Warum vernachlässigte Bundesregierung Intensiv-Kapazitäten in Krankenhäusern?

Warum sinken die Aufnahmekapazitäten in Intensivstationen in Krankenhäusern, obwohl die Anzahl belegter Betten ungefähr gleich hoch ist? AfD-Bundestagsabgeordnete fragten im September 2021, mit welchen Maßnahmen die Regierung dieser “Entwicklung der Anzahl betreibbarer Intensivbettenkapazitäten in Vorbereitung auf den Herbst bzw. Winter 2021/2022 entgegenzuwirken” gedenkt. Quelle: https://dserver.bundestag.de/btd/19/323/1932393.pdf

Die Antwort fasse ich zusammen:

Für die Bundesregierung gab es damals noch kein Problem, weil es ja immer noch genug Intensivbetten gäbe, daher: “Im Hinblick auf die bestehenden Reservekapazitäten im Rahmen der 7-Tage-Notfallreserve sieht die Bundesregierung derzeit keinen Bedarf, den Ausbau weiterer intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten zu fördern.
Darüber hinaus ist aus Sicht der Bundesregierung die Impfung gegen COVID-19 die entscheidende Maßnahme zur Pandemiebewältigung im kommenden Herbst und Winter 2021/2022.”

4 Gedanken zu „Warum vernachlässigte Bundesregierung Intensiv-Kapazitäten in Krankenhäusern?“

  1. Der ganze geradezu dämliche Eiertanz um die Anzahl der Intensivbetten ist im Kopf nicht mehr auszuhalten.
    Kurz: seit Ende März 2020 wird dieses Register beim RKI geführt, täglich werden die Zahlen veröffentlicht.
    Am 30.4.2020 nach Aufbau des Registers betrug die Anzahl der gemeldeten Betten 32659 von 1256 meldenden Kranhenhäusern. Dies blieb so bis 1.8.2020 mit 33335 Betten.
    Am 19.11.2021 werden noch 22178 Betten von 1269 Krankenhäusern gemeldet.
    In dem letzten 15 Monaten sind also rechnerisch ca. 11000 Intensivbetten, sprich 1/3 der Anzahl angeblich abgebaut worden.
    Dabei handelt es sich um schäbige Tricksereien der Mächtigen, um sich eine gefährliche Notfallsituation herbeizulügen, mit der man dann das dumme Volk in Panik versetzen bzw. halten kann.
    Bis zum 1.8.2020 wurden schlicht und ergreifend die vorhandenen gezählten Betten berichtet.
    Ab dem 1.8.2020 wurden gemäß Anweisung der Mächtigen die gezählten Betten nur noch insoweit gemeldet, als sie mit einem Personalschlüssel von 2,5 Betten je Intensivpflegekraft betrieben werden konnten. Dies erbrachte innerhalb ca. eines Monats eine “Abnahme” von ca. 3000 Betten.
    Ab dem 19.11.2020 verfügten die Mächtigen zusätzlich, dass erhebliche Zahlungen für die Betreibung von Intensivbetten nur noch gezahlt werden, wenn die Auslastung der Intensivbetten mindestens 75 % beträgt. Dies führte zur weiteren Verringerung von ca. 3000 der gemeldeten Intensivbetten. Bei schwacher Auslastung der Intensivbetten wurden einfach eine geringere Bettenanzahl gemeldet, damit man an die Knete kam.
    Am 1.2.2021 wurde weiterhin verfügt, dass nun nur noch die gezählten Intensivbetten gemeldet werden durften, wenn für jeweils 2 Betten eine Intensivpflegekraft vorhanden war. Das ergab wiederum eine Verringerung der gemeldeten Betten um ca. 3000.
    So ging das vonstatten.
    Ist einfach aber auch enttäuschend, dass solche Rosstäuschereien den Politgaunern nicht um die Ohren gehauen werden.

  2. Die Bettenfrage wird von der Bundesregierung nicht „vernachlässigt“, sondern auf eine ganz besondere Weise „gefördert“:

    Norbert Häring findet seltsam, dass mitten in der Pandemie Krankenhausbetreiber bis zu 12.000 Euro Subvention für jedes Bett bekommen können, das sie nicht etwa aufbauen, sondern ABBAUEN.

    Steht so (allerdings ohne Beträge) in § 11 der „Verordnung zur Verwaltung des Strukturfonds im Krankenhausbereich (Krankenhausstrukturfonds-Verordnung – KHSFV)“.

    Eine weitere Förder-Zone unserer spendablen Regierung hat er in Wolfgang Wodarg Buch „Falsche Pandemien“ (S. 218) entdeckt:

    „Pro Covid-Fall im Krankenhaus gibt es übrigens bis zu 9500 Euro Ausgleichszahlungen aus der Bundeskasse. Dazu muss man wissen, dass die WHO die Covid-Klassifikation ICD U07.2 geschaffen hat, die es ermöglicht, auch Patienten, die nicht positiv auf Covid getestet wurden, als Covid-Patienten zu klassifizieren. Nämlich dann, wenn sie gewisse typische Symptome haben und Kontakt mit Covid-Positiven hatten. Davon wird offenbar in Krankenhäusern recht gern Gebrauch gemacht. Nach Untersuchungen der Initiative Qualitätsmedizin und der InEK gab es in den Krankenhäuser mindestens zeitweise dreimal so viel abgerechnete Covid-Fälle ohne Infektionsnachweis wie solche mit Nachweis.“

    https://norberthaering.de/news/bettenabbau-subvention/

    Durch eine Leserin und einen Arzt wurden ihm ein weiterer Grund zugetragen, „warum die Intensivstationen in Deutschland besonders voll sind“:
    Schwer Erkrankte, die (noch) in Quarantäne zu Hause sind, werden wohl nur unzureichend aufgesucht und behandelt von Hausärzten, die nämlich selber Angst haben (müssen), durch ihren Besuch in Quarantäne zu geraten.

    Aus Sicht der Häring-Leserin ist das „institutionalisierte unterlassene Hilfeleistung“, die mit dazu beiträgt, dass zumindest Patienten ohne kompetentes (familiäres) Umfeld dann bei ihrer Krankenhaus-Aufnahme wesentlich schlechter dran sind als dies bei ordnungsgemäßer Versorgung der Fall sein könnte.

    https://norberthaering.de/news/keine-behanldung-in-quarantaene/

    Am Beispiel der aktuellen Situation im Städtischen Klinikum Karlsruhe macht er deutlich, wie die (politisch vernachlässigte) Personal-Problematik den Klinik-Notstand verursachen bzw. verschärfen:

    „Die Kapazität im Intensivbereich ist durch den Mangel an ausgebildetem Personal weiterhin eingeschränkt. Derzeit sind von 65 Intensivbetten nur 37 betreibbar. Somit wird die maximale Auslastung des Klinikums im Vergleich zu vorangegangenen Wellen deutlich früher erreicht. Jedes mit einem COVID-Patienten belegte Intensivbett bedeutet, dass das Klinikum ein weiteres Intensivbett schließen muss, weil die Betreuung der COVID-Patient*innen so aufwändig ist, dass dafür Personal abgezogen werden muss.“

    Zum allseits üblichen Beschuldigen der Ungeimpften als Verursacher der Misere meint Häring (wie wir hier auf dem Blog ja auch schon erwähnt hatten):
    „Dass die unklaren den nicht geimpften Fällen zugeschlagen werden, lässt sich sachlich kaum rechtfertigen.“

    https://norberthaering.de/news/klinikum-karlsruhe/

    Häring verweist auf den Blog des Arzest Zacharias Fögen, der
    „einen sehr aufschlussreichen Vergleich von Dänemark und Deutschland in Bezug auf Intensivbehandlungen bietet“:
    https://zachariasfoegen.wordpress.com/2021/11/23/ueberlastung-des-gesundheitssystems/

    Demnach liegen Dänen und Deutsche, was die Krankenhaus-Aufnahmen angeht, etwas gleich (abgesehen von der Dritten Welle; im übrigen sehe man die knapp 10% Differenz in der Impfquote nicht).

    Anschließend wird es interessant:
    „Dann sieht es auf der Intensivstation wohl auch so aus, oder?
    Nein. Tatsächlich liegt die Zahl der Menschen, die in Dänemark auf Intensivstation liegen, massiv unter den deutschen Zahlen, und das auch in der zweiten Welle, als es noch keine Impfung gab. Aktuell sind in Dänemark 6,88 pro 1 Millionen und in Deutschland 35,99 pro 1 Millionen Menschen wegen COVID-19 auf Intensiv – mehr als 5 mal so viel!“

    Kann man daraus schließen, dass deutsche Patienten eben besonders gut versorgt werden und dänische z.B. schon versterben, bevor sie in die Intensivstation kommen?

    Ein weiteres Nein:
    „Tatsächlich sterben in Deutschland mehr Menschen als in Dänemark, obwohl Dänemark viel weniger Intensivpatienten behandelt. Mehr Intensivbehandlung ist also nicht wirklich gut. Tatsächlich ist es so, dass sich gezeigt hat, dass die zu frühe und zu lange Beatmung (die auf Intensivstation erfolgt) bei COVID-19 die Prognose verschlechtert.“

    1. Man könnte einwenden: Die Dänen haben weniger Patienten auf Intensivstation, weil dort einfach weniger an schweren Fällen anfallen, die für die Intensivstation in Betracht kommen. Und in deutschen Krankenhäusern werde daher mehr gestorben, weil die hier zahlreicher vorkommenden schweren Fälle halt eine höhere Sterbe-Quote aufweisen als einfache Fälle (und nicht etwas deshalb, weil deutsche Intensiv-Fälle eine höherer Sterbequote aufwiesen als z.B. dänische Intensiv-Fälle).

      Jetzt bestätigt aber sogar die Tagesschau, dass eine Intensiv-Behandlung für den Patienten in Deutschland (lebens-)gefährlicher ist als in anderen Ländern.

      „Therapie bei Lungenversagen:
      Unnötig viele ECMO-Patienten sterben“

      „Die Sterblichkeit bei Behandlungen mit der ECMO ist in Deutschland deutlich höher als in den meisten anderen Ländern. Nach Kontraste-Recherchen führen zu viele Kliniken mit zu wenig Erfahrung die Therapie durch“,

      https://www.tagesschau.de/investigativ/rbb/ecmo-sterblichkeit-101.html

      Man gerät also in Deutschland offensichtlich nicht nur teils unnötig, teils unnötig schnell auf die Intensivstation, sondern wird dort auch noch unprofessioneller behandelt als anderswo.

  3. Die „drohende“ Überlastung der Krankenhäuser ist ein seit 20 Jahren wiederkehrendes Problem, dem mit Abbau von Krankenhausbetten „begegnet“ wurde,
    https://norberthaering.de/news/ueberlastung/

    Mit Hilfe von Lesern hat Norbert Häring auf seinem Blog eine Auswahl von Alarm-Meldungen aus zwei Jahrzehnten gesammelt – ohne Datumsangabe könnte man die Hilferufe für aktuelle Nachrichten halten:
    – „Kliniken schlagen Alarm: Notaufnahmen sind überlastet“ (04.03.2016)
    – „Auf Intensivstationen fehlen tausende Pfleger“ (25.07.2017)
    – „Notaufnahmen wegen Grippewelle kurz vor dem Kollaps“ (16.03.2018)

    Sucht man im Internet nach „Lauterbach fordert Kliniken schließen“, wird man über die Jahre und Jahrzehnte oft fündig; Häring verlinkt auf einen Artikel von „apotheke adhoc“ (2013):
    „Lauterbach will Kliniken schließen“.
    Neu-Kanzler Scholz macht also gerade den Bock zum Gärtner.

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