keinerlei personellen Bezug zu der GBA-Liste gibt, die der GBA zum Umkreis NSU, zum Umkreis Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe hat. Es findet sich in den sechs Fällen keinerlei Bezug zu diesen Personen. Damit ist auch kein NSU-Bezug gegeben.

Zuruf: Welcher Stichtag gilt denn da?

Teschke: Wenn der GBA eine Liste von Verdächtigen, von Kontaktpersonen usw. hat, ist das für uns sicherlich schon einmal ausschlaggebend dafür zu sagen: Haben diese sechs gelöschten Fälle irgendeinen Bezug zu diesen Personen? Die Liste ist zunächst einmal sehr umfangreich gewesen. Dann ist sie wieder verkleinert worden. Aber dieser Bezug lässt sich in keinster Weise herstellen.

Richtig ist ‑ das habe ich gerade auf die Frage von Frau Geuther schon ausgeführt ‑, dass die am 5. Dezember vernichteten Anlagen in Teilen Bezug zur NSU, aber nicht zu den der NSU vorgeworfenen Straftaten hatten.

Frage: Weil das, wie Sie sagen, so verwirrend ist, habe ich auch noch einmal zwei Fragen dazu: Wenn einige Löschanordnungen oder eine Löschanordnung auf das Jahr 2005 zurückgeht, warum kommt dann bei Ihnen keiner früher auf die Idee, sie aufzuheben oder zu sagen, dass dieser Stau ab sofort nicht mehr abgearbeitet wird?

Zweite Frage. Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie bei den Anlagen, die Sie in Bezug auf das Frühjahr erwähnt haben, nicht wissen oder nicht ausschließen können, dass Bezüge zum NSU beziehungsweise zu den dem NSU nahestehenden Personen enthalten sind?

Teschke: Dazu habe ich momentan keine Kenntnis. Ich muss noch in Erfahrung bringen, ob es in den April-Akten irgendeinen NSU-Bezug gab.

Das BfV arbeitet immer wieder Löschungsaufträge ab. Dieser liegt nun seit 2005 vor. Das ist letztlich ein Routinevorgang. Sie arbeiten diese Löschaufträge routinemäßig ab.

Zusatzfrage: Das lief bis Juni? Bis wann lief das? Bis wann hat man das abgearbeitet?

Teschke: Das ist meines Wissens nach jetzt gestoppt. Es gab nach dem November keine neuen Löschungserlasse. Das BfV hat das letzte Mal im Mai 2012 Akten gelöscht.

Frage: Sie sagten vorhin, Löschungsstopp im BfV sei im Juli gewesen.

Teschke: Ja. Das BfV hat aber im Mai das letzte Mal Akten gelöscht ‑ allerdings aufgrund des Löschungserlasses von 2005.

Zusatzfrage: Das heißt, nach der letzten Löschung gab es noch einmal den förmlichen Beschluss, das Löschen auch in Zukunft zu lassen?

Teschke: Ganz genau.

Frage: Nur eine Verständnisfrage: Sie sagten in einem Nebensatz, die Anlagen zu den G-10-Akten, die gelöscht wurden, seien Beweismittel. Das macht mich ein bisschen stutzig, denn Beweismittel braucht man ja hinterher, um Leute irgendwie zu überführen. Es ist doch schlecht, wenn die gelöscht werden.

Teschke: Ja, aber die werden ja deswegen gelöscht, weil man sie praktisch jetzt erst einmal nicht mehr braucht.

Zusatzfrage: Sie stellen das so dar, als wäre es nicht so schlimm ‑ „die Daten gibt es ja noch“ usw. Aber wenn es die Beweismittel nicht mehr gibt, ist das doch auch nicht so gut?

Teschke: Ich kann im Moment nur sagen: Erstens ist es in weiten Teilen gelungen, auch die Anlagen wiederherzustellen. Wie das technisch funktioniert, kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, aber es ist auf jeden Fall machbar. Zweitens steht der Sachverhalt klar und nachvollziehbar im Antrag selber.

Frage: An das Bundesumweltministerium: Frau Stamer, was genau hat denn der Bundesumweltminister vor, um gegen Dumping bei Solarherstellern auf dem internationalen Markt vorzugehen?

Stamer: Zunächst einmal zum Sachverhalt: Wenn es ein Verfahren gegen solches Dumping gibt oder geben sollte, dann würde das Verfahren in der Hand der EU-Kommission liegen. Um ein solches Verfahren einleiten zu können, muss ein bestimmtes Quorum vorliegen, das heißt, die Vertreter der Branche müssen ein solches Verfahren bei der EU-Kommission beantragen. Das ist, soweit ich weiß, offiziell bisher noch nicht geschehen. Der Bundesumweltminister hat gestern Abend aber gesagt, dass er, wenn ein solches Verfahren bei der EU-Kommission läuft, ein solches Verfahren unterstützen würde. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ein solches Verfahren würde nicht in der Hand des Bundesumweltministeriums liegen.

Zusatzfrage: Könnte es unabhängig davon Gespräche geben, beispielsweise mit Peking, mit dem zuständigen Minister der chinesischen Regierung?

Stamer: Mir ist nicht bekannt, dass es demnächst Gespräche mit chinesischen Politikern gibt. Einen Kontakt mit China hat es ja zuletzt hier auf der Klimakonferenz, auf dem Petersberger Dialog, gegeben. Ansonsten ist mir nicht bekannt, dass Gespräche vorgesehen sind.

Frage: Frau Stamer oder Frau Kraus, über was für einen Schaden reden wir eigentlich? Ich frage das, weil ich mir nicht vorstellen kann, wie groß die Dimension ist, die da für die deutschen Solarhersteller entstehen mag.

Zweite Frage: Herr Seibert, wissen Sie, ob es in diesem Jahr noch deutsch-chinesische Regierungskonsultationen geben wird? Da könnte man das ja eventuell besprechen.

Stamer: Ich kann hier kein Volumen benennen.

Zusatzfrage: Frau Kraus auch nicht?

Kraus: Leider nicht.

Zusatzfrage: Könnten Sie denn sagen, ob es eher um Millionen oder Milliarden geht? ‑ Okay, auch nicht.

StS Seibert: Ja, es gibt die Absicht, in diesem Jahr noch deutsch-chinesische Regierungskonsultationen durchzuführen. Das würde in diesem Fall in China stattfinden, weil die letzten hier in Deutschland stattfanden. Der genaue Termin steht im Moment noch nicht fest, den werden wir dann aber rechtzeitig bekanntgeben.

Frage: Herr Teschke, zur Personalie Maaßen: Es sind jetzt ja neben dem Fall Kurnaz zunehmend auch eine Reihe von Äußerungen und Positionen von Herrn Maaßen zu ausländerrechtlichen Fragen aus Vorträgen und Aufsätzen bekannt geworden. Wenn man bedenkt, dass der Ausgangspunkt der Glaubwürdigkeitskrise des Verfassungsschutzes die Mordserie an türkischen Mitbürgern war: Glauben Sie, dass gerade jemand, der in der Vergangenheit solche ausländerrechtlichen Positionen vertreten hat, das Vertrauen gerade auch in der türkischen Community, aber auch darüber hinaus, wiederherstellen kann?

Teschke: Was die Argumentation von Herrn Maaßen damals bei Kurnaz betrifft: Er ist letztlich von der damaligen rot-grünen Bundesregierung gefragt worden, wie es denn rechtlich ist. Er hat damals also einen rechtlichen Hinweis gegeben.

Zusatzfrage: Ich meine jetzt nicht den Fall Kurnaz, ich meine die anderen ausländerrechtlichen Positionen in Vorträgen und Aufsätzen ‑ da ist jetzt ja einiges bekanntgeworden.

Teschke: Das sind aber ja keine unrechtmäßigen Ausführungen, sondern die basieren auf rechtlichen Grundlagen und Ausführungen, die im Ausländerrecht vorgesehen sind. Insofern hat er da ja nicht gegen irgendwelche Gesetze verstoßen oder vertritt Positionen, die illegitim sind. Das sind vielmehr Positionen, die vom Gesetz her ableitbar sind.

Zusatzfrage: Ich habe ja nicht danach gefragt, ob seine Positionen rechtlich vertretbar waren, sondern ob er die richtige Person ist, um die Glaubwürdigkeit besonders in der türkischen Community ‑ der Community, die von der Mordserie betroffen war ‑ wieder zu korrigieren.

Teschke: Ich habe keine Signale, dass die türkische Community an der Berufung von Herrn Maaßen Anstoß genommen hat.

Frage: Herr Paris, könnten Sie vielleicht noch einmal die Gründe erläutern, die dazu geführt haben, das Gelöbnis vom Reichstagsgelände zum Bendlerblock zu verlegen? Wer ist da initiativ geworden?

Paris: Das geht zurück auf einen Gesprächswunsch seitens des Bundestagspräsidenten Lammert, dem Minister de Maizière im letzten Jahr auch nachgekommen ist. Beide haben sich in diesem sehr fruchtbaren Gespräch darauf verständigt, dass mit Blick auf die hohe Bedeutung beider Orte, also sowohl des Bereichs vor dem Deutschen Bundestag als auch des Bereichs des Bendlerblocks, beide Orte geeignet seien, das Feierliche Gelöbnis am 20. Juli hier in Berlin jahreswechselnd stattfinden zu lassen.

Ich kann nur noch einmal verdeutlichen, dass beide Orte aus unserer Sicht eben sehr geeignet sind, dieses Gelöbnis durchzuführen, weil beide Orte auch eine gewisse Symbolik beinhalten. Wenn Sie es sich vor Augen rufen: Der Bereich zwischen Deutschen Bundestag und dem Kanzleramt ist eben der Bereich, wo deutlich wird ‑ auch durch die dort stehenden Bauwerke ‑, dass wir eine Parlamentsarmee haben und dass das Parlament über das „Ob“ von Einsätzen der Bundeswehr im Ausland entscheidet, dass es sich aber natürlich auch mit der Frage befassen muss: Wie ist die Bundeswehr ausgestattet? Das sind ja alles parlamentarische Fragen, die dort behandelt werden.

Auf der anderen Seite ist es so, dass das Verteidigungsministerium im sogenannten Bendlerblock einen Paradeplatz hat. Auf der Seite, die an die Hiroshimastraße angrenzt, ist ja auch das Ehrenmal für die gefallenen Soldaten. Insofern hat auch dieser Ort eine besondere Symbolik, nämlich bezogen auf das „Wie“, also die Frage, wie die Bundeswehr durch das Verteidigungsministerium geführt wird. Im Rücken der angetreten Soldaten wird jedenfalls ‑ das werden Sie heute Abend beim Gelöbnis auch sehen ‑ immer auch das Ehrenmal zu sehen sein. Das verdeutlicht natürlich auch und ist eine Mahnung, dass Einsätze, die für die Bundeswehr durch das Parlament beschlossen worden sind und dann durch das Verteidigungsministerium durchgeführt werden, im schlimmsten Fall auch mit dem Tod enden können.

Deshalb halten beide ‑ also Herr Lammert und auch Herr Minister de Maizière ‑ diesen Ortswechsel für sehr sinnvoll. Das ist auch so besprochen worden. An dem Datum des 20. Juli möchten wir auch weiterhin festhalten, eben weil sich die Bundeswehr in ihrem Traditionsverständnis auch in der Tradition der Widerstandskämpfer des 20. Juli sieht. Der 20. Juli steht ja dafür, dass Soldaten sehr tapfer und unter Einsatz ihres eigenen Lebens für Freiheit gekämpft haben. Es ist zwar militärisch damals so gewesen, dass das Attentat nicht erfolgreich war; aber nichtsdestotrotz: Den Mut und die Tapferkeit aufzubringen, sein höchstes Gut, nämlich das Leben, dafür einzusetzen, dass Freiheit entstehen kann, dafür steht eben der 20. Juli, und das ist auch das Traditionsverständnis der Bundeswehr. Das ist der Grund.

Zusatzfrage: Heißt das, dass man künftig wechseln will, oder wird es in nächster Zeit keine weiteren Gelöbnisse mehr auf dem Reichstagsgelände geben?

Paris: Die Gelöbnisse, die schon bisher auf dem Reichstagsgelände stattgefunden haben, haben ja immer am 20. Juli stattgefunden. Die Vereinbarung ist, dass man es jetzt wechselnd macht: ein Jahr vor dem Reichstag und das andere Jahr im Bendlerblock ‑ und dann wieder vor dem Reichstag und dann wieder vor dem Bendlerblock.

Frage: Ich habe eine Frage zur gestrigen Regierungserklärung von Minister Schäuble im Bundestag. Herr Schäuble hat sehr deutlich über Ansteckungseffekte der spanischen Krise gesprochen. Man denkt dabei natürlich an Italien. Gilt nach dem, was Minister Schäuble gesagt hat: Gestern Griechenland, heute Spanien, morgen Italien? Ist das wirklich die Meinung von Herrn Schäuble und der deutschen Regierung? Riskiert man mit dieser sehr klaren Ankündigung nicht, die Lage auf den Märkten zu verschlechtern?

StS Seibert: Ich würde dem entgegenhalten, dass die Ansteckungseffekte, die Minister Schäuble in seiner Regierungserklärung gestern zunächst einmal vor Augen hatte, sicherlich diejenigen waren, die auch der Grund sind, aus dem wir die spanischen Banken unterstützen wollen. Wir wollen ja gerade verhindern, dass eine Schieflage oder eine Notlage der spanischen Banken den spanischen Staat ansteckt. Das Ziel, das wir im Auge haben, wenn wir einen Bankensektor mit Milliardenhilfe wieder in eine bessere Position zu bringen versuchen, ist ja genau, dass er den Staat nicht insgesamt ansteckt. Das ist, glaube ich, auch ein Schwerpunkt der Ausführungen des Bundesfinanzministers gestern gewesen.

Zusatzfrage: Die Referenz war also nur der spanische Staat, und nicht, dass Italien als nächster in der Reihe dran ist?

StS Seibert: Ich habe jetzt den Wortlaut der gestrigen Regierungserklärung nicht im Kopf. Gestern ging es im Bundestag um Bankenhilfen für Spanien, und die Absicht ist die, die ich Ihnen hier gerade dargelegt habe. Wir spekulieren nicht und sprechen nicht schlecht über andere europäische Staaten; deswegen werde ich mich dazu jetzt auch nicht äußern. Gestern ging es um Spanien, und das, hab, glaube ich, der Finanzminister sehr klar gemacht.

Kothé: Das kann ich nur unterstreichen. Das war eine Formulierung ‑ ich habe sie jetzt leider auch nicht im Wortlaut dabei, aber Sie können das bei uns noch einmal in allgemeiner Form nachlesen ‑, die nicht an die Adresse eines speziellen Landes gerichtet war. Im Gegenteil hat unser Minister beziehungsweise hat die Bundesregierung eigentlich immer sehr darauf hingewiesen, dass die Reformanstrengungen von Italien sehr gelobt werden. Es ist ja auch die vorherrschende Meinung, dass Italien da auf einem guten Weg ist. Insofern entspricht das, was Sie in Ihrer Frage formuliert haben, nicht unserem Verständnis.

Frage: Ich habe eine Frage an das Justizministerium zur Beschneidung von Jungen. Frau Aden, nachdem der Bundestag dazu gestern einen symbolischen Beschluss gefasst hat: Gibt es bei Ihnen im Ministerium jetzt schon einen Zeitplan? Ich glaube, am Mittwoch war noch nicht klar, welches Ministerium diesen Gesetzentwurf nun federführend vorbereitet. Gibt es da schon irgendwelche Details?

Aden: Ich hatte ja bereits am Mittwoch gesagt, dass seit Bekanntwerden des Urteils im Justizministerium die damit einhergehenden rechtlichen Fragen geklärt werden und dass insbesondere auch geprüft wird, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt und wo ein solches Gesetz angesiedelt werden könnte. Nach bisheriger Prüfung wäre das Justizministerium dafür zuständig; denn für die Möglichkeiten, die auch in der Öffentlichkeit diskutiert werden, das im Strafrecht, im Familienrecht oder im Patientenrecht zu regeln, ist jeweils das Justizministerium zuständig.

Die Unsicherheit, die von diesem Urteil, das ja zunächst keine Bindungswirkung hat, ausgeht, hat jetzt dazu geführt, dass der Bundestag mit breiter Mehrheit einen Entschließungsantrag verabschiedet hat, in dem es heißt, dass ein Gesetzentwurf bis Herbst vorgelegt werden soll. Das ist ‑ auch das hatte ich am Mittwoch gesagt ‑ auch das Ziel des Bundesjustizministeriums, denn diese große Unsicherheit sorgt natürlich dafür, dass das nicht auf die lange Bank geschoben werden kann. Auch das habe ich hier ja bereits mehrfach ausgeführt.

Frage: Herr Seibert, kommt die Kanzlerin vor ihrem Urlaub noch einmal zu einer Sommer-PK ‑ ich glaube, das wurde immer so genannt ‑ in die Bundespressekonferenz?

StS Seibert: Die gute Übung der letzten Jahre war ja, entweder vor oder nach der Sommerpause in die BPK zu kommen. In diesem Jahr ist es nicht vor der Sommerpause.

Frage: Ich würde gern noch einmal zu den Akten zurückkommen: Herr Teschke, Sie sagen, das sei Sache des Untersuchungsausschusses. Die Parlamentsferien enden ja am 10. September, die erste Ausschusssitzung wäre dann also mutmaßlich Mitte September. Heißt das, dass die Sachen bis dahin im Dunkeln bleiben und es keine weitere Information der Öffentlichkeit geben wird? Lässt es sich Ihrer Ansicht nach durchhalten, dass da jetzt sieben Wochen lang spekuliert wird?

StS Seibert: Ein Untersuchungsausschuss wird vom Parlament ja gerade deswegen eingerichtet, damit nichts im Dunkeln bleibt. Wie sich der Untersuchungsausschuss zeitlich organisiert, ist seine eigene Sache. Die Bundesregierung wird diesem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen und sich mit allen Möglichkeiten, die sie hat, an der Findung der Wahrheit beteiligen, und dann wird der Untersuchungsausschuss in seinem Bericht seine Schlüsse daraus ziehen.

Teschke: Auch in den nachgeordneten Behörden wird ja nach wie vor Aufklärung betrieben ‑ also auch während der Sommerpause.

Vorsitzende Sirleschtov: Ich gebe noch dem Kollegen Albrecht aus dem Gesundheitsministerium das Wort, der einen kurzen Nachtrag zum Transplantationsunwesen hat.

Albrecht: Zum vermutlichen Transplantationsunwesen. – zur Frage, seit wann wir im Haus Kenntnis hatten beziehungsweise Hinweise darauf hatten, dass etwas schiefläuft. Ich habe noch einmal in meinen Unterlagen nachgeschaut und kann Ihnen sagen: Es war Ende Juni. Ich hatte vorhin „vor zehn Tagen gesagt“; wir haben heute aber den 20. Juli und es war Ende Juni, also vor knapp drei Wochen. Es war mir wichtig, das noch nachzureichen. ‑ Danke.